TikTok spaltet die Generationen. Eltern schlagen die Hände über den Kopf zusammen, wenn sie nur den Namen der App hören. Kinder und Jugendliche können es wiederum kaum erwarten, sich das nächste Video anzuschauen oder selbst hochzuladen.
Das Problem: Selbst Minderjährige können sich die App trotz Altersbeschränkung ohne weiteres herunterladen und alle Inhalte anschauen. Auch nicht kindgerechte, ungefilterte und vor allem nicht verifizierbare Beiträge werden dort in Sekundenschnelle geteilt und können vor allem bei den Jüngeren Angst und Verunsicherung auslösen. Gerade zu einer Zeit, wenn beispielsweise unzählige Fake-Videos zum Thema Ukrainekrieg über den Bildschirm flimmern. Die Sicherheitsexpertin Ildikó Bruhns von Safer Kids Online verrät Eltern, welche Gefahren auf TikTok lauern und welche Möglichkeiten es gibt, unangemessene Inhalte für Kids und Jugendliche einzudämmen.
TikTok: Viel Spaß, aber auch Risiken
“Ich gucke doch nur!” Das hören Mütter und Väter von ihren Kindern wohl am meisten, wenn es um TikTok geht. Doch das ist für Eltern längst kein Grund zum Aufatmen. Kaum ein Heranwachsender hat die Kurzvideo-App nicht auf seinem Smartphone, allen voran die 12- bis 19-Jährigen. Lustige Karaoke- und Tanzvideos, kreative Rezept-Ideen und Mitmach-Inhalte, wie die sogenannten “Challenges”, machen die Faszination von TikTok aus. Die Nutzer können nicht nur Videos hochladen oder einfach anschauen, sondern auch Beiträge zu kommentieren und private Nachrichten verschicken. Das macht TikTok zu einem sozialen Netzwerk, mitsamt aller Risiken, wie sie auch bei Facebook, Instagram & Co. zu finden sind. Insofern ist es weniger überraschend, dass wie bei anderen Plattformen auch Hassreden und Mobbing in die ansonsten oft so bunte, heitere TikTok-Welt Einzug gehalten haben. Darüber hinaus versuchen Kriminelle, sich den Jugendlichen über Fake-Profile anzunähern und sie sexuell zu belästigen – Stichwort Cybergrooming.
Fake-Videos, gefährliche Challenges und Suchtpotenzial beunruhigen Eltern
TikTok hat weltweit etwa eine Milliarde User. Nach Firmenangaben nutzen rund 11 Millionen die Plattform in Deutschland. Nahezu jeder achte, insbesondere junge Menschen, sind Fake-Videos, Falschnachrichten und fragwürdigen politischen Inhalten teilweise schutzlos ausgeliefert. “Das Problem ist, dass Informationen Kids und Jugendliche nicht nur von uns Erwachsenen beziehen, sondern auch über solche sozialen Netzwerke wie TikTok. Eltern verlieren schnell den Überblick, welche Videos ihre Schützlinge konsumieren”, sagt Ildikó Bruhns, Projektleiterin und Sicherheitsexpertin von Safer Kids Online.
“Vor allem die Mutproben sind nicht immer nur harmlos oder witzig. Wenn Kids und Teenager plötzlich auf die Idee kommen, Waschpulver-Pods zu essen – wie bei der “Pod Challenge” oder Kühe zu erschrecken, kann aus dem Spiel schnell bitterer Ernst werden. Genauso wenig ist das Suchtpotenzial der Kurzvideo-App zu unterschätzen”, fügt die Sicherheitsexpertin hinzu. Vor allem junge Menschen lieben diese Form des Zeitvertreibs. Ein Datenleak bei TikTok zeigte, dass zwei Drittel der NutzerInnen jünger als 25 Jahre sind. Und sind sie erstmal auf den Geschmack gekommen, ist eine Stunde schnell vorbei. Viele nutzen TikTok nicht selten mehrere Stunden pro Tag.
Tipps für ein risikoarmes Videovergnügen
Die gute Nachricht ist: TikTok liefert zu diesen Problemen gleich selbst ein paar nützliche Lösungen. In den Einstellungen finden Eltern einige Funktionen, um nicht altersgerechten und unangemessenen Content in den Griff zu bekommen. Doch darüber hinaus gibt es noch weitere Möglichkeiten, TikTok geregelt zu bekommen:
1. Machen Sie sich selbst mit der App vertraut: Eltern sollten wissen, wovon sie reden, wenn sie mit ihren Kindern Regeln vereinbaren wollen. Am besten gemeinsam die TikTok-Welt entdecken.
2. Verbieten bringt nichts: Eltern tun gut daran, mit ihrem Kind darüber zu reden, warum es die App unbedingt verwenden möchte. So können auch mögliche Risiken gemeinsam besprochen werden.
3. Konto auf privat stellen: So können nur noch vom Kind zugelassene TikTok-Nutzer dessen Videos sehen. Die entsprechende Einstellung verbirgt sich hinter “Profilbild/Hamburger-Menü/Datenschutz”.
4. Kinder sollten datengeizig sein: Das Profilbild des Kindes sollte nicht erkennbar sein. Adresse, Telefonnummer und der richtige Name haben auf TikTok nichts verloren. So wenig persönliches von sich zu verraten, gilt im Übrigen für alle Sozialen Netzwerke und das gesamte Internet.
5. Nur mit echten Freunden vernetzen: So schaffen die Kids weniger “Angriffsfläche” von außen und schützen sich mehr vor Mobbing, Hassreden und sexuellen Annäherungsversuchen.
6. TikTok-Newsroom im Auge behalten: Hier erfahren Eltern das Neueste rund um die derzeit angesagtesten Trends inklusive Challenges.
7. Angemessen reagieren: Sind Kinder an einer gefährlichen Mutprobe interessiert, sollten Eltern ruhig und rational bleiben, um keinen “Jetzt-erst-Recht-Effekt” zu provozieren.
8. Gefährliche Inhalte nicht kommentieren oder weiterleiten: Das führt nur zu gesteigerter Aufmerksamkeit und verhindert, dass diese Dinge im Sand verlaufen.
9. Datenschutz und Privatsphäre verbessern: Unter dem Reiter “Datenschutz” (Profil/ Einstellungen/Datenschutz) gibt es weitere Möglichkeiten, beispielsweise Funktionen komplett zu deaktivieren oder Kommentarfilter einzuschalten, um mit Schlüsselwörtern Content von vorneherein auszusieben.
10. Der “begleitete Modus”: Eines der wichtigsten Tools für einen sicheren Umgang mit TikTok. Dafür muss die App auf dem Smartphone der Eltern und Kids installiert sein. Die Funktion findet sich bei den “Digital Wellbeing”- Einstellungen unter “Privatsphäre und Einstellungen”. Der Modus muss zuerst am Smartphone der Erwachsenen eingeschaltet werden, danach führt man dieselben Schritte am Handy des Kindes durch. Dann nur noch kurz die beiden Konten via QR Code verbinden. Eltern können dann gemeinsam mit den Kindern Nutzungszeiten und Kontaktmöglichkeiten festlegen und Inhalte altersgerecht filtern.
11. Über TikTok sprechen: Vor allem in Zeiten des Ukrainekriegs ist es wichtig, regelmäßig mit dem Kind das Gespräch zu suchen, was es über den Tag (nicht nur auf TikTok) gesehen hat. Eltern sollten auf Warnzeichen achten, wenn sich das Verhalten des Schützlings ändert. Fakten-Checker wie mimikama.at oder correctiv.org/faktencheck helfen dabei, Fake News von echten Meldungen zu unterscheiden.
12. TikToks Sicherheitszentrum verfolgen: Dort finden Jugendliche und Eltern gleichermaßen Informationen zu Risiken und Gefahren.
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