46 Prozent der deutschen Arbeitgeberinnen haben Schwierigkeiten beim Recruiting von Mitarbeiterinnen. Damit liegt Deutschland sogar über dem europäischen Durchschnitt. Der „War for Talents“, also der Kampf um Arbeitskräfte, ist nach wie vor eines der bestimmenden Themen auf dem Arbeitsmarkt.
Aber wie äußert sich das in konkreten Zahlen und Hinweisen für Arbeitgeberinnen? Anhand einer europäischen Umfrage unter 4.371 Unternehmen beleuchtet SD Worx, der europäische Anbieter von HR- und Gehaltsabrechnungsdiensten, wie sich Unternehmen in Deutschland derzeit im Kampf um neue Mitarbeiterinnen wappnen und wie sie im europäischen Vergleich dastehen.
In zwei Dritteln deutscher Unternehmen werden freie Stellen langsamer besetzt
Der War for Talents stellt Arbeitgeberinnen auch weiterhin vor große Herausforderungen, wie die aktuelle Untersuchung von SD Worx bestätigt. So geben beispielsweise 42 Prozent der befragten europäischen Unternehmen an, dass sie Schwierigkeiten haben, Mitarbeiterinnen zu gewinnen. Für deutsche Unternehmen ist die Suche mit rund 46 Prozent schwieriger als für den europäischen Durchschnitt. Getoppt wird dies von Belgien (65 Prozent) und den Niederlanden (54 Prozent), die sehr große Probleme mit dem Recruiting haben.
Auch die eigene Platzierung als attraktiver Arbeitgeberin empfinden Unternehmen als zunehmend größere Herausforderung. So sagen über die Hälfte der deutschen Arbeitgeberinnen (55 Prozent), dass es heute komplizierter denn je ist, als attraktive Option bei Arbeitnehmerinnen wahrgenommen zu werden. Auch in diesem Punkt liegt Deutschland über dem europäischen Durchschnitt (53 Prozent). In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls gefragt, ob es heute schwieriger als noch vor ein paar Jahren sei, als Arbeitgeberin attraktiv zu sein. Dem stimmen im europäischen Durchschnitt 59 Prozent der Unternehmen zu. Deutsche Arbeitgeberinnen bejahen das sogar zu 67 Prozent, damit belegt Deutschland den Spitzenplatz. 64 Prozent der Befragten in Deutschland geben dazu an, dass es derzeit länger dauert, freie Stellen zu besetzen, dem stimmen auch sechs von zehn europäischen Arbeitgeber*innen zu.
Das Recruiting von Fachkräften ist die größte Herausforderung für deutsche Arbeitgeber*innen
Kandidatinnen mit den richtigen Fähigkeiten zu finden, stellt europäische Arbeitgeberinnen vor zusätzliche Probleme. Für 56 Prozent der befragten Unternehmen in Europa stellt dies die größte Herausforderung im War for Talents dar. Bei deutschen (61 Prozent) Arbeitgeber*innen liegt der Anteil noch darüber und ist nur in Italien (63 Prozent) und Belgien (70 Prozent) noch höher.
Im Durchschnitt sind 51 Prozent der befragten europäischen Unternehmen der Meinung, dass die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften deutlich größer ist als das Angebot. In Deutschland schließen sich dieser Aussage allerdings nur 46 Prozent der Befragten an. Damit gehört es zusammen mit Finnland und Spanien (jeweils 44 Prozent) sowie Norwegen (nur 38 Prozent) zu den Ländern, in denen die Unternehmen von diesem Problem als Erklärung für den War for Talents weniger überzeugt sind.
Neue Geschäftsmodelle und die zunehmende Digitalisierung schaffen eine steigende Nachfrage nach neuen Jobprofilen. Die neue Suche deutet auf eine sich verändernde Wirtschaft hin. Es handelt sich um eine Entwicklung, die eine gewisse Anpassung der Unternehmen erfordert, damit sie anders auf den Arbeitsmarkt reagieren können. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Unternehmen bei der Suche nach Jobkandidatinnen alternative Wege beschreiten können, indem sie beispielsweise in die Umschulung bestehender Mitarbeiterinnen investieren, damit diese eine andere Rolle oder Funktion im Unternehmen übernehmen können.
Die Umfrage zeigt jedoch, dass die Hälfte der deutschen Arbeitgeberinnen es einfach findet, Mitarbeiterinnen umzuschulen oder sie an anderer Stelle im Unternehmen einzusetzen. Dies entspricht auch dem Stimmungsbild in Europa. Im Vereinigten Königreich und in Polen (jeweils 61 Prozent) ist diese interne Mobilität sogar noch weiter verbreitet.
Fokus auf menschenorientierte HR, flexible Arbeitszeiten und finanzielle Stabilität
Die Umfrage zeigt, dass die große Mehrheit der deutschen Arbeitgeberinnen in einer Reihe von Bereichen etwas für ihre Angestellten bewirken wollen. So nennen etwa 41 Prozent der Arbeitgeberinnen Arbeitszeiten und flexible Arbeitsregelungen unter den Top 5 der wichtigsten Bereiche, um Mitarbeiterinnen für sich zu gewinnen. Arbeitsplatzsicherheit und finanzielle Stabilität gehören für 36 Prozent der befragten Unternehmen zu den wichtigsten Themen, während bei 35 Prozent der Befragten die Arbeitsatmosphäre und das soziale Umfeld im Fokus stehen. Eine sinnvolle, interessante und herausfordernde Arbeit zu bieten, sehen 29 Prozent der deutschen Arbeitgeberinnen als entscheidenden Faktor. Das Angebot von Ausbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gehört für 27 Prozent der Befragten zu einer Positionierung als attraktiver Arbeitgeberin dazu.
Unternehmen stehen heute also vor einer großen Herausforderung. Die Untersuchung bestätigt, dass Arbeitgeberinnen sowohl in Deutschland als auch europaweit bei der Suche nach den am besten geeigneten Stellenprofilen erfinderisch sein müssen. Es ist unerlässlich, die mögliche Lernkurve und die Anpassungsfähigkeit potenzieller Kandidatinnen für eine Stelle aufmerksam im Auge zu behalten. Auf diese Weise können sowohl bestehende Mitarbeiterinnen eines Unternehmens als auch neue Kandidatinnen für eine offene Stelle in Betracht gezogen werden. Die Arbeitgeberinnen müssen diesen Wechsel nicht allein bewältigen. Sie können zum Beispiel auf Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zurückgreifen oder mit Zeitverträgen arbeiten. Auf diese Weise kann es ihnen als Unternehmen trotz der großen Herausforderungen gelingen, freie Stellen zu besetzen. Gleichzeitig steigern sie so auch das Potenzial ihrer Mitarbeiterinnen.
Über die Umfrage:
Im Rahmen des War for Talents hat iVox im Auftrag von SD Worx eine Studie durchgeführt, die sich mit der Frage beschäftigt, wie europäische Arbeitgeberinnen mit der Gewinnung von Mitarbeiterinnen umgehen. Die Studie konzentriert sich auf die Attraktivität von Arbeitgeberinnen im War for Talents und untersucht, was Arbeitnehmerinnen bei einem/r Arbeitgeberin suchen und worauf diese selbst achten, um attraktive Arbeitgeberinnen zu sein/zu werden. Die Studie befasst sich mit sieben Puzzlestücken, mit denen Arbeitgeber*innen arbeiten können: Wohlbefinden und menschenorientierte HR, flexible Arbeitsorganisation, motivierende Lohnpolitik, inspirierende und aktivierende Kultur, digitaler Arbeitsplatz, Talentmanagement in nachhaltigen Karrieren und Rekrutierung.
Die Umfrage wurde im Februar und März 2022 in Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Spanien, dem Vereinigten Königreich, Schweden und der Schweiz durchgeführt. Insgesamt wurden 4.371 Unternehmen befragt. Die Stichprobe ist repräsentativ für die jeweiligen lokalen Arbeitsmärkte und hat die gleiche Zusammensetzung nach der Organisationsgröße der Unternehmen in den betreffenden Ländern.
www.sdworx.com