Zwischen all der Euphorie und Skepsis rund um Künstliche Intelligenz sollten Unternehmen nicht den Fokus verlieren. Essenziell bleiben weiterhin eine solide Datenbasis und ein strategischer Ansatz.
Bewährte Methoden wie das GROW-Modell und die SMART-Kriterien bieten hier wertvolle Orientierung, um KI erfolgreich einzusetzen.
„Passt Ihre Datenstrategie zu Ihren KI-Ambitionen?“ – diese Frage mag zwar aktuell zielführend klingen – aber ist sie auch wirklich sinnvoll? Tatsächlich spiegelt sie vor allem den aktuellen Hype wider und stellt die Technologie – in diesem Fall KI – in den Mittelpunkt aller Entscheidungen. In den Unternehmen geht es dann vorrangig darum, die Wunschvorstellungen rund um den Einsatz von KI zu erfüllen und dafür Anwendungsfälle zu finden oder gar zu konstruieren. Schließlich nutzen nach dem Ifo-Institut mittlerweile auch schon 27 Prozent der deutschen Unternehmen KI, während es im Vorjahr noch 13,3 Prozent waren.
Dabei sollte die eigentliche Frage lauten, ob die Datenstrategie überhaupt zu den Zielen des eigenen Unternehmens passt – sonst ist das Pferd schnell von hinten aufgezäumt. Noch besser wäre es, die KI- als auch die Datenstrategie an den Zielen des Unternehmens auszurichten. Am Ende dienen Daten und KI gleichermaßen dazu, Unternehmensziele effektiver und innovativer zu erreichen.
Über einen Realitätscheck zum Umsetzungsplan
Fest steht, den Dreh- und Angelpunkt einer vereinten Daten- und KI-Strategie sollten stets die Ziele eines Unternehmens bilden. Unternehmen sollten sich zunächst überlegen, welche Ziele sie ganz unabhängig von der Technologie erreichen möchten. Dabei kann KI zum Treibstoff für Wachstum und Daten wiederum zum Treibstoff für KI werden. Coaching-Methoden wie das GROW-Modell bieten einen strukturierten Rahmen, um den Einsatz von Daten und KI mit den Zielen in Einklang zu bringen.
Beim GROW-Modell gehen Unternehmen Schritt für Schritt vor, indem sie mit der Zieldefinition beginnen (Goal Setting), die aktuelle Situation analysieren (Reality Check), mögliche Optionen betrachten (Options) und schließlich einen konkreten Umsetzungsplan entwickeln (Will). Unternehmen legen demnach fest, welche ihrer Ziele sie durch die Datenstrategie unterstützen können und wollen. Anschließend ermitteln sie den aktuellen Stand ihrer Datenorganisation und blicken dabei auch auf die Daten- und Analysefähigkeiten ihrer Mitarbeitenden. Sie schauen sich an, welche Optionen aktuell offenstehen, um die Ziele zu erreichen, und setzen schließlich einen handfesten Plan mit konkreten Maßnahmen auf. Jeder dieser Schritte eröffnet damit einen Dialog, der weit über das Thema KI hinausgeht.
Smarte Ziele
Um die beste Übereinstimmung einer Datenstrategie mit den Unternehmenszielen zu erreichen, sollten die Ziele eines Unternehmens SMART sein. Dabei handelt es sich um ein Rahmenwerk, mit dem Ziele besser ausformuliert werden können: Ziele sollten hiernach spezifisch sein, indem klar definiert wird, was erreicht werden soll (specific). Sie müssen messbar sein, um Fortschritte verfolgen zu können (measurable), und erreichbar, um realistisch im Rahmen der verfügbaren Ressourcen zu bleiben (achievable). Zudem sollten sie relevant für die Unternehmensstrategie (relevant) und zeitgebunden (timely) sein, um eine Dringlichkeit und Priorisierung zu gewährleisten. Unter Beachtung dieser Kriterien können Unternehmen klare und umsetzbare Ziele entwickeln – was bei allen Arten von Zielen förderlich ist.
Der SMART-Ansatz lässt sich beispielsweise an den Nachhaltigkeitszielen eines großen Lebensmittel- und Getränkeproduzent veranschaulichen. Die Ziele könnten hier sein, die Treibhausgasemissionen bis 2025 um 20 Prozent zu reduzieren und bis 2050 die Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Zu den Maßnahmen, mit denen das Unternehmen dieses Ziel erreichen will, können die Einführung von 100 Prozent abholzungsfreien Primärlieferketten für alle Produkte und die Verwendung von 100 Prozent recycelbaren oder wiederverwendbaren Verpackungen bis 2025 sowie das Pflanzen von 200 Millionen Bäumen bis 2030 zählen.
Der Einsatz von Daten- und Analysetools kann eine hilfreiche Maßnahme sein, um die entsprechenden Prozesse zu verbessern. Möglichkeiten für die Anwendung von KI sehen Expertinnen und Experten aus dem IT- und Data Science-Bereich nach einer Umfrage auf der Snowflake World Tour 2023 in Berlin vor allem in der Informationsbeschaffung (45 %), in Chatbots (44 %) sowie Prognosen und Automatisierungen (39 %).
Ziele in Daten- und KI-Initiativen übersetzen
Die Ausrichtung auf strategische Unternehmensziele ist dabei nur der erste Schritt. Als nächstes geht es darum, zu entscheiden, welche Ziele priorisiert werden sollen. Für die Datenteams in Unternehmen gilt es, die Geschäftsziele in eigene Daten- und KI-Initiativen zu übersetzen. Dafür ist nicht nur eine Abstimmung, sondern auch eine Prioritätensetzung erforderlich. Die Datenteams müssen dabei abwägen, welche Reihenfolge für die Umsetzung den größten Nutzen erzielt.
Dabei ist es auch wichtig, die Ziele genau im jeweiligen Kontext zu verstehen. So ist ein Euro an Kosteneinsparungen nicht das gleiche wie ein Euro an generiertem Umsatz. Wenn sich ein Unternehmen in der Wachstumsphase befindet und dringend Marktanteile erobern will, sollten die Datenteams der Umsatzgenerierung Vorrang vor Kosteneinsparungen geben. In einem Abschwung, wenn es darum geht, ein Unternehmen möglichst unbeschadet durch die Krise zu navigieren, können die Prioritäten ganz anders aussehen. Die Strategie der Datenteams muss sich darauf konzentrieren, jene Initiativen zu identifizieren, zu priorisieren und umzusetzen, die die Geschäftsstrategie und -ziele am besten unterstützen.
Der Ausblick ist die Belohnung für den Aufstieg
Schließlich sollten Unternehmen auch darauf achten, bei der Identifizierung dieser Initiativen nicht nur einen Top-Down-Ansatz zu verfolgen. Vielmehr können Ideen in allen Bereichen eines Unternehmens entstehen – und das ist auch gut so. Diese Ideenvielfalt gilt es zu fördern und gleichzeitig auch auf den Prüfstand zu stellen. Ein einfaches Priorisierungsmodell ermöglicht konsistente und transparente Entscheidungsprozesse. Potenzielle Projekte oder analytische Anwendungsfälle werden anhand ihrer Übereinstimmung mit den Unternehmenszielen (einschließlich der Synergien zwischen Geschäftsbereichen und potenziellen Renditen) im Vergleich zur Komplexität des Projekts (einschließlich der Datenverfügbarkeit, des Ressourcenbedarfs und der potenziellen Risiken) bewertet.
Ein formales Priorisierungsmodell stellt sicher, dass Unternehmen ihre Initiativen gleichberechtigt und transparent bewerten und Investitionen in Projekte oder Anwendungsfälle die Unternehmensstrategie unterstützen. Den Prozess können sie dabei zentral über ein Kompetenzzentrum steuern, das den Geschäftseinheiten und Funktionsteams bei ihren Analyseanforderungen hilft. Alternativ kann der Prozess auch dezentral laufen, wobei einzelne Bereiche ihre eigenen Prioritäten setzen. Der Schlüssel liegt in der Methode, Projekte konsistent zu bewerten und den Prozess transparent in der gesamten Organisation zu kommunizieren. So wird sichergestellt, dass sich der Aufwand der Initiativen lohnt – und der Ausblick den Aufstieg wert ist.
Wie bei den meisten Innovationen gilt auch hier, einen gewissen Spielraum für Experimente zu schaffen. Nicht jedes Projekt wird beim ersten Versuch erfolgreich sein. Eine Datenstrategie sollte immer das Ziel verfolgen, eine Grundlage zu schaffen, um mehrere Ansätze zur Bewältigung von Herausforderungen zu testen, darunter auch den Einsatz verschiedener KI-Modelle und -Tools.
Mit Daten und KI erfolgreich ans Ziel
Letztendlich ist die Ausrichtung auf die Unternehmensziele auch der Schlüssel, um Unterstützung für die eigene Daten- und KI-Strategie zu gewinnen und die Finanzierung der Initiativen zu sichern. Bewährte Methoden zur Zieldefinition stellen sicher, dass die Ziele klar formuliert und realistisch erreichbar sind. Außerdem ist es wichtig, diese Ziele in konkrete Daten- und KI-Projekte zu übersetzen, die messbare Ergebnisse liefern. Gleichzeitig braucht es genügend Raum für Experimente und auch Fehlschläge, um Innovationen nachhaltig zu fördern und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Die Kombination aus klaren Zielen, einer durchdachten Strategie und der Offenheit für Neues bildet dann die Grundlage für langfristigen Erfolg – mit KI und nicht für KI.