Die IT ist eine der Branchen, die am stärksten unter dem Mangel an Fach- und Nachwuchskräften zu leiden hat. Laut einer Ende 2022 vom Branchenverband Bitkom veröffentlichten Statistik fehlen deutschlandweit etwa 137.000 IT-Fachleute – Tendenz steigend; etwa zu sehen am Mainframe-Fachkräftemangel.
Nicht weniger bedenklich sind die Werte einer aktuellen McKinsey-Studie: Bis 2030 könnte sich allein im öffentlichen Dienst eine ähnlich große Lücke auftun. 140.000 Leute könnten bis dahin nur in diesem Bereich fehlen.
Angesichts dessen sind die letzten Jahrgänge der Generation Z und die Generation Alpha wichtige Kreise, auf die sich IT-Unternehmen zur Nachwuchssuche stützen sollten. Doch wie können diese jungen Menschen ins eigene Unternehmen gelotst werden? Das gelingt nur, wenn ihre Wünsche und Lebensrealitäten korrekt angesprochen werden. Die dafür wichtigsten Punkte haben wir auf den folgenden Zeilen portraitiert.
Alphas und Zoomer: Kurzüberblick
Verschiedene Generationen, die aus sozialen, ökonomischen und gesellschaftlichen Gründen unter ähnlichen Bedingungen aufwuchsen, werden schon seit geraumer Zeit zu Gruppen mit bestimmten Namen zusammengefasst. Bei den Generationen Z und Alpha handelt es sich dabei um folgende Geburtsjahrgänge (die exakten Jahrgänge werden von verschiedenen Stellen teils unterschiedlich interpretiert):
- Gen. Z: ca. 1997 – 2012
- Gen. α: ca. 2010 – 2025
Beides sind digital Natives, wobei die Alphas gar kein Leben ohne Smartphones, Apps, Streaming und ähnliche digitale Errungenschaften der 2010er bis heute kennenlernten.
Die Generation α wird beruflich erst in den kommenden Jahren relevant. Da sie allerdings verschiedene Schnittmengen mit den jüngsten Zoomern aufweist, kann sie auf ähnliche Weise für IT-Berufe begeistert werden.
Flexible Arbeitsorte als Kern
Für die meisten als künftige Fachkräfte relevanten Alphas und Zoomer bedeutete die Pandemie einen gravierenden Einschnitt in ihrem jungen Leben. Daher sind sie die ersten Menschen, die in Deutschland den echten Distanzunterricht kennenlernten.
Das heißt, diese Fachkräfte von morgen und übermorgen wissen bereits aus der Schul- und Hochschulzeit, dass es nicht nur Präsenzarbeit gibt. Sie haben diese Realität außerdem bei ihren Eltern und im erweiterten Umfeld erlebt – und dadurch Remote Work sozusagen von der Pike auf kennengelernt. Für sie ist es daher normal, bestimmte Arbeiten aus der Distanz zu erledigen; allerdings nicht alle, denn die Nachteile des Distanzunterrichts trafen diese Generation unmittelbar.
IT-Unternehmen, die diese jungen Fachkräfte wollen, müssen deshalb diese Arbeitsform anbieten. Keinesfalls jedoch als Zwang, sondern als optionales, flexibel gestaltbares Modell, damit jeder Einzelne die für seine Bedürfnisse am besten funktionierenden Aufteilungen herausfiltern kann. Jedoch sollte diese Flexibilität nicht zu weit gehen, denn:
Feste Strukturen und Work-Life-Balance sind wichtig
Die jungen Menschen, um die es hier geht, sind in der Hauptsache Kinder von Millennials (ca. 1980 – 1995). Als solche haben viele von ihnen ein Elternhaus erlebt, in dem das Berufliche und das Private keine richtige Trennung erfuhren, da viele Millennials erstmalig das Thema Arbeitszeiten flexibler nahmen – oftmals jedoch zum eigenen Nachteil.
Viele Zoomer und Alphas sind daher eher abgeschreckt von Jobs, in denen ständige Erreichbarkeit gefordert wird. Ebenfalls werden sie nicht von Firmen angezogen, in denen es keine strikte Trennung zwischen Arbeit und Freizeit gibt – neben Hierarchien, die oftmals so flach sind, dass kaum noch Verantwortlichkeiten erkennbar sind. Nicht zuletzt haben diese jungen Menschen bei ihren Eltern erlebt, wie diese sich mitunter von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hangelten.
Das alles führte bei den Alphas und Zoomern zu einer relativ einheitlichen Haltung: So flexibel diese Menschen das Thema Arbeitsort sehen, so wenig möchten viele von ihnen jedoch die Arbeitszeit und die Arbeit im Allgemeinen ähnlich betrachten. Sie möchten vielmehr klare und sichere Verhältnisse, feste Ansprechpartner, transparente Verantwortlichkeiten – und eben planbare Arbeitszeiten.
Die Generation Umwelt und Klima
Wer heute jung ist, kennt keine Welt vor der Klimakrise. Er kennt keine naturwissenschaftlichen Schulfächer, in denen solche Themen nicht behandelt werden. Und wo frühere Generationen eher Künstler oder Technikschaffende zum Vorbild hatten, haben diese Menschen Idole wie Greta Thunberg oder Luisa Neubauer.
Wer als Arbeitgeber für diese Personen attraktiv sein möchte, der muss daher eine buchstäblich „grüne Weste“ haben – und zwar ohne jeden Verdacht des Greenwashings. Es geht um nachhaltiges Wirtschaften in jeder Beziehung; um Verantwortung und Kompensation. Wichtig in einer Branche, die einen erheblichen Anteil am globalen Energieverbrauch hat.
Die Denkweise sollte jedoch noch breiter thematisiert werden: Zoomer und Alphas wollen nicht „irgendeinen“ Dienstwagen, sie möchten einen elektrischen Dienstwagen – was nebenher verschiedene steuerliche Vorteile bedeutet. Manche von ihnen möchten vielleicht auch kein KFZ, sondern lieber ein Dienstfahrrad, was ebenfalls gefördert wird.
Und selbst wenn sie um ihre staatliche Rentensituation wissen und daher sehr offen für betriebliche und ähnliche Angebote sind, so wollen Alphas und Zommer auch hier keine Investitionen in „irgendwas“, sondern in nachhaltige Objekte.
Das heißt, Nachhaltigkeit, sowie der Schutz von Umwelt, Klima und Natur in jeder Hinsicht sollte, für Arbeitgeber Leitsterne sein, um diese Menschen für ihr Haus zu begeistern. Übrigens sollten Arbeitgeber ebenso verstehen, dass hier eine sehr politische Generation antritt.
Das Thema Reize und Langeweile bedarf besonderer Aufmerksamkeit
Wer heute jung ist, der wuchs in einer digitalen Epoche heran, die nach Ansicht vieler von Reizüberflutungen nur so strotzt. Einige Experten fassen die letzten Zoomer und ersten Alphas sogar als „Generation TikTok“ zusammen. Für IT-Berufe hat das in zweierlei Hinsicht eine besondere Qualität:
- Diese Menschen sind mit einer enormen Menge äußerst kurzer Reize aufgewachsen; etwa besagte TikTok-Clips. Einerseits sind sie dadurch fähig, erstaunlich viele Informationen in kurzer Zeit zu verarbeiten. Andererseits werden viele von komplexeren Herausforderungen überfordert, da ihre Aufmerksamkeitsspanne vielfach deutlich gegenüber früheren Generationen reduziert ist.
- Die Technik, welche die jungen Zoomer und älteren Alphas von Kindesbeinen auf kennenlernten, stellt einen Gipfel an Usability dar. Einerseits haben sie daher ein sehr gutes Gespür dafür, ob beispielsweise ein Programm wirklich intuitiv zu bedienen ist. Andererseits jedoch fehlt es oftmals an der originären Kompetenz, mit weniger optimalen Mitteln zu arbeiten. Verstärkt wird das durch die seit langer Zeit kritisierte föderale Ungleichheit bei der Digitalisierung von Schulen.
Arbeitgeber müssen deshalb in gewissem Maß bereit sein, interne Prozesse und genutzte digitale Werkzeuge anzupassen. Andernfalls können diese schlicht nicht mit den Fachkräften von morgen kompatibel sein. Das wiederum wäre verheerend, denn neben allem anderen gehören die Mitglieder dieser Generation zu den geburtenschwächsten Jahrgängen Deutschlands.