Während sich die HDD-Hersteller gerade an der 20 TByte-Hürde mühen, haben zahlreiche SSD-Anbieter längst höhere Kapazitäten im Angebot, teils bis zu 100 TByte. Gerade im Bereich über 30 TByte muss allerdings noch mit deutlich höheren Kosten pro GByte gerechnet werden. Diese Unterschiede nehmen jedoch ab. Wir haben uns einige der hochkapazitiven Flash-Speicher angeschaut.
High-Cap-Enterprise-SSDs knacken die 30-TByte-Marke. Die Storage-Kosten pro GByte sinken, dank QLC NAND bei SSDs nochmals spürbar (Foto: Samsung). Bei unserem Online-Themenkongress Storage: Große Datenmengen speichern und verwalten (On-Demand-Zugang hier) wurde ein Thema heiß und kontrovers diskutiert: Ist die Festplatte tot oder findet sie noch eine Überlebensnische? Tempo versus Haltbarkeit, und natürlich der Preis sind die Hauptargumente pro und contra.
Drehende Spindeln auch mit 10.000 oder 15.000 U/min haben sich quasi aus dem Notebook- und Desktop-Markt verabschiedet. Bei Preisunterschieden von zehn oder 20 Euro pro TByte wählen auch Consumer heute vorwiegend die schnellere SSD-Variante. Verbleibende Einsatzgebiete sind Nearline-Backup-Geräte oder die Cloud inklusive Hyperscalern mit entsprechender Speicherklassifizierung. Die SSD kommt aber vermehrt als Datenträger mit 20 TByte oder mehr zum Einsatz. Noch sind die Kosten hoch, doch die Preise sinken.
Quo vadis HDD?
Die größten herkömmlichen Festplatten drehen nur mit 7.200 U/min im 3,5-Zoll-Format. So die HDDs der Gold-Serie von Western Digital: Die Ultrastar DC HC650 bietet ein Speichervolumen von 16, 18 und 20 TByte und liest 270 MByte/s. Quasi baugleich ist das Modell HC550. Während die größte Variante derzeit noch nicht gelistet ist und dem Systemgeschäft vorbehalten ist, kostet die 18 TByte-Variante derzeit um die 450 Euro, also etwa 25 Euro pro TByte.
Seagate hat seine Exos X-Serie für hohe Kapazitäten seit Juni 2019 im Umlauf. Die 3,5-Zoll-Festplatte Exos X18 mit 18 TByte ist jetzt für einen UVP von 475 Euro oder 26 Euro pro TByte erhältlich.
Der Hersteller gibt an, seine 20 TByte-Variante ab Dezember im Lyve Drive Rack verbauen (speicherguide.de berichtete) und mit der Open-Source-Software CORTX für Objektspeicher verfügbar zu machen. Der Hersteller will bis 2026 sogar eine 50-TByte-HDD zur Marktreife bringen. Ob dies gelingt und diese bis dahin überhaupt noch Abnehmer findet, wird der Markt eventuell schon früher entscheiden.
Moore‘sche Gesetz oder Murphy’s Law?
Die IBM 350, die erste magnetische Festplatte, wurde 1956 vorgestellt, fasste 3,75 bzw. 5 MByte je nach Bit-Definition, kam im 24-Zoll-Formfaktor (61 cm) und wog schlappe 500 Kilogramm. Seither ist einiges geschehen.
Im Kampf um Speicherdichte und gegen Performance-Einbrüche durch Überhitzung arbeiten HDD-Anbieter heute mit ausgefeilten Technologien: Helium-Füllung, Chlor-Atomen, Mikrowellen, Verfahren wie PMR (Perpendicular Magnetic Recording) und EAMR (Energy Assisted Magnetic Recording), so im Falle von WD und Toshiba.
Für die Erhöhung der Flächendichte für höhere Kapazitäten werden MAMR (Microwave Assisted Magnetic Recording), oder wie bei Seagates neuer Plattengeneration HAMR (Heat Assisted Magnetic Recording) und TDMR (Two-Dimensional Magnetic Recording) eingesetzt. Es bleibt aber zu konstatieren, dass diese Technologien nicht mehr zu sprunghaften Kapazitätssteigerungen führen. Die physischen Möglichkeiten der magnetischen Speicherung scheinen nahezu ausgereizt.
Vor über 50 Jahren prognostizierte das Moore‘sche Law eine jährliche Verdoppelung der Transistoren auf einem Chip. Lange Zeit konnte dies auch auf Festplattenkapazitäten übertragen werden. Heute hält der Spindel-Speicher dem nicht mehr Schritt. Die meisten Hersteller haben sich vom Markt verabschiedet. Arbeiten die HDD-Ingenieure also unter Murphy’Law und gegen den schlimmstmöglichen, aber unvermeidbaren Fall: Das Ende der Festplatte?
Gehört Flash und Tape die Zukunft?
Unzweifelhaft ist: Flash-Speicher sind HDDs in Bezug auf Geschwindigkeit (Zugriffszeit und Übertragungsrate), Energieverbrauch, mechanische Zuverlässigkeit (bewegliche Teile) und Gewicht überlegen, die noch existente Preisdifferenzierung zu Flash nimmt ab. Und mit ihr auch die Relevanz beschränkter Beschreibungszyklen der SSD, wenn man den Markttrends vertraut.
Die SSD hat den High-Perfomance-Bereich längst erobert, und arbeitet sich zunehmend in das High-Capacity-Segment vor. Sollte diese Entwicklung anhalten, könnten Technologien zur Speicherklassifizierung (Auto-Tiering) in Zukunft an Bedeutung verlieren. Noch ist die SSD kein Nearline-Backup-Medium, aber die Tendenz scheint dorthin zu führen.
Einzig die Archivierung, und damit Tape als kostengünstigsten Datenträger zur langfristigen Auslagerung, bleiben von dieser Entwicklung unberührt. Auch Tape wird weiterentwickelt: Die Roadmap weist 144 TByte pro Datenträger bis zur Generation 12 vor. Auch die Handhabung, etwa durch File-Zugriffe über LTFS (Linear Tape File System) und andere, wird zunehmend geschmeidiger. Die Removable-Disk, etwa im RDX-Format, im Verbund mit WORM (Write Once Read Many) stellt hier eine Mischform auf Festplatten-Basis dar, kommt allerdings eher um KMU-Umfeld und kaum im Enterprise zum Einsatz.
Meister (fast) aller Klassen: Server-SSDs in den Spitzen
Bereits 2017 kündigte SMART Modular mit dem Osmium Drive eine 50 TByte-SSD an, die hauptsächlich im Server-OEM-Geschäft vertrieben wurde. Inzwischen ist das Laufwerk beim Hersteller nicht mehr gelistet. Im selben Jahr kündigte Seagate auf dem Flash Memory Summit 2017 ein namenloses 60 TByte-Modell an. Allerdings blieb es bei dieser Variante um einen Technologie-Ausblick.
Die größte verfügbare SSD ist das Exadrive DC von Nimbus Data mit 100 TByte. Sie kostet rund 34.000 Euro (40.000 US-Dollar) Listenpreis. Die mittlere Zeit zwischen Fehlern soll bei 2,5 Millionen Stunden liegen, was sie zum Einsatz im Enterprise tauglich macht. Mit 210 bis 340 Euro pro TByte (vgl. WD-HDD Ultrastar DC HC650 mit 25 Euro pro TByte) derzeit sicher noch nicht konkurrenzfähig zur HDD, eher ein technologisches Aushängeschild.
Schnell, groß und teuer
Samsung beansprucht für sich mit der PM1733 die schnellste SSD am Markt zu bieten. Sie bringt es auf eine Lesegeschwindigkeit von bis zu 8.000 MByte/s, geschrieben kann mit bis zu 3.800 MByte/s. Die bislang größte Version kann 15,36 TByte an Daten sichern.
Eine der schnellsten verfügbaren SSDs über 30 TByte dürfte die Kioxia CM6 sein (speicherguide.de berichtete): Als erste mit PCIe 4.0-Schnittstelle liefert sie mit 6.900 MByte/s Lesegeschwindigkeit (vgl. WD Ultrastar DC HC650 270 MByte/s) und 1.400.000 IOPS exorbitante Geschwindigkeit. In der Variante mit 6,4 TByte für etwa 2.100 Euro bringt sie es auf eine Ratio von zirka 330 Euro pro TByte. Die angekündigten größeren Varianten scheinen noch nicht verfügbar zu sein.
Dies sind die Performance- und Kapazitäts-Spitzen in der SSD-Entwicklung, und haben ihren entsprechenden Preis. Sie könnten aber zeigen, wohin die Reise gehen wird. Allerdings müssen sich Prototypen, Ankündigungen oder Live-Demos bei Branchenevents auch im Markt beweisen. Eine von Seagate 2017 vorgestellte NVMe-SSD mit 13 GByte/s hat es beispielsweise nie zur Marktreife geschafft.
QLC revolutioniert die Enterprise-SSD
Neben den Spitzen- oder Outlook-Produkten lohnt ein Blick auf den breiteren Markt. Sie basieren auf MLC, TLC und jüngst auf QLC (Multi/Dual-, Triple-, Quad-Level Cell) je nach Anzahl der Bits, die pro Speicherzelle geschrieben werden. Während QLC dazu dient, die Kapazitäten in die Höhe zu treiben, bleiben MLC und TLC wegen geringerer Anzahl an Schreibzyklen noch ausfallsicherer.
Die Speicherdichte wird zudem durch Tiefe der NAND-Chips erhöht. 128 Schichten werden derzeit erreicht. Hier gibt es insgesamt noch deutlich mehr Entwicklungspotenziale im Vergleich zur HDD-Technologie. Und nicht zuletzt mehr Mitbewerber, die diese Entwicklung vorantreiben.
Im Preis-/Leistungssegment für Enterprise-Qualität gibt es bereits zahlreiche QLC-Modelle mit vier TByte, solche mit acht TByte stehen bereit. Diese kosten momentan noch zwischen 90 und 120 Euro pro TByte, jedoch dürfte sich dieser Preis im kommenden Jahr halbieren (hierzu die Einschätzung unseres Doc Storage).
Flash mit 30 TByte und mehr
Aber auch im Bereich hochkapazitiver SSD-Platten um die 30 TByte gibt es schon fast ein Dutzend Angebote. QLC ist dabei nicht nur ein Treiber für höhere Dichte, sondern auch für zunehmend geringere Kosten.
So bietet Nimbus neben seiner teureren TLC-Version Exadrive DC die Modellreihe ExaDrive NL, die auf QLC-Technik aufbaut. Die Version mit 32 TByte wird für 4.750 Euro (5.600 US-Dollar) angeboten und die mit 64 TByte für 9.250 Euro (10.900 US-Dollar).
Zum Vergleich: Das Exadrive DC auf TLC-Basis ist für 6.800 Euro (8.000 US-Dollar) mit 32 TByte verfügbar, die Modelle mit 50 TByte (12.500 US-Dollar) und 100 TByte (40.000 US-Dollar) sind entsprechend teurer.
Das bedeutet, dass QLC im Vergleich zu eMLC (das »e« steht hier für Enterprise-Haltbarkeit) bzw. TLC die Kosten bei der 32 TByte-Variante um etwa 30 Prozent senkt, mit potenziellen Abstrichen bei der Haltbarkeit. Im Vergleich zur 100 TByte-TLC-Variante sinken die Kosten pro Gigabyte sogar von 340 auf 145 Euro pro TByte.
Ausblick Flash und SSDs
Die Analysten von Gartner erwarten, dass die SSD-Preise pro Quartal um zehn bis 15 Prozent nachlassen, und Flash-Chip-Preise Anfang 2021 um 24 Prozent günstiger sein werden. Die Kollegen von Trendfocus prognostizieren der SSD bis 2024 ein jährliches Wachstum (CAGR) von 11,6 Prozent bei verkauften Stückzahlen und einem Umsatzanstieg von 7,8 Prozent. Bei der HDD dagegen wird eine Senkung um 6,1 bzw. 5,8 Prozent erwartet.
Die Tendenz ist klar in Richtung SSD, vielleicht aber auch nicht so dramatisch, um die Disk komplett abzuschreiben. Ein Blick auf die Kosten pro TByte spricht hier (noch) Bände. Schließlich kann hier auch gelten, was auch Tape schon seit Jahrzehnten beweist: Totgesagte leben (manchmal) länger.
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