„Das habe ich generiert“

KI-Anwalt irritiert New Yorker Richter

KI Anwalt

Ein kurioser Vorfall ereignete sich kürzlich vor einem New Yorker Berufungsgericht: Jerome Dewald, Kläger in einem Arbeitsrechtsstreit ohne anwaltliche Vertretung, überraschte das Gericht mit einem KI-generierten Avatar, der für ihn plädieren sollte.

Innerhalb weniger Sekunden erkannten die Richter des New York State Supreme Court Appellate Division, dass der Mann auf dem Videobildschirm – angeblich bereit, Argumente in einem Rechtsstreit vorzutragen – nicht nur keinen juristischen Abschluss besaß, sondern schlichtweg nicht existierte.

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KI ohne Vorwarnung im Gerichtssaal

Der Vorfall begann laut Associated Press, als Richterin Sallie Manzanet-Daniels ankündigte: „Der Berufungskläger hat ein Video für sein Plädoyer eingereicht. Wir werden dieses Video jetzt ansehen.“ Auf dem Bildschirm erschien daraufhin ein lächelnder, jugendlich wirkender Mann mit gestylter Frisur, Hemd und Pullover.

„Mit Verlaub, hohes Gericht“, begann die Figur. „Ich erscheine heute als bescheidener Prozessvertreter vor einem Gremium von fünf angesehenen Richtern.“

„Einen Moment“, unterbrach Manzanet-Daniels. „Ist das der Rechtsbeistand für diesen Fall?“

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„Das habe ich generiert. Das ist keine echte Person“, antwortete Jerome Dewald, der eigentliche Kläger in dem Arbeitsrechtsstreit.

Scharfe Rüge vom Gericht

Die Reaktion der Richterin fiel deutlich aus: „Es wäre nett gewesen, das zu wissen, als Sie Ihren Antrag stellten. Sie haben mir das nicht mitgeteilt“, sagte sie, bevor sie anordnete, das Video abzuschalten. „Ich schätze es nicht, in die Irre geführt zu werden“, fügte sie hinzu, bevor sie Dewald erlaubte, mit seinem Argument fortzufahren.

Dewald verfasste später eine Entschuldigung an das Gericht und erklärte, er habe keine böswilligen Absichten gehabt. Da er im Rechtsstreit keinen Anwalt hatte, musste er seine rechtlichen Argumente selbst vortragen. Er glaubte, der Avatar könne die Präsentation ohne sein übliches Stammeln und Stolpern über Worte besser liefern.

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KI in der Justiz

Der Fall reiht sich in eine wachsende Liste von Zwischenfällen ein, bei denen KI im Rechtswesen für Probleme sorgt – von Anwälten, die für das Zitieren fiktiver Rechtsfälle aus KI-Quellen bestraft wurden, bis hin zu offiziellen Experimenten wie in Arizona, wo KI-Avatare inzwischen bewusst eingesetzt werden, um Gerichtsurteile für die Öffentlichkeit zusammenzufassen.

Während die Justiz mit solchen Herausforderungen ringt, durchläuft die Rechtsbranche insgesamt einen tiefgreifenden Wandel durch KI-Technologien. Aktuelle Zahlen belegen laut Forbes, dass bereits 73% der Rechtsexperten planen, KI in ihren Arbeitsalltag zu integrieren, und 65% der Kanzleien sind überzeugt, dass „die effektive Nutzung generativer KI in den nächsten fünf Jahren erfolgreiche von erfolglosen Kanzleien unterscheiden wird“. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in Rekordinvestitionen wider: 2024 flossen 477 Millionen Dollar in KI-basierte Rechts-Startups wie Harvey, das in einer Series-C-Finanzierungsrunde 100 Millionen Dollar bei einer Bewertung von 1,5 Milliarden Dollar einsammelte. Anleger lockt dabei besonders das Potenzial, dass bis zu 44% der juristischen Arbeit durch neue KI-Tools automatisiert werden könnte.

Lars

Becker

Redakteur

IT Verlag GmbH

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