Deutsche Unternehmen behaupten sich im internationalen Vergleich beim Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) äußerst erfolgreich.
Laut der aktuellen Deloitte-Studie „State of GenAI in the Enterprise“, die weltweit 2.773 Führungskräfte befragte, darunter 150 aus Deutschland, liegen sie insbesondere bei der Nutzungshäufigkeit von KI-Anwendungen weit über dem globalen Durchschnitt. Auch in puncto Experimentierfreude nehmen deutsche Firmen eine Spitzenposition ein und führen das internationale Ranking an.
Dr. Björn Bringmann, Leiter des deutschen Deloitte AI Institute, bestätigt diese Entwicklung: „Das anfängliche Zögern bezüglich GenAI ist hierzulande inzwischen weitgehend einem konkurrenzfähigen Ansatz gewichen, der sich den Herausforderungen bei der Einführung und Nutzung der neuen Technologie stellt.“ Der Bericht zeigt, dass deutsche Unternehmen die Einführungsphase längst hinter sich gelassen haben. Besonders auffällig: Rund 20 Prozent der befragten Firmen treiben den KI-Einsatz mit über 50 experimentellen Projekten besonders intensiv voran.
Deutschland auf Platz zwei bei der KI-Verfügbarkeit in Unternehmen
In der Bereitstellung von KI-Technologien für Mitarbeitende nimmt Deutschland ebenfalls eine Spitzenposition ein. Bei einem Viertel der befragten Unternehmen haben mehr als 60 Prozent der Angestellten Zugang zu KI-Anwendungen – ein Wert, den nur Japan mit 26 Prozent knapp übertrifft. Im Vergleich dazu liegt der weltweite Durchschnitt deutlich niedriger bei 15 Prozent.
Auch die Nutzungshäufigkeit spricht für die fortgeschrittene KI-Integration: Fast 25 Prozent der Unternehmen geben an, dass etwa 60 Prozent ihrer Belegschaft KI täglich nutzt. Das sind mehr als doppelt so viele wie der weltweite Durchschnitt von 11 Prozent.
KI-Agenten als neuer Trend – Deutschland ganz vorne dabei
Besonders rasant entwickelt sich der Bereich der autonomen KI-Agenten, die Prozesse selbstständig optimieren und ausführen können. Deutsche Unternehmen zeigen hier ein überdurchschnittlich großes Interesse: 62 Prozent der Befragten beschäftigen sich intensiv mit dieser Technologie, was Deutschland auf den zweiten Platz hinter Indien (70%) bringt.
Bemerkenswert ist zudem die Bereitschaft deutscher Unternehmen, autonom agierende KI-Agenten gezielt zu entwickeln. 35 Prozent geben an, dass sie diese Technologie bereits weitgehend oder sehr weitgehend untersuchen. Damit liegt Deutschland klar über dem weltweiten Durchschnitt von 26 Prozent und übertrifft sogar die Niederlande (34%) und Singapur (32%).
Veränderte Prioritäten: Weiterbildung statt Neueinstellungen
Die Studie zeigt auch eine klare Verschiebung der Unternehmensstrategien: Statt auf Neueinstellungen von KI-Fachkräften zu setzen, rückt die Weiterqualifizierung der bestehenden Belegschaft in den Fokus. Vor einem Jahr planten noch 30 Prozent der deutschen Unternehmen entsprechende Trainingsprogramme, inzwischen sind es 46 Prozent – mehr als der globale Durchschnitt von 43 Prozent.
Dagegen ist das Interesse an der gezielten Rekrutierung technischer Talente gesunken. In Deutschland fiel der Anteil an Unternehmen, die aktiv neue KI-Spezialisten einstellen wollen, innerhalb eines Jahres von 37 auf 32 Prozent. Global sank dieser Wert sogar noch stärker von 42 auf 33 Prozent.
Dr. Björn Bringmann fasst die Entwicklungen zusammen: „Im letzten Jahr haben wir eine deutliche Verschiebung der Prioritäten feststellen können – vor allem, was die KI-Ziele und die für KI benötigten Fachkräfte angeht. […] Noch stärker sind die Verschiebungen bei den KI-Talenten: Hier hat sich die Priorisierung klar verändert – weg von der Einstellung neuer technischer Talente, die ohnehin rar sind, hin zur Ausbildung von Mitarbeitenden und zur Umschulung der Belegschaft für den Einsatz von KI.“
Herausforderungen: Regulierungen als große Hürde
Trotz der positiven Entwicklung stehen deutsche Unternehmen weiterhin vor Herausforderungen, insbesondere im Bereich der Regulierung und Compliance. Im Vergleich zum globalen Durchschnitt (38%) sehen 43 Prozent der deutschen Unternehmen gesetzliche Vorgaben als ein zentrales Hindernis für den breiten KI-Einsatz.
„Dieser hohe Level – sowohl national als auch international – verdeutlicht die Herausforderungen, die mit komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen einhergehen und Innovationen ausbremsen können“, erklärt Bringmann. Die Notwendigkeit, in hochwertige Daten, qualifizierte Fachkräfte und eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur zu investieren, sei essenziell. Abschließend betont er: „KI ist Chefsache. Es ist unerlässlich, dass sich die jeweilige Führung mit dem Thema aktiv befasst. Nur so lassen sich langfristige Wettbewerbsvorteile sichern.“