Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft fest im Griff – auch in der IT-Branche waren bzw. sind Unternehmen von eingefrorenen oder stornierten Aufträgen betroffen. Creditsafe Deutschland hat in einer Analyse nun ermittelt, wie stabil diese Industrie wirklich aufgestellt ist.
In die Auswertung fließen dabei unter anderem die Liquidität, Eigenkapitalquote und das Ausfallrisiko von Softwareproduzenten, Dienstleistern aus der IT, datenverarbeitenden Unternehmen, Webportalen und Hosting-Services untersucht. Die Prüfung umfasst über 46.000 Betriebe aus diesen Bereichen. Creditsafe greift dazu auf veröffentlichte Unternehmensbilanzen sämtlicher Firmen dieser Branche zurück und vergleicht diese mit den Daten der über drei Millionen deutschen Unternehmen aller Industrien. Die Untersuchung zeigt: Auf den ersten Blick ist die Branche unterdurchschnittlich aufgestellt. Doch es gibt einige wichtige Faktoren, die Hoffnung machen.
Bild 1: Die Risiko-Indikatoren für die Branche (Quelle: Creditsafe Deutschland)
Liquidität: Hoher Anteil an Unternehmen mit unzureichender Zahlungsfähigkeit
Die Verfügbarkeit von genügend Zahlungsmitteln, auf die ein Unternehmen unmittelbar zugreifen kann, ist in der aktuellen Situation zu einer der bedeutendsten Größen zur Unternehmenssteuerung, aber auch der Bewertung der ökonomischen „Gesundheit“ einer Branche geworden. Eine zu hohe Liquidität führt durch den gegenwärtigen Niedrigzins dazu, dass das Vermögen schrumpft. Eine zu niedrige Liquidität erhöht dagegen das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit. Diese Grundsätze galten auch schon vor der Corona-Krise, doch der Balanceakt zwischen zu hoher und zu geringer Liquidität ist in der gegenwärtigen Situation, bedingt durch gravierende Umsatzeinbrüche und Lieferengpässe, bedeutend schwieriger.
Branchenübergreifend verfügen mehr als 36 Prozent aller deutschen Unternehmen über eine unzureichende Liquidität. In der IT-Branche ist der Anteil von Firmen mit geringer Liquidität deutlich höher und liegt bei 42 Prozent.
Eigenkapitalquote: IT-Branche mit geringem Eigenkapitalanteil
Knapp über 30 Prozent der Unternehmen in Deutschland verfügen über eine geringe Eigenkapitalquote und laufen daher unter anderem Gefahr, steigende Kapitalkosten wie etwa Zinsen nicht ausreichend deckeln zu können. Mit 26,8 Prozent ist die Quote in der IT-Industrie etwas geringer als im Bundesdurchschnitt. Grundsätzlich sorgt ein hoher Anteil an Eigenkapital dafür, als Unternehmen wesentlich freier von Fremdkapitalrisiken zu sein. Dies führt zu einer höheren finanziellen Sicherheit und Planbarkeit.
Ausfallrisiko: Gefahr einer Firmenpleite in der IT höher
Als ein maßgeblicher Faktor zur Bewertung der wirtschaftlichen Stabilität gilt die Ausfallwahrscheinlichkeit, also die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Unternehmen innerhalb der nächsten zwölf Monate Insolvenz anmelden muss. Die Ausfallwahrscheinlichkeit liegt in der in der IT-Branche bei 1,91 Prozent – höher als der branchenübergreifende Durchschnitt von 1,35 Prozent.
Als ein hohes Risiko gilt eine Ausfallwahrscheinlichkeit von mehr als drei Prozent. Rund 18,5 Prozent der Unternehmen aus dem IT-Branche weisen einen solchen oder sogar höheren Wert auf und gehören damit zur Risikogruppe. Auch hier steht die Industrie auf den ersten Blick schlecht dar: Der Anteil im branchenübergreifenden Durchschnitt beträgt nur 13 Prozent.
Bild 2: Die Anatomie der Branche: In der IT-Industrie sind Unternehmen deutlich jünger und kleiner als im Bundesdurchschnitt. (Quelle: Creditsafe Deutschland)
IT-Branche auf dem ersten Blick mit unterdurchschnittlichen Werten
Die Auswertung von Creditsafe zeichnet zunächst ein düsteres Bild der IT-Branche. Zwar entstammen die Angaben der Liquidität, Eigenkapitalquote sowie der statistische Ausfallwahrscheinlichkeit der Zeit vor COVID-19 und orientieren sich somit an wirtschaftlichen Normalbedingungen.
Doch gleichzeitig spiegeln diese Indikatoren die Voraussetzung der Unternehmen und Branchen wider, mit denen die Krise überstanden werden muss. „Die letzten Zahlen der IT-Branche lesen sich auf den ersten Blick weniger optimistisch als angenommen“, stellt Peer Hitschke, Senior Data Scientist bei Creditsafe, fest. Er verweist jedoch auf die besondere Stellung der Industrie: „Anders als andere Branchen besteht die IT-Industrie zu über 90 Prozent aus Kleinstunternehmen. Gleichzeitig sind viele Firmen hier eher jung – der Anteil an Start-ups ist sehr hoch. Viele Firmen konnten somit noch keine großen Rücklagen bzw. Eigenkapital aufbauen.
Dennoch dürfte die Branche die Corona-Krise vergleichsweise glimpflich überstehen: Der Bedarf an digitalen Produkten und Dienstleistungen war nur kurzfristig geringer und ist nicht gänzlich weggebrochen, zudem sind die Aussichten mehr als rosig.“ Dies zeigt unter anderem der Bitkom-ifo-Digitalindex, der eine rasche Erholung der IT-Industrie prognostiziert. Die nächsten Monate werden somit zeigen, wie schnell sich Unternehmen aus der IT von der Krise erholen.
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