Die Zahl der Cybercrime-Fälle nimmt nach Daten des Kreditversicherers Euler Hermes weiter zu. Beim Zahlungsbetrug seien die Fälle im vergangenen Jahr um rund 35 Prozent gestiegen, beim Bestellerbetrug seien es etwa 25 Prozent mehr gewesen, sagte der Betrugsexperte bei Euler Hermes, Rüdiger Kirsch, am Donnerstag in Hamburg.
Ein Grund dafür dürfte sein, dass viele Beschäftigte in den Unternehmen pandemiebedingt im Homeoffice seien und dadurch weniger kommuniziert und kontrolliert werde. «Die Hürde, einen Kollegen anzurufen und ihn auf einen Vorgang anzusprechen, ist hier oft viel höher. Kontodaten werden da mal eben kurz geändert – oft mit fatalen Folgen», sagte Kirsch. Kriminelle hackten nicht Systeme, sondern Menschen. «Das Social Distancing spielt ihnen in die Karten.»
Beim Zahlungsbetrug geht es den Tätern darum, Unternehmen etwa über E-Mails mit gefälschten Kontodaten dazu zu bringen, Zahlungen anzuweisen. Laut Euler Hermes konnten Betrüger so in einem einzigen Fall durch einen manipulierte Rechnung fast sechs Millionen Euro erbeuten. In den meisten Fällen liege die Schadenssumme jedoch zwischen etwa 30 000 und einer Million Euro. Der Cyberexperte beim Hamburger Landeskriminalamt, Andreas Dondera, sieht die Betrüger immer professioneller werden. Sie müssten auch längst keine Hacker oder IT-Spezialisten mehr sein, alles technisch Notwendige lasse sich inzwischen etwa im Darknet kaufen.
Der Rechtsanwalt und Cyberexperte Dirk Koch sieht auch eine steigende Gefahr der sogenannten Deepfakes, bei denen Audio- oder Video-Anrufe so manipuliert werden, dass Beschäftigte glauben, mit ihren Chefs zu reden, tatsächlich aber mit Betrügern kommunizieren. «Wenn der gefälschte CEO mit dem richtigen Aussehen und der richtigen Stimme Anweisungen für Überweisungen gibt, hebt das das Social Engineering und die Betrugsmöglichkeiten auf eine ganz neue Ebene.» Auf diese Weise sei im vergangenen Jahr beispielsweise eine Bank in Hongkong um 30 Millionen Euro erleichtert worden.
Do, 11.11.2021, 13:20 Uhr, dpa