Während des anhaltenden Hypes um künstliche Intelligenz bleibt das Metaverse ein faszinierendes und sich entwickelndes Konzept, dessen Tragweite und geschäftliche Potenziale noch nicht vollständig definiert sind.
Trotz vorübergehender Zurückhaltung in der Medienberichterstattung behält das Metaverse seine Anziehungskraft und signalisiert mit bahnbrechenden Projekten wie der geplanten XR-Brille Vision Pro von Apple vielversprechende Fortschritte in den Schlüsseltechnologien für seine Entwicklung.
Der vorliegende Beitrag beleuchtet die aktuellen Nutzungsmöglichkeiten des Metaversums und identifiziert Branchen, in denen bedeutendes Potenzial für Unternehmen besteht.
1. Erhöhung der Markenbekanntheit
Der Auftritt von Unternehmen im Metaverse verspricht eine erhebliche Steigerung der Markenbekanntheit und kann zudem das Unternehmensimage positiv beeinflussen. Das innovative Medium des Metaversums ermöglicht eine effektive Vermarktung von Anwendungsbeispielen, wodurch schnell eine hohe Aufmerksamkeit erzeugt werden kann. Ein Beispiel dafür ist die Deutsche Telekom, die mit Beatland bereits über 10 Millionen virtuelle Besuche verzeichnet hat. Telefónica präsentiert sich unterdessen auf Veranstaltungen wie dem Mobile World Congress im Metaverse, um ihre Innovationsführerschaft zu demonstrieren und das Image als digitale Vorreiter zu festigen.
Gleichzeitig richten Unternehmen ihren Fokus verstärkt auf die jungen Generationen, insbesondere Gen Z und Millennials, da diese derzeit die Hauptnutzer des Metaversums sind. Eine McKinsey-Studie prognostiziert zudem, dass die kommenden Generationen in den nächsten Jahren bis zu fünf Stunden täglich im Metaverse verbringen werden.
2. Erschließung neuer Verkaufskanäle
Zwischen 2020 und 2022 erlebte der Markt für NFTs eine explosive Entwicklung mit einem weltweiten Umsatzanstieg von 1,78 Millionen Euro auf 844,40 Millionen Euro. Große Marken wie Nike, Adidas und Puma nutzen gezielt ihre virtuelle Präsenz, um eigene NFT-Kollektionen einzuführen. Luxusmarken wie Gucci und Prada betreten ebenfalls den NFT-Markt und vermarkten digitale Güter über ihre virtuellen Shops im Metaverse.
Produkte können nun virtuell begutachtet und erworben werden, um sie in der physischen Welt zu nutzen. Die Verbindung von physischen und digitalen Elementen, auch als Phygital bekannt, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Unternehmen können auf diese Weise nicht nur ihre Produkte virtuell präsentieren, sondern sie auch erlebbar machen. Virtuelle Showrooms wie das Skodaverse von Skoda bieten eine innovative und immersivere Art der Produktpräsentation und schaffen somit eine nahtlose Verbindung zwischen der digitalen und realen Welt für Kunden rund um den Globus.
3. Verbesserung der Customer Experience
In den letzten Jahrzehnten hat das Internet den Kundenservice durch verschiedene Kommunikationskanäle transformiert. Das Metaverse geht jedoch einen Schritt weiter, indem es den Kunden eine dreidimensionale Interaktion ermöglicht. Dies führt zu einer persönlicheren Kundenbetreuung und höheren Kundenzufriedenheit. Die Deutsche Bahn setzt beispielsweise Metaverse-Technologien ein, um die Customer Experience zu optimieren. Gleichzeitig eröffnen Banken wie die KB Kookmin Bank virtuelle Filialen, um personalisierte Finanzinformationen bereitzustellen und Transaktionen in einer immersiven Umgebung zu ermöglichen. „Wir sehen das Metaverse unter anderem als eine Chance, neben der analogen Wegeleitung, digitale Möglichkeiten der intuitiven Navigation am Bahnhof oder am Gleis zu schaffen“, erklärt Melissa Bodtländer der DB Systel.
4. Weiterentwicklung der Mitarbeiter & Kollaboration
Das Metaverse ermöglicht Unternehmen nicht nur die Verbesserung der Mitarbeiterweiterbildung, sondern auch die Effizienzsteigerung der Zusammenarbeit. Mithilfe virtueller Kollaborationsplattformen von Zoom, Microsoft oder Meta können Teams nun standortunabhängig Ideen austauschen und in einer 3D-Umgebung diskutieren. Dr. Regina Umbach von Meta Plattforms betont: „Wir sind überzeugt davon, dass das Metaverse die Zukunft für produktive Zusammenarbeit sein wird. Deshalb schaffen wir mit Horizon Workrooms einen virtuellen Raum, der Teams im Metaversum zusammenbringt.“
Die Integration von vergleichbaren Lösungen in Fertigung und Produktion optimiert zudem Produktionsprozesse im Rahmen eines digitalen Zwillings. So wird in Kooperation zwischen der BMW Group und NVIDIA eine Produktionshalle als digitaler Zwilling ins Metaverse übertragen, wodurch Fabrikprojekte virtuell geplant und mit Hilfe von KI optimiert werden können, bevor sie in der realen Welt umgesetzt werden.
5. Aufbau einer Social Community
Das Metaverse gewinnt zunehmend an Beliebtheit als Plattform zur Bildung sozialer Gemeinschaften. Unternehmen streben danach, das Metaverse als Medium für die Schaffung eigener Communities zu nutzen, in denen sowohl sie als auch ihre Kunden aktiv werden und mitgestalten können. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist das Projekt ifland. Diese Plattform von SK Telecom hat bereits Partnerschaften mit globalen Telekommunikationsanbietern, wie der Deutschen Telekom und NTT Docomo, geschlossen und verzeichnet über 12 Millionen Nutzer. Unternehmen erkennen im Aufbau von sozialen Gemeinschaften im Metaverse eine lohnende Möglichkeit zur Positionierung und eine wachsende Bedeutung bei der Entwicklung globaler Gemeinschaften.
Metaverse: In welchen Bereichen steckt das größte Potenzial?
- Konsumgüter & Einzelhandel: Unternehmen wie Douglas, H&M und McDonald’s nutzen das Metaverse, um ihre Markenpräsenz zu stärken und neue Absatzkanäle zu erkunden. Brandbuilding-Experimente entwickeln sich langfristig zum vollwertigen Vertriebskanal im Metaverse.
- Unterhaltung & Gaming: Vielfältige Angebote um virtuelle Freizeitparks und Sportveranstaltungen wie Beatland der Deutschen Telekom und immersive NBA-Übertragungen von AT&T werden zur Steigerung der Markenbekanntheit genutzt.
- Arbeitsplatz & Netzwerk: Unternehmen fördern die Zusammenarbeit im Metaverse. So nutzt HireVue virtuelle Plattformen für die Kollaboration während des gesamten Bewerbungsprozesses.
- Gesundheitswesen & Fitness: Das Metaverse verbessert für Gesundheitsdienstleistungen und -anwendungen das Kundenerlebnis. Start-ups wie RespondEye realisieren beispielsweise mittels AR Echtzeitkommunikation zwischen Ersthelfern und Ärzten.
- Bildung & Lernen: Durch das Metaverse werden interaktive und immersive Lernanwendungen, wie am virtuellen Campus der Universität KAIST in Südkorea, ermöglicht.
- Fertigung & Wartung: Dieser Bereich zielt auf die Effizienzsteigerung von Wertschöpfungsprozessen ab. Virtuelle Simulationen in der Fertigung und AR-Technologien für Wartungsarbeiten sind ebenfalls bedeutende Anwendungsfälle.
- Tourismus & Reisen: Unternehmen wie Zaubar erweitern Reise- und Tourismusdienstleistungen im Metaverse, nutzen es als neuen Vertriebskanal und bieten dort AR-Reiseführungen an.
Die Umsatzprognosen für das Metaverse variieren stark. Statista schätzt den weltweiten Umsatz im Jahr 2030 auf 936,57 Mrd. US-Dollar, wobei Konsumgüter & Einzelhandel, gefolgt von Unterhaltung & Gaming und Arbeitsplatz & Netzwerk, die Haupttreiber dieses Wachstums sein werden.
Insgesamt ist es aufgrund der sich schnell und drastisch veränderten Landschaft von großer Bedeutung, die Entwicklungen im Metaverse aufmerksam zu verfolgen. Eine frühzeitige Strategieentwicklung ist notwendig, um in den kommenden Jahren einen Teil dieses signifikanten Einflusses auf die Gesellschaft ausüben zu können. Mit den Worten von Sebastian Kuehne, Co-Founder von RAUM virtual Collaboration: „Heute ist es entscheidend, die ersten Schritte zu gehen und auszuloten, welche Bereiche des Metaverse Risiken und Chancen bieten. Mit dem Tsunami an Disruptionen am Horizont sollte man Surfen lernen, bevor einem das Wasser bis zum Hals steht. – Handeln sollte man heute!“