Die Corona-Krise hat nach Einschätzung der Deutschen Kreditwirtschaft den ohnehin vorhandenen Trend zum bargeldlosen Bezahlen lediglich beschleunigt. «Der Anstieg im ersten Halbjahr ist nicht allein auf Corona zurückzuführen, sondern ist Teil eines Trends», sagte Matthias Hönisch, Experte für Zahlungsverkehr beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.
Der BVR hat in diesem Jahr die Federführung für die Deutsche Kreditwirtschaft. «Seit 2016 die Möglichkeit eingeführt wurde, mit der Girocard kontaktlos zu bezahlen, beobachten wir einen deutlichen Anstieg bargeldloser Transaktionen. Mittlerweile erfolgt jede zweite Kartenzahlung kontaktlos.»
Beim kontaktlosen Bezahlen wird die Karte an der Kasse an ein Lesegerät gehalten und nicht mehr in das Gerät geschoben. Bei geringen Beträgen ist keine Eingabe der Geheimnummer (PIN) nötig. Der Einzelhandel ermutigt Kunden angesichts der Coronavirus-Pandemie, auf diese Weise zu bezahlen, um eine mögliche Übertragung zu vermeiden.
Den Angaben zufolge stieg die Zahl der Transaktionen mit der Girocard von 2010 bis 2015 im Schnitt um etwa 3 bis 4 Prozent jährlich, in den Folgejahren legten sie um bis zu 20 Prozent pro Jahr zu. Im ersten Halbjahr 2020 wurde ein Plus von 20,7 Prozent verzeichnet. Dennoch sieht Hönisch im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland noch Nachholbedarf.
Auch Ingo Limburg von Euro Kartensysteme sieht gerade bei Kleingeld Luft nach oben. «Es gibt noch viele Einzelhändler, die keine Kartenzahlung anbieten». Nach seiner Einschätzung wird vor allem das kontaktlose Bezahlen mit der digitalen Karte auf dem Smartphone zulegen. «Wir erwarten eine Entwicklung ähnlich wie beim kontaktlosen Bezahlen mit der Girocard selbst.»
Laut einer jüngsten Umfrage im Auftrag von Euro Kartensysteme unter 632 Smartphone-Besitzern setzen Nutzer besonders häufig in Lebensmittelgeschäften (77 Prozent) und an Tankstellen (47 Prozent) auf diese Art der Bezahlung.
Nach Angaben des Handelsforschungsinstituts EHI entfielen im vergangenen Jahr erstmals mehr als die Hälfte der gesamten Ausgaben an der Ladenkasse auf Giro- und Kreditkarten. Die Kunden des stationären Einzelhandels bezahlten Einkäufe im Volumen von 224,6 Milliarden Euro mit einer Karte. Das waren 50,5 Prozent des Einzelhandelsumsatzes von 445 Milliarden Euro. Bei kleinen Beträgen war das Bargeld laut EHI aber das beliebteste Zahlungsmittel. Fast drei Viertel (73 Prozent) der 20 Milliarden Einkäufe seien 2019 bar bezahlt worden.
dpa