Die IT-Branche steht aktuell vor zwei grundlegenden Herausforderungen: Unternehmen müssen bei der eigenen Digitalisierung am Ball bleiben und gleichzeitig den akuten Fachkräftemangel kompensieren – um ihr Projektgeschäft durchführen können und selbst auf der Höhe der Zeit zu agieren. Ein schwieriger Spagat, bei dem das Thema Qualifizierung von Bestands-Mitarbeitenden sowie das Upskilling neuer Beschäftiger eine wesentliche Rolle spielt.
Wesentlich ist, die Anforderungen des Unternehmens, die Tätigkeit selbst und die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden in den Fokus rücken. Das Prinzip der Lernreise ermöglicht es, dass Beschäftigte ihre eigene Karriere aktiv gestalten, individuelle Chancen z.B. Lerncoachings einplanen und für Unternehmen die gesamte Qualifizierungsstrecke berechenbar bleibt.
Experten schlagen Alarm: Nur jedes zweite Unternehmen hat bereits eine Strategie entwickelt, wie es qualifizierte Mitarbeiter gezielt rekrutiert, fördert sowie möglichst langfristig hält. Cap Gemini zufolge will sogar jedes dritte Unternehmen (36 Prozent) die Investitionen in Qualifizierung/Weiterbildung in den kommenden Monaten reduzieren. Dabei müssten gerade jetzt mehr Mittel in diesen Bereich fließen, um die Belegschaft bestmöglich fitzumachen für die laufenden Umwälzungen. Der “Gallup Engagement Index” zeigt, dass der Frustrationsfaktor bei Arbeitnehmern in Deutschland sehr hoch ist. Etwa 70 Prozent der 1.400 Befragten fühlen sich nur wenig mit ihrem Job verbunden und erledigen ihre Arbeit mehr oder weniger mechanisch. Weitere 15 Prozent haben bereits innerlich aufgegeben.
Lebenslanges Lernen: Aus der Kür wird Pflicht
Dabei ist die Motivation von Mitarbeitenden zum lebenslangen Lernen hoch. Nach einer Studie der Internationalen Hochschule (IU) halten neun von zehn (88,7 Prozent) der befragten Berufstätigen lebenslanges Lernen sowohl für den betrieblichen Erfolg als auch für die individuelle berufliche Entwicklung für elementar. Fast ebenso viele (86,3 Prozent) erwarten zudem, dass persönliche Weiterbildung immer wichtiger wird. Dementsprechend hoch ist das Motivationslevel: 77,4 Prozent möchten sich selbstgesteuert weiterbilden, 88,2 Prozent eine betriebliche Weiterbildung absolvieren.
Selbstbestimmung durch das Konzept der individuellen Lernreise
Eine optimale Grundlage für die persönliche Weiterbildung bildet das Konzept der individuellen Lernreise. Es stellt den einzelnen Beschäftigten samt seiner individuellen Bedürfnisse und seinem persönlichen Lernstil (siehe Kasten: Lernstile) in den Fokus und das idealerweise lebenslang. Bedeutet: Statt Weiterbildungsmaßnahmen ohne erkennbares individuelles Ziel vorzugeben, entscheiden Mitarbeitende mit, welche Kursformate oder Seminare sie besuchen. Das birgt zahlreiche Vorteile: Beschäftigte können Kenntnisse und Fähigkeiten gezielt auf die eigenen Bedürfnisse sowie die Anforderungen ihres Arbeitsplatzes ausrichten. Durch die Beteiligung entsteht eine Transparenz zu Lernzielen und den Anforderungen der Lernsequenzen. Veränderungen lassen sich so selbstbestimmt angehen. Sind Mitarbeitende mit dem Thema und dem Format einer Weiterbildung einverstanden, sind sie automatisch motivierter, da sie sich selbstbestimmt fühlen und das Unternehmen sie als Individuum wahrnimmt.
Unternehmen profitieren von einer qualifizierten und motivierten Belegschaft, die sich den Herausforderungen des technischen Wandels und der Digitalisierung proaktiv stellt. Ein weiterer Pluspunkt individueller Lernreisen ist, dass neu erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten direkt in die Praxis umgesetzt werden, sich dementsprechend besser im Gehirn verankern können und indirekt auch im IT-Projektgeschäft gleich ihren Niederschlag finden. Davon profitieren dann auch der Kunde und das Unternehmen, das seine Marktposition angesichts kompetenter Mitarbeitender weiter festigen oder ausbauen kann.
Wie entwickelt man eine Lernreise?
Um eine individuelle Digitalisierungs-Lernreise zu entwickeln, müssen zunächst einmal Start- und Zielposition des Mitarbeitenden bekannt sein. Heißt: Welche Qualifikationen bringt er oder sie bereits mit, welche genau fehlen noch bis zum Wunschziel? Auch wenn digitale Kompetenzen gerade in der IT vorhanden sind, sind die Ausgangsberufe in der IT vielfältig: Häufig sind Menschen gemäß ihres Talents eingestellt worden. Bei generellen neuen Anforderungen können wir hier auf unterschiedliche Lerngewohnheiten stoßen, die es in der Lernreise zu berücksichtigen gilt. Und weil ein/e EntwicklerIn ganz andere Fähigkeiten als ein/e PentesterIn oder ein/e Datenschutzbeauftragter benötigt, ist es wichtig, ein jeweils tätigkeitsorientiertes Kompetenzmodell zu entwickeln: Das bündelt die erforderlichen Skills für das jeweilige Arbeitsfeld, berücksichtigt neben fachlichen Aspekten außerdem – wichtiger denn je – die erforderlichen Fähigkeiten zum Lernen und zur Veränderung.
Jeder Mensch lernt anders; je stärker das im Prinzip der Lernreise berücksichtigt wird, desto höher der Lernerfolg. Unterschieden wird zwischen folgenden Lernstilen • visuelles Lernen (Lernen durch Schauen) • auditives Lernen (Lernen durch Hören) • Lesen und Schreiben (Lernen durch Verarbeitung von Texten) • kinästhetisches Lernen (Lernen durch die Praxis, durch Bewegung). |
So entsteht das Fundament, um die Lernreise zum Aus- und Aufbau künftiger Fertigkeiten so passgenau wie möglich zu gestalten. Interessant sind darüber hinaus die Chancen, die eine Lerneise für Mensch und Unternehmen in Bezug auf Megatrends wie Dekarbonisierung beinhalten. Sie ermöglicht Lösungen auf zentrale Fragen, die den Menschen selbst zu einem Beitrag ermächtigen: Welche Fähigkeiten etwa sind erforderlich, um etwa den Prozess des Programmierens nachhaltiger und „grüner“ zu gestalten – und die Serverlast in der IT generell zu verringern? Wer das Know-how für die Entwicklung von Lernreisen nicht im Hause hat, sucht sich am besten einen externen Kompetenzpartner. Idealerweise ist er in stark online-basierten Lernreisen zuhause. Ziel muss es immer sein, persönliche Lernziele und Meilensteine zu definieren und für jede Etappe die geeignete Weiterbildung zu ermitteln.
APOLLO – endlich Durchblick im Weiterbildungsdschungel
Und genau da geht´s im HR-Alltag oft in die kritische Phase. Immerhin gibt es hierzulande mehr als 25.000 Weiterbildungsanbieter und über 160.000 zertifizierte Weiterbildungsangebote, allein 34.000 davon zum Schlagwort SAP. Aus der schieren Masse der Qualifizierungsmaßnahmen geeignetes Rüstzeug für die unterschiedlichen Lernreisen der einzelnen Beschäftigten herauszufiltern, ist eine regelrechte Sisyphus-Aufgabe und weder einem HR-ler noch den Beschäftigten zuzumuten.
Genau deshalb gibt es jetzt APOLLO, die AI-basierte, Plattformübergreifenden cOmpanion-App für Lebenslange Lern-Optimierung, ein gemeinsames Entwicklungsprojekt der Hochschule der Bayerischen Wirtschaft, der Bertelsmann Stiftung, des Bildungswerks der Bayerischen, der Baden-Württembergischen Wirtschaft und der TÜV Rheinland Akademie. Der smarte Weiterbildungsassistent ist in der Lage, anhand vorhandener Informationen aus Zeugnissen oder Lebensläufen zunächst ein individuelles Kompetenzprofil der Nutzer:in erstellen und auf dieser Basis geeignete Angebote für die Gestaltung einer individuellen Lernreise vorzuschlagen.
Mithilfe bild- und videogestützter digitaler Assessments lassen sich persönliche, soziale und digitale sowie Berufs-fachliche Skills mit wenigen Fingerstreichen erfassen und einordnen. Die App matcht anschließend das jeweilige Kompetenzprofil mit geeigneten Weiterbildungsangeboten, aus denen der Nutzer anschließend die gewünschten (Online-)Kurse und Seminare eigenständig auswählen kann. Das versetzt Mitarbeitende in die Lage, ihre berufliche Entwicklung mittel- bis langfristig eigenständig und selbstbestimmt zu planen.
Positive Nebeneffekte: Die Weiterbildungsquote steigt, PersonalerInnen werden entlastet, ungesteuerte Qualifizierungsangebote nach dem Gießkannenprinzip sind Schnee von gestern. Ziel ist es, nur noch Kurse zu buchen und zu besuchen, die für den jeweiligen Mitarbeitenden wirklich Mehrwert bieten. Tipp: Unternehmen, die einen hohen Qualifizierungsbedarf haben, aber über eher kleinere Personalentwicklungsbudets verfügen, können eine Beratung von so genannten AZAV-zertifizierten Trägern in Anspruch nehmen. Der Staat fördert anteilig Bausteine in der Personalentwicklung und bezuschusst Arbeitsentgelte während der Weiterbildung.