Das Internet als Tatort: Bei der bayerischen Zentralstelle für Cybercrime sind die Verfahrenszahlen gestiegen. Nach 15 781 Verfahren im Jahr 2022 registrierte die Spezialstaatsanwaltschaft mit Sitz in Bamberg bis Mitte Dezember 2023 bereits fast 18 000 Verfahren.
«Das heißt, Cybercrime bleibt leider eine Wachstumsbranche», sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Goger der Deutschen Presse-Agentur. Er ist stellvertretender Chef der Spezial-Staatsanwaltschaft. «Das Internet ist immer noch dabei, auch in den letzten Lebensbereich vorzudringen, mit der Folge, dass auch Straftäter neue Betätigungsfelder finden.»
Die Zentralstelle mit Sitz bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg sei aber auch personell weiter gewachsen. «Mittlerweile arbeiten 25 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bei der ZCB. Vor neun Jahren ging es mit zwei Staatsanwälten los. Das ist mehr als beachtlich. Wir sind sehr froh darüber, dass wir nicht nur mehr Arbeit bekommen, sondern dass uns auch mehr Personal zur Verfügung gestellt wird.»
Brennholz oder Playstation – Gefahr durch Fakeshops
Ein Schwerpunkt 2023 war das Phänomen Fakeshops. «Die Bedrohungslage für die Verbraucher ist hoch», betonte Goger. Und: Es gebe ein riesiges Dunkelfeld. Vielen Geschädigten, die keine allzu großen Summen verloren hätten, fehlten Zeit und Nerven, dies bei der Polizei anzuzeigen. Bei dem Phänomen werden Online-Käufe bezahlt – der Verbraucher erhält aber nie die Ware.
Doch die Bamberger Spezialistinnen und Spezialisten konnten Erfolge verzeichnen im Kampf gegen Fakeshops: Ende November wurde beispielsweise Anklage erhoben im Fall von Fakeshops für Solarmodule. Dieses Beispiel zeige, dass Fakeshop-Betreiber immer auf gesellschaftliche Trends aufsetzten, sagte Goger. Eine neue Playstation ist auf dem Markt? Ideal für Fakeshops.
«Zu Beginn der Corona-Pandemie waren es Masken und Desinfektionsmittel. Jetzt, im Zeitalter der Energiewende, waren es dann Solar- und Photovoltaikmodule», schilderte der Experte. Als 2022 die Angst vor einem kalten Winter mit Heizgutmangel umging, seien auf einmal Brennholz und Pellets in Fakeshops angeboten worden. «Die Täter haben schon ein sehr gutes Gespür, was gerade im illegalen Onlinehandel läuft.»
KI hilft bei der Suche nach Fakeshops
Doch auch die Zentralstelle Cybercrime schärfe ihre Werkzeuge nach: «Wir sind eine Kooperation mit einem österreichischen Forschungsinstitut eingegangen, um mit einem KI-gestützten Fakeshop-Detektor ein Stück weit schneller in die Ermittlungen einsteigen zu können.» Denn das Problem sei: «Wenn die Geschädigten zur Polizei gehen und Anzeige erstatten, gibt es den Fakeshop in den allermeisten Fällen schon nicht mehr. Wenn der Fakeshop nicht mehr im Netz zu finden ist, dann sind aber alle technischen Spuren im Grunde schon kalt.»
Ziel sei es deshalb, potenzielle Fakeshops bestenfalls zu finden, bevor überhaupt jemand geschädigt wird. Der Bereich Fakeshops habe sich deutlich professionalisiert, haben Goger und seine Kollegen beobachtet. Entsprechende technische Tools zur Erstellung eines Fakeshops könnten mittlerweile leicht erworben werden, so dass auch technisch wenig versierte Täter auf dem Feld aktiv werden können.
«Diese Technisierung führt im Ergebnis dazu, dass sämtliche Schritte des Betrugs einschließlich des Geldflusses über professionelle Geldwäschesysteme online abgewickelt werden können, rein theoretisch von überall auf der Welt mit Internetzugang.» Ermittlungen müssten deshalb häufig in vielen Ländern gleichzeitig geführt werden.
dpa