European Payments Initiative

Wie die European Payments Initiative (EPI) E-Commerce und Marktplätze in Deutschland und Europa verändern wird

Bild: Tada Images / Shutterstock.com

Marktplatzbetreiber, Onlinehändler und Banken warten gespannt auf die Entscheidungen zur EPI. Doch worum geht es bei der Initiative genau, welche Folgen hat das Inkrafttreten für deutsche und europäische Akteure und welche weiteren Aspekte spielen eine Rolle? Romain Mazeries, CEO von MANGOPAY, beantwortet diese und weitere Fragen.

Worum geht es bei der European Payments Initiative genau?

Am EPI-Projekt, das von der EZB und der Europäischen Kommission unterstützt wird, sind 31 große europäische Banken beteiligt. Es zielt darauf ab, einen neuen europäischen Standard für die Abwicklung von Kartenzahlungen, Überweisungen, Sofortüberweisungen und mobilen Zahlungen zu schaffen, ohne die US-amerikanischen Visa- oder MasterCard-Akzeptanznetzwerke zu nutzen. Der offizielle Start erfolgte im Juli 2020, so dass EPI ein Projekt ist, das inmitten des Wirecard-Skandals reift. Dieser Umstand verleiht dem paneuropäischen Projekt eine besondere Glaubwürdigkeit – auch weil es von Banken unterstützt wird, die in der Vergangenheit die gesamte Zahlungsverkehrskette abdeckten, bevor sie ganze Bereiche des Geschäfts neuen Akteuren überließen.

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Was sind die Ziele der EPI?

Ziel der EPI ist es, eine gemeinsame Struktur zu schaffen, die als zentrale Lenkungsstelle für den Aufbau der erforderlichen Infrastruktur für das neue europäische Interbankensystem fungiert. Dieses soll langfristig die nationalen „Systeme“ ersetzen und sich dabei auf die bestehenden Akteure stützen. Das Herzstück des neuen Ansatzes ist das europäische Sofortzahlungssystem TIPS (Target instant payment settlement). Zum ersten Mal ziehen bei einem Projekt dieser Größenordnung die Banken, die Europäische Kommission, die Zentralbanken und die Behörden an einem Strang, um die europäische Souveränität im Zahlungsverkehr zu fördern. Denn Europa – und die europäischen Banken – laufen Gefahr, zwischen den technologischen Giganten USA und China in die Zange genommen zu werden, während diese den Markt nach ihren Vorstellungen gestalten.

Für eine Reihe von europäischen Banken, die noch ein inländisches Kartensystem verwenden, ist die EPI eine Möglichkeit, sich von Altsystemen zu befreien und von der besten Technologie zu profitieren. Ein Beispiel ist die Nutzung von Zahlungsdaten: Verbraucher haben zwar weniger Kontakt zu ihrer Bank als zu Google oder Apple, aber in Kombination mit den Klickdaten und anderen Nutzungsdaten von Banking-Apps und Online-Diensten sind ihre Zahlungsdaten eine wertvolle Informationsquelle rund um ihre Vorlieben, Interessen und Bedürfnisse. Doch dieses Wissen wird bisher noch kaum genutzt. Dabei könnten auch Banken – ebenso wie Big-Tech-Unternehmen es schon heute tun – Zahlungsdaten nutzen, um ihre Kunden immer spezifischer anzusprechen und maßgeschneiderte Dienstleistungen anzubieten.

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Worin besteht die technologische Herausforderung bei dieser Initiative?

Die EPI muss die neuen Zahlungsgewohnheiten der europäischen Verbraucher vollständig integrieren. Es besteht daher aus drei Komponenten: 

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  1. die Transaktion per Karte oder Banküberweisung im Sofortzahlungsmodus
  2. der Zahlungsaufforderungsdienst, der es dem Empfänger ermöglicht, eine Zahlungsaufforderung an den Schuldner zu senden
  3. die elektronischen Geldbörse, die die Karte auf dem Smartphone mit dem Zahlungsaufforderungsdienst zusammenbringt. 

Das Geschäftsmodell basiert auf Verrechnungsgebühren, die von der Europäischen Kommission erhoben werden. Damit würde das neue System den gesamten nationalen und grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr abdecken.

Welche Vorteile hätte der Erfolg der EPI für den deutschen und europäischen Markt?

Eine in Europa entwickelte gemeinsame Zahlungslösung würde die Risiken und Schwachstellen von Massenzahlungssystemen verringern. Außerdem behielten Verbraucher die Kontrolle über ihre sensiblen Zahlungsdaten und wären besser geschützt. Bei den ausländischen Akteuren, die ins Visier genommen werden, handelt es sich insbesondere um die in den USA ansässigen Unternehmen Visa und Mastercard, die in den letzten 20 Jahren eine führende Rolle im europäischen Zahlungsverkehr gespielt haben. Doch mit der massiven Digitalisierung des Sektors wächst auch die Bedrohung durch andere Akteure, die ein Auge auf den Zahlungsverkehr haben: die Tech-Giganten wie Apple, Google, Amazon oder PayPal, die über beeindruckende finanzielle Ressourcen verfügen. Darüber hinaus würde der Erfolg der EPI dazu führen, dass die Regeln dieses neuen Systems besser mit den EU-Rechtsvorschriften für Zahlungsdienste und die Ausgabe von E-Geld übereinstimmen, als die Regeln der großen internationalen Kartensysteme, die auf US-amerikanischen Regulierungskonzepten basieren.

Und gibt es auch Herausforderungen, die sich aus der EPI in Europa ergeben könnten?

Dies ist nicht das erste Mal, dass europäische Banken sich zusammenschließen. Eine ähnliche Initiative, das Monnet-Projekt, wurde 2012 gestartet, hatte aber keinen Erfolg. Probleme im Zusammenhang mit dem Geschäftsmodell und die Zurückhaltung der Europäischen Kommission ließen das Projekt scheitern. Diese Vorbehalte sind inzwischen gelöst. Dennoch besteht die Gefahr, dass das Projekt erneut an der Governance und dem Geschäftsmodell des Systems scheitert. Die spanischen Banken haben beispielsweise noch immer kein grünes Licht für die Finanzierung des Projekts gegeben, obwohl sie von Anfang an involviert sind. Die noch ungeklärten Kosten sind hier ein wichtiger Faktor, neben Finanzierungsquellen, der Rolle lokaler Netzwerke, der Weiterleitung von Zahlungsausfällen, Verbraucherschutz, Mechanismen zur Beilegung von Rückbuchungen, die Strategie zur Akzeptanz durch die Verbraucher, Governance, Technologie und Anreize für die Emittenten. All diese Themen sind in den bestehenden Plänen noch nicht berücksichtigt. Darüber hinaus muss das EPI noch die Schwächen seiner Vorgänger beheben, um eine Chance zu haben. Außerdem ist es wichtig, dass neu hinzugekommene Akteure im Zahlungsverkehr, wie z. B. Zahlungsdienstleister, die keine Kreditinstitute sind, einbezogen werden.

Selbst wenn die EPI erfolgreich sein sollte, hängen die Konsequenzen für die Händler entscheidend vom Wettbewerb ab. Durch das obligatorische Co-Badging mit der Wahl des Routings durch den Händler stehen die Systeme bei jeder Transaktion in direktem Wettbewerb. Eine ähnliche Bestimmung hat anderswo auf der Welt eine Lösung für dieses Problem geboten – und genau das ist es, was europäische Händler und Verbraucher benötigen, um von der EPI zu profitieren.

Was sind die Folgen der EPI für die Verbraucher?

Händler jeder Größe suchen nach einer vereinfachten Zahlungsintegration, idealerweise nach einer einzigen Lösung, die alle Zahlungsmethoden ihrer Kunden miteinander verbindet. Es ist schwierig, jeden Zahlungsmarkt unabhängig voneinander zu integrieren. Daher würde ein einheitliches Zahlungsnetzwerk den europäischen Händlern große Vorteile bringen. Allerdings muss die Lösung sofort verfügbar sein, da der Markt eine Echtzeit-Zahlungslösung erwartet. Um auf EPI vorbereitet zu sein, müssen die Händler genau verstehen, wie das neue System auf dem europäischen Markt funktionieren wird und was es für sie konkret bedeutet.

Für die Kunden müssen Banken und andere Zahlungsdienstleister sicherstellen, dass EPI die Zahlungsprozesse beim Online-Banking und beim Einkaufen nicht stört oder blockiert. Für die Verbraucher hingegen dürfte der neue Wettbewerb dank eines neuen europaweiten Kartensystems zu schnelleren Zahlungen und einer größeren Interoperabilität zwischen den Zahlungsdienstleistern in der EU führen. Dank dieser nativen und integrierten Lösung in Smartphones und digitalen Geldbörsen werden Zahlungen europaweit möglich. Die großen Technologieunternehmen fordern jedoch, dass den Verbrauchern die freie Wahl gelassen wird. Mit anderen Worten: Sie müssen ihre Betriebssysteme und Tools für Anwendungen von Drittanbietern öffnen, insbesondere für die NFC-Technologie, entweder von Banken oder von Zahlungsspezialisten, und zwar zu angemessenen Bedingungen und gegen Bezahlung.

Wie können sich Marktplatzbetreiber und Online-Händler am besten auf die EPI vorbereiten?

Heute fehlt es an einer klaren Ausrichtung aus operativer Sicht. Das liegt vor allem daran, dass das Projekt sich verzögert. Wenn jedoch alles unter Dach und Fach ist, müssen die Marktplätze eng mit ihren Zahlungsdienstleistern zusammenarbeiten, um die technischen Spezifikationen rasch umzusetzen. Dann steht der erfolgreichen Umsetzung der Initiative nichts mehr im Wege.

Romain

Mazeries

CEO

MANGOPAY

Romain Mazeries gründete MANGOPAY im Jahr 2013 als Geschäftsführer, erwarb seine Lizenz bei der CSSF und errichtete den Hauptsitz in Luxemburg. Fünf Jahre später, im Jahr 2018, wurde er zum CEO ernannt und skalierte MANGOPAY über Länder und Teams hinweg zu einem äußerst erfolgreichen Fintech, das kürzlich die Marke
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