15 Jahre Google Maps

Bild: XanderSt / Shutterstock.com

Weltweit gibt es schätzungsweise 100 Millionen Straßenkilometer. Der Kartendienst Google Maps hat einen großen Teil davon erfasst, um das digitale Geschäftsmodell des Konzerns mit der realen Welt zu verknüpfen. Datenschützer sind darüber nicht glücklich.

Als vor 15 Jahren die Google Maps online gingen, wusste noch niemand, wie mächtig und allgegenwärtig der Kartendienst einmal werden sollte. Erst als zwei Jahre später das iPhone den Beginn der Smartphone-Ära einläutete, wurde das Potenzial digitaler Karten offensichtlich. Heute stecken Smartphones und damit fast immer auch Google Maps in quasi jeder Hosentasche: Mit der GPS-Positionsermittlung kann man sich kaum noch verirren. Staus werden in Echtzeit angezeigt. Satellitenfotos und Aufnahmen aus den Kameras der Street-View-Autos zeigen die Umgebung, so dass der Dienst inzwischen auch als riesiger Reiseführer dient.

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Die Strecken, die Google für seine Maps abfotografiert hat, entsprechen rund 400 Umrundungen der Erde. Insgesamt bilden die Bilder etwa 16 Millionen Kilometer Wegstrecke ab. Für den Konzern hat sich der Aufwand gelohnt: Mit den am 8. Februar 2005 gestarteten Google Maps wurde die reale Welt mit dem digitalen Abbild verknüpft. So entstand ein gigantisches Branchenbuch, das durch einen steten Strom von Ortungsdaten die Werbeplattform von Google anreichert – und bei etlichen Datenschützern große Bedenken hervorruft.

Inzwischen sind Einträge in Google Maps hart umkämpft, denn zusammen mit den Online-Bewertungen können sie einen Kundenstrom ins Geschäft, Hotel oder Restaurant lenken – aber bei schlechter Benotung auch potenzielle Klienten abschrecken. Manche Betroffene beauftragen deshalb auch unlautere Dienstleister, die mit manipulierten Einträgen das Geschäft über den Klee loben – oder die Konkurrenz madig machen.

Digitale Karten gab es schon vor 2005 – und es waren drei Zukäufe, mit denen sich der Konzern die nötigen Bausteine für den Start des Projektes besorgte. Der heutige Internet-Investor Chris Sacca, der damals dort arbeitete, erinnerte sich später, wie Mitgründer Sergey Brin 2003 ein Meeting von Führungskräften zu einem ganz anderen Thema entgleisen ließ, weil er den Satellitenbilder-Dienst der Firma Keyhole auf seinem Laptop herumzeigte. Statt zuzuhören, wollten alle sehen, wie man auf ihre Häuser aus dem All reinzoomen kann, erzählte Sacca dem Technologieblog «Recode».

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Keyhole war spezialisiert darauf, verschiedene Satellitenbilder nahtlos zusammenzufügen und verkaufte den Dienst an Unternehmen. Gründer und Chef John Hanke hatte auch Angebote von Investoren, verkaufte die Firma aber an Google, weil ihn die Vision kostenloser Karten für alle ansprach.

Bei der Firma Where2 Technologies hatten die Brüder Lars und Jens Rasmussen die Idee, für Routenanweisungen Karten auf dem Computerbildschirm nachzubilden – und bei Bedarf nötige Informationen aus dem Web nachzuladen. Und das Start-up Zipdash besorgte sich Verkehrsdaten, um voraussichtliche Ankunftszeiten und Verzögerungen auf der Strecke anzuzeigen. Alles bekannte Funktionen heutiger Karten – bei Google wurden sie in einem Dienst zusammengebracht.

Google Maps wurden zunächst zu den meistbenutzten Karten auf dem Computerbildschirm. Als Apple 2007 das iPhone auf den Markt brachte, wurden sie vorinstalliert – und auf Smartphones des bei Google entwickelten Konkurrenz-Systems Android sowieso. Den Wettbewerbern entging das nicht: Nokia, damals noch der weltweit führende Handyhersteller, kaufte 2007 den Kartenanbieter Navteq. Und der niederländische Navigationsgeräte-Spezialist TomTom schnappte sich nach einem Bieterwettstreit mit dem US-Unternehmen Garmin den zweiten großen Kartenlieferanten TeleAtlas.

Google ging indes dazu über, auch eigene Kartendaten mit Kamerafahrzeugen zu sammeln. Daraus ging auch der Dienst Street View mit Fotos von Straßenzügen hervor. In den Industrienationen biss Google bei Street View nur in Deutschland auf Granit: Datenschützer erzwangen 2010, dass betroffene Bürger, Firmen und Organisationen die Straßenaufnahmen ihrer Häuser verpixeln lassen konnten. Das führt bis heute dazu, dass die Straßenzüge in Deutschland nicht mit brauchbaren aktuellen Fotos in Google Maps zu sehen sind. Zwar fahren seit August 2017 Kamerafahrzeuge von Google wieder durch Deutschland. Die Aufnahmen werden aber nicht veröffentlicht, sondern dienen nur der Aktualisierung von Stadt- und Straßenplänen.

Die Karten sind aber auch in Deutschland zu einer weiteren Werbeplattform geworden. Seit 2016 gibt es sogenannte «Promoted Pins» – Kartenmarker von Geschäften, die auf der Karte hervorgehoben werden, weil die Inhaber dafür bezahlt haben. 2021 könnten die Maps, Google Erlöse von bis zu 3,6 Milliarden Dollar einbringen, schätzte Analyst Mark Mahaney von der Bank RBC. Morgan Stanley rechnet sogar für dieses Jahr schon mit knapp fünf Milliarden Dollar und einer Verdoppelung bis 2023. Der Konzern experimentiert auch mit Funktionen der «erweiterten Realität», in der Informationen auf dem Bildschirm in reale Umgebungen eingeblendet werden.

Apple löste sich unterdessen 2012 von den Google Maps mit einem eigenen Kartendienst. Die Premiere ging zunächst schief, weil der iPhone-Hersteller den Aufwand unterschätzt hatte, Geodaten und Satellitenbilder aus unterschiedlichen Quellen und in unterschiedlichen Qualitätsstufen zu einem homogenen Dienst zusammenzuführen. Inzwischen sind die Apple Karten durchaus brauchbar – und der iPhone-Hersteller schickte vergangenes Jahr seine Kamerawagen auch nach Deutschland, um eigene Straßendaten unabhängig von Anbietern wie TomTom zu sammeln. In den kommenden Jahren will Apple Milliarden für die Verbesserung der Karten ausgeben.

Nokia verkaufte derweil seinen Kartendienst an Audi, BMW und Daimler – die Autobauer wollen den Service unter dem Namen Here zu einem führenden Lieferanten von präzisen Karten für Roboterautos ausbauen.

Insbesondere in Deutschland stellt sich auch eine Heerschar von Freiwilligen der Vormachtstellung von Google entgegen. Ähnlich wie beim weltgrößten Lexikon Wikipedia vermessen rund eine Millionen Freiwillige «Mapper» in der OpenStreetMap (OSM) die Landschaft. Insbesondere in den Städten kann die freie Weltkarte nicht nur mithalten, sondern liefert viel präzisere Angaben bis hin zu jedem einzelnen Straßenbaum. In den ländlichen Gebieten ist OSM dagegen oft nicht auf Augenhöhe. Dank einer flexibleren Lizenzform können die OSM-Karten inzwischen auch in kommerzielle Projekte eingebunden werden. So nutzt auch Internet-Gigant Facebook OSM-Daten und beteiligt sich aktiv an der Verbesserung des Kartenmaterials.

Andrej Sokolow und Christoph Dernbach, dpa

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