Corona-Tracking: App könnte bald an den Start gehen

Ist eine Handy-App das Werkzeug, das man braucht, um das öffentliche Leben trotz Covid-19 kontrolliert wieder anlaufen zu lassen? Forscher arbeiten mit Hochdruck an dieser Technologie. Zum ersten großen Test tritt das Wachbataillon des Verteidigungsministeriums an.

Julius-Leber-Kaserne, das Wachbataillon des Verteidigungsministeriums hat hier seine Heimat: Im Kampf gegen einen unsichtbaren Feind stehen die Soldaten am Mittwoch mit Atemmasken und Nummern auf der Brust bereit, wie Bilder zeigen. Die «Garde der Bundesrepublik» hilft in Flecktarn. Auf Freiflächen und in Gebäuden prüfen Wissenschaftler mit einem ersten größeren Feldversuch, was eine neue Tracking-App in der technischen Praxis bedeutet. «Kalibrieren» ist das Stichwort. Was auf dem verschlossenen Militärgelände probiert wird, könnte womöglich ein Baustein für die Rückkehr zur Normalität in Deutschland werden.

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Wichtig ist den Wissenschaftlern, die an der Entwicklung des europäischen App-Projekts PEPP-PT mitwirken, dass die Privatsphäre der Nutzer gewahrt bleibt und vor allem auch keine Bewegungsprofile erstellt werden. Festgestellt wird also nicht, wo sich jemand aufgehalten hat, sondern welche Mobiltelefone wann und wie lange in der direkten Umgebung seines Mobiltelefons waren. Wer später dann eine Warnung per App erhält, wird nur erfahren, dass er sich in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten hat, aber nicht, wie der Infizierte heißt und wo er wohnt.

Bei aller Freiwilligkeit: Ihre volle Wirkung entfaltet eine solche Anwendung nur dann, wenn möglichst viele Smartphone-Nutzer mitmachen. Denn was nützt der Supermarkt-Kassiererin die App auf ihrem Handy, wenn die an Covid-19 erkrankte Aushilfe, die neben ihr beim Discounter die Regale aufgefüllt hat, die Stopp-Corona-App nicht heruntergeladen hat? Gar nichts.

Wer die App nutzt, hätte allerdings auch einen Vorteil. Denn es ist zu erwarten, dass derjenige, der darüber eine anonyme Warn-Nachricht erhält, eher getestet wird als jemand, der einfach nur besorgt ist und über Halskratzen klagt. Auch wenn es – angesichts der begrenzten Test-Kapazitäten – auch hier wohl keine Garantie geben wird. Aber immerhin, es wäre ein Anhaltspunkt.

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Die Zeit drängt sehr. Binnen weniger Tage hat die Bundeswehr für das Szenario eine Übung auf die Beine gestellt. Eine große Fläche und Leute, die das Exerzieren auf Befehl gewohnt sind – die Bundeswehr war offensichtlich idealer Partner. «Allen Angehörigen des Wachbataillons ist es ein besonderes Anliegen, dass wir als Gesellschaft die Corona-Krise schnellstmöglich überstehen», erklärte dazu Oberstleutnant Sven Homann (43), stellvertretender Kommandeur.

Eine finale Entscheidung, dass die jetzt in Berlin getestete App am Ende dann auch die Anwendung sein wird, die von der Bundesregierung ausgewählt wird, steht zwar noch aus. Vieles deutet aber darauf hin. In den vergangenen Tagen war zu hören, entscheidend sei in dieser Frage die Position des Kanzleramtes. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer ließ jetzt wissen, Kanzleramtsminister Helge Braun halte dieses Projekt für «sehr vielversprechend». Zum Zeitplan machte sie keine konkreten Angaben. Aus den beteiligten Ressorts hieß es zuletzt, eine Entscheidung «nach Ostern» oder «bis Ende April» sei wahrscheinlich.

Da die App als ein Baustein einer Strategie für eine schrittweise Aufhebung der verhängten Kontaktbeschränkungen und Arbeitsverbote gilt, ist der Zeitdruck, unter dem alle Beteiligten stehen, enorm. Zumal inzwischen auch der Digitalverband Bitkom und der Chaos Computer Club öffentlich kundgetan haben, solange die Freiwilligkeit und eine Speicherung von Daten die «dezentral, anonym und sparsam» ist, gewährleistet seien, spreche nichts gegen eine solche App.

Linus Neumann vom Chaos Computer Club wirft der Bundesregierung nur vor, sie habe mit der Debatte über das technisch zu ungenaue und datenschutzrechtlich fragwürdige Konzept von Spahn wertvolle Zeit vergeudet, anstatt gleich auf die bessere Bluetooth-Variante zu setzen.

Carsten Hoffmann und Anne-Beatrice Clasmann, dpa

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