Um in der Krise das öffentliche Leben nicht zum Stillstand kommen zu lassen, ist das Internet wichtiger denn je. Doch halten die Netze den Ansturm aus, wenn viele Menschen nun von zu Hause arbeiten? Es ist aber nicht das Homeoffice, das die Netzkapazitäten verschlingt.
Die Telekommunikationsprovider in Deutschland sehen sich für eine deutlich höhere Auslastung der Kommunikations- und Datennetze in der Coronavirus-Krise gut gerüstet. «Aus jetziger Sicht wird die Zunahme von Homeoffice und Streamingdiensten zu keiner Situation führen, in der die Netzkapazitäten an ihre Grenzen geraten», sagte ein Sprecher der Deutschen Telekom auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Ähnlich wie die Telekom registrierte auch Vodafone Deutschland «keine deutliche Steigerung des Datenverkehrs in den Netzen». «Wir gehen aber von einer erhöhten Nutzung in nächster Zeit aus», sagte Vodafone-Sprecher Volker Petendor. Mehr Homeoffice und Schüler, die zu Hause bleiben, würden vor allem zu einer stärkeren Festnetznutzung führen. «Hier sehen wir uns gut gerüstet, insbesondere für die klassischen Anwendungen. »Allerdings zeigen Nachbarländer, wie eine massive Gaming- und Streaming-Nutzung zusätzliche Last auf Netze bringen kann. «Spezielle Teams beobachten daher die Situation Tag und Nacht sehr genau und können zeitnah Maßnahmen auf den Weg bringen, um bei Bedarf gegenzusteuern.»
Zuvor hatte die spanische Telefónica zusammen mit anderen europäischen Providern wie Movistar, Orange und Vodafone die Anwender vor einer Überlastung der Netze gewarnt und zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den Netzkapazitäten aufgefordert. «Sowohl das Fest- als auch das Mobilfunknetz erlebten in den vergangenen Tagen eine Explosion des Netzverkehrs, die auf die Verbreitung der Viruserkrankung Covid-19 und den daraus abgeleiteten Maßnahmen und Empfehlungen zurückzuführen ist», heißt es in der Stellungnahme der Provider.
So habe der Verkehr über IP-Netze um fast 40 Prozent zugenommen, während die Mobilfunknutzung bei den Sprachdiensten um etwa 50 Prozent sowie rund 25 Prozent bei den Daten zugenommen hat. Auch der Verkehr von Instant-Messaging-Tools wie WhatsApp habe sich in den vergangenen Tagen verfünffacht.
Die europäischen Provider appellierten an die Kunden, sich bei der Netznutzung zurückzunehmen. «Laden Sie nur die Dokumente oder Dateien herunter, die Sie wirklich brauchen, und wenn sie warten können, tun Sie dies nachts oder in den „Nebenverkehrszeiten“ mit weniger Verkehr (zwischen 14 und 16 Uhr nachmittags und zwischen 20 Uhr abends und acht Uhr morgens).» Die Anwender sollten auch darauf verzichten, E-Mails mit großen Anhängen zu verschicken. Kollaborationswerkzeuge wie Microsoft Teams und Slack sollten ohne ständige Videoverbindung genutzt werden.
Der Telekom-Sprecher meinte dagegen, durch die Auslagerung der Arbeit in ein Homeoffice bleibe die Datenmenge in etwa erhalten, sie werde nur verlagert. Allerdings könnten mehr Streaming & Online-Gaming das Datenvolumen in die Höhe treiben. «Oberstes Ziel bleibt, die kritische Infrastruktur sicherzustellen.» Ein Sprecher von Telefónica Deutschland betonte, man erwarte grundsätzlich eine Zunahme der mobilen Datennutzung und Telefonie, insbesondere jedoch eine Steigerung des Verbrauchs im Festnetzbereich, da viele Kunden vor allem zuhause über ihre Festnetzinfrastruktur ins Netz gehen. «Wir sind überzeugt, dass unsere Netzkapazitäten ausreichend dimensioniert sind, um einer vor Ort temporär höheren Nutzung von mobilen Datendiensten Rechnung zu tragen.»
Schwierigkeiten mit der Telekommunikation meldeten dagegen am Dienstag die Arbeitsagenturen in Deutschland. Sie wurden von telefonischen Anfragen überrollt. «Aufgrund des hohen Anrufaufkommens sind die Arbeitsagenturen und Jobcenter derzeit telefonisch nur eingeschränkt erreichbar», teilte die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mit. «Das Telefonnetz unseres Providers ist derzeit überlastet.»
Die Zahl der Anrufe sei auf das Zehnfache des üblichen Niveaus gestiegen. Die Bundesagentur bittet deshalb darum, Anrufe in den Jobcentern und Arbeitsagenturen auf das Nötigste zu beschränken. Kundinnen und Kunden müssten ihre Termine nicht absagen. «Es gibt keine Nachteile. Es gibt keine Rechtsfolgen und Sanktionen.
Fristen in Leistungsfragen werden vorerst ausgesetzt.»
dpa