Um Kinder und Jugendliche bei den Hausaufgaben zu unterstützen oder um Lernlücken aufzuholen, fordert Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz den Einsatz von KI-Tutoren an Schulen in Baden-Württemberg.
«Ich bin überzeugt, dass ein KI-basiertes Tool auf dem Handy ein guter personalisierter multimedialer Nachhilfelehrer sein kann», sagte Schwarz der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Man wolle, dass Kinder wieder fitter würden beim Lesen, Schreiben und Rechnen. Dafür brauche es passgenaue Unterstützung, KI-Systeme seien eine sinnvolle Ergänzung zu Lehrerinnen und Lehrern.
Der KI-Tutor soll aus Sicht von Schwarz den Schülerinnen und Schülern individuell helfen. «Ich stelle mir das so vor: Schülerinnen und Schüler nehmen ihr Handy, halten das über die Aufgaben, etwa ein Gleichungssystem – und der KI-Tutor gibt Hinweise: Wo steht man momentan? Wie kann ein Lösungsweg aussehen? Wo findet man weitere Informationen?», sagte der Grünen-Fraktionschef der dpa. Dafür müssten die Schüler nicht einmal mehr tippen, sondern sie könnten direkt mit dem KI-Tutor reden. «Damit erreicht man noch besser die Generation Sprachnachricht», sagte Schwarz.
Dass das keine ferne Vision ist, zeigte Anfang Mai die Entwicklerfirma OpenAI, die hinter dem bekannten Chatbot ChatGPT steht. Sie stellte eine neue Version von ChatGPT vor, die es Nutzern ermöglicht, eine Unterhaltung mit dem KI-Modell zu führen. Gleichzeitig mit gesprochenen Befehlen kann ChatGPT auch Informationen von einer Smartphone-Kamera verarbeiten. Bei der Vorstellung demonstrierte OpenAI unter anderem, wie das neue Modell dadurch helfen kann, eine Mathe-Gleichung zu lösen. ChatGPT gab per Stimme Ratschläge für den Rechenweg, ohne das Ergebnis zu verraten. Ein Mitarbeiter schrieb dafür die Gleichung auf einem Blatt Papier und richtete die Smartphone-Kamera darauf. Fragen an ChatGPT stellte er mündlich – und die Software folgte per Kamera seinem Fortschritt.
Für Schwarz wäre der KI-Tutor auch ein Mittel, um Schüler aus Elternhäusern mit weniger Unterstützung stärker zu fördern. «Studien zeigen, dass diese Systeme die Bildungsgerechtigkeit stärken, weil besonders schwache Schüler davon profitieren», sagte der Chef der Grünen-Fraktion im Landtag. Denn damit könnten Schülerinnen und Schüler auch zu Hause besser unterstützt werden. «Der KI-Tutor spricht in ihrer Sprache, er holt sie auf ihrem Lernlevel ab, hilft ihnen Lernlücken zu schließen, und zeigt Wege zur Lösung komplexer Aufgaben auf.»
Aus Sicht des Chefs der Grünen-Fraktion im Landtag darf der Datenschutz dem Einsatz solcher KI-Tutoren nicht im Weg stehen. Er wolle, dass Baden-Württemberg bei solchen Anwendungen bundesweit die Nase vorne habe. «Der Datenschutzbeauftragte soll einen Weg aufzeigen, wie man das ermöglichen kann», sagte Schwarz. Digitale Anwendungen seien in der heutigen Welt einfach Standard. «Viele Unternehmen arbeiten inzwischen mit KI-Anwendungen. Es gibt sogar Bäcker, die KI einsetzen – und damit Zeit, Arbeitskraft und Zutaten für Lebensmittel einsparen. Jetzt müssen wir einen Weg finden, wie wir diese Helfer auch in Schulen einsetzen können.»
Der Datenschutzbeauftragte des Landes hält den Einsatz solcher Systeme unter bestimmten Voraussetzungen für möglich. «Sofern dabei keine personenbezogenen Daten übertragen werden, sehen wir darin keine datenschutzrechtlichen Probleme», teilte ein Sprecher der Behörde mit. Dies lasse sich etwa durch zwischengeschaltete technische Systeme erreichen.
«Es ist heute im Bildungsbereich selbstverständlich, dass digitale Tools zum Einsatz kommen», sagte der Sprecher. So habe man etwa das Kultusministerium bei den Planungen für den Einsatz von «fAIrchat» beraten. Der Chatbot auf Basis von ChatGPT ist in die Lernmanagementplattform Moodle eingebunden. Dort können Schülerinnen und Schüler Anfragen an die KI stellen, die das Programm dann an ChatGPT weiterreicht, erklärte der Sprecher des Datenschutzbeauftragten. «Wir halten so die Nutzung im Unterricht für tragfähig.»
dpa