In der Bundesregierung gibt es Rufe, schnell Regeln für die Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) zu schaffen. Digitalminister Volker Wissing (FDP) sagte der «Bild am Sonntag» («BamS»): «Wir müssen jetzt klug reagieren und künstliche Intelligenz vernünftig regulieren, bevor es dafür zu spät ist. Das darf nicht wieder Jahre dauern.» Er forderte, in Europa schnell einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen. SPD-Chefin Saskia Esken sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, KI dürfe nicht zur Überwachung am Arbeitsplatz missbraucht werden.
Aktuell sorgen der Sprache imitierende Text-Automat ChatGPT, Googles Konkurrenz-Software Bard sowie Programme, die Bilder auf Basis von Text-Beschreibungen erzeugen können, für viel Aufsehen. Zugleich gibt es Sorgen, dass solche Technik auf Basis von KI etwa für die Verbreitung falscher Informationen missbraucht werden könnte.
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte dem «Handelsblatt»: «Wesentlich kommt es dabei auf eine Balance an zwischen Innovationsoffenheit und einem klaren Rechtsrahmen, der Standards für vertrauenswürdige KI definiert.» Inwiefern eine Zertifizierung eine Rolle spielen könne, werde sich zeigen. Die Bundesregierung habe sich im Rahmen der diskutierten EU-Verordnung zur KI-Regulierung dafür eingesetzt, die Nutzung bestimmter Hochrisiko-KI-Systeme durch die öffentliche Verwaltung in einer öffentlich zugänglichen Datenbank sichtbar zu machen. Gemeint sind Systeme, die zum Beispiel in den Bereichen Grenzkontrolle oder Strafverfolgung verwendet werden könnten – etwa für Vorhersagen zur Wahrscheinlichkeit von Verbrechen.
Wissing sagte der «BamS», ein gesetzlicher Rahmen müsse sicherstellen, dass die neue Technologie nur dann eingesetzt werden dürfe, wenn sie sich an europäische Werte wie Demokratie, Transparenz und Neutralität halte. «KI-Systeme dürfen uns nicht manipulieren, sie müssen uns unterstützen.» Dabei sieht er in der Nutzung von KI auch riesige Chancen.
SPD-Chefin Esken wies auch auf Risiken hin. Mit künstlicher Intelligenz könnten «absolut echt wirkende Bilder, Audios und Videos» erstellt werden, die aber reine Fälschungen seien. «So könnten zum Beispiel authentisch wirkende Aussagen von Politikern verbreitet werden, die diese nie getätigt haben. Durch so etwas könnten Kriege entstehen», sagte sie. Es müsse sichergestellt werden, dass echte Aufnahmen als solche zu erkennen seien – etwa durch ein digitales Wasserzeichen.
Zugleich trat Esken Befürchtungen entgegen, dass durch KI unter dem Strich Jobs verloren geben könnten. «Diese Befürchtung gibt es bei jedem Technologiesprung, und doch sind bisher immer mehr neue Jobs entstanden als ersetzt wurden.» Außerdem gebe es schon jetzt einen großen Fachkräftemangel.
Die Personalchefin des Softwarekonzerns SAP, Sabine Bendiek, sieht das ähnlich. Sie sagte der Deutschen Presse-Agentur, KI könne einen enormen Produktivitätsbeitrag leisten und eine Unterstützung für die Menschen sein. So könnten extrem monotone, sich wiederholende Aufgaben von KI übernommen werden. «Unsere Mitarbeitenden können sich dann wirklich darauf fokussieren, das einzusetzen, was Menschen so stark macht: Kreativität und die Fähigkeit, die Resultate mit einer anderen Perspektive zu bewerten und entsprechend umzusetzen.»
dpa