Ein internationales Forscher-Team zeigt mit seiner neuesten Arbeit, wie sich “zeitreisende” Quantensensoren bauen lassen. Die Physiker von der Washington University in St. Louis (WUSTL), dem National Institute of Standards and Technology (NIST) und der University of Cambridge haben ihre Ergebnisse in “Physical Review Letters” veröffentlicht.
Reisen in die Vergangenheit
Der Wissenschaft zufolge sind Reisen in die Zukunft technisch machbar, wenn man bereit ist, sich der Lichtgeschwindigkeit anzunähern – aber in die Vergangenheit zu reisen, sei ein No-Go. Doch was wäre, wenn Wissenschaftler die Vorteile der Quantenphysik nutzen könnten, um Daten über komplexe Systeme zu ermitteln, die in der Vergangenheit stattgefunden haben? Die neue Forschungsarbeit weit darauf hin, dass die Annahme gar nicht so weit hergeholt ist, denn sie demonstriert eine neue Art von Quantensensor, der die Quantenverschränkung nutzt, um zeitreisende Detektoren herzustellen.
Mitautor Kater Murch von der WUSTL beschreibt dieses Konzept als Analogie zur Möglichkeit, ein Teleskop in die Vergangenheit zu schicken, um eine Sternschnuppe einzufangen, die man aus dem Augenwinkel gesehen hat. In der alltäglichen Welt ist diese Idee nicht realisierbar. Doch in der Quantenphysik gibt es vielleicht einen Weg, die Regeln zu umgehen. Dies ist einer Eigenschaft der verschränkten Quantensensoren zu verdanken, die Murch als “Rückschau” bezeichnet. Der Prozess beginnt mit der Verschränkung zweier Quantenteilchen in einem Quantensinglet-Zustand, also zwei Qubits mit entgegengesetztem Spin – sodass die Spins in entgegengesetzte Richtungen zeigen, egal welche Richtung man betrachtet. Von dort aus wird eines der Qubits als “Sonde” einem Magnetfeld ausgesetzt, das es zum Drehen bringt.
Der Vorteil der Rückschau
Wird das zusätzliche Qubit, das im Experiment nicht als Sonde verwendet wird, gemessen, senden die Eigenschaften der Verschränkung seinen Quantenzustand, also den Spin, laut dem Team “in der Zeit zurück” an das andere Qubit des Paares. Dies habe die Physiker zurückgeführt zum zweiten Schritt des Prozesses, bei dem das Magnetfeld das “Sonden-Qubit” gedreht habe. Hier komme der Vorteil der Rückschau ins Spiel. Unter normalen Umständen bestehe bei dieser Art von Experiment, bei dem die Drehung eines Spins zur Messung der Größe eines Magnetfelds verwendet wird, eine Chance von eins zu drei, dass die Messung fehlschlägt. Denn wenn das Magnetfeld mit dem Qubit entlang der x-, y- oder z-Achse wechselwirkt und parallel oder antiparallel zur Richtung des Spins verläuft, werden die Ergebnisse annulliert und es gibt keine Rotation zu messen.
Unter normalen Bedingungen, wenn das Magnetfeld nicht bekannt ist, müssten die Forscher raten, in welcher Richtung sie den Spin vorbereiten sollten, was laut ihrer Aussage zu einem Drittel zu Fehlern führen würde. Das Schöne an der Rückschau sei, dass sie es den Experimentatoren ermöglicht, die beste Richtung für den Spin festzulegen – durch eine Zeitreise im Nachhinein. Verschränkte Teilchenpaare können als ein und dasselbe Teilchen betrachten werden, das vorwärts und rückwärts durch die Zeit reist. Dies gebe Quantenwissenschaftlern kreative neue Möglichkeiten, bessere Sensoren zu bauen – insbesondere solche, die man tatsächlich in der Zeit zurückschicken kann. Es gibt eine Reihe potenzieller Anwendungen für diese Art von Sensoren, von der Erkennung astronomischer Phänomene bis hin zu Vorteilen bei der Untersuchung von Magnetfeldern.
(lb/pressetext)