Der europäische Markt für die Auslagerung der Wartung von IT-Infrastrukturen gewinnt an Schwung und hat nicht die Absicht, aufzuhören. Auch Polen strebt danach, auf diesen rasanten Zug aufzuspringen. Einem Bericht des Forschungsunternehmens Arizton zufolge muss das Land jedoch auf grüne Technologien setzen, wenn es sich an die Spitze der Colocation-Dienstleister setzen und dort bleiben will.
Die Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI), das Internet der Dinge (IoT), die fortgeschrittene Robotik und die Revolution der Industrie 4.0 bringen unter anderem die Notwendigkeit mit sich, riesige Datenmengen zu übertragen und zu verarbeiten. Angesichts der erheblich gestiegenen Energiekosten sowie der Grundstücks- und Ausrüstungspreise für Neuentwicklungen sind die Unternehmen in den EU-Ländern zunehmend daran interessiert, ihre IT-Infrastruktur nicht mehr ausschließlich in ihren eigenen Serverräumen unterzubringen. Darüber hinaus suchen sie nach alternativen Märkten, wo sie ihre ITK-Infrastruktur betreiben können.
Das Marktforschungsunternehmen Arizton hat die von den europäischen Rechenzentrumsbetreibern zur Verfügung gestellten Daten zu Investitionen und Zustand der Infrastruktur untersucht. Die Analyse ergab, dass der Hauptgrund für das Wachstum von Colocation-Diensten, auch bekannt als Hosting, darin liegt, dass die Kunden ihre Betriebskosten besser im Blick haben und gleichzeitig von zusätzlichen IT-Supportdiensten profitieren. Zumal Unternehmen es sich nicht immer leisten können, einen eigenen Serverraum mit der richtigen Rechenleistung und Schutzmaßnahmen gegen Stromausfälle oder die Auswirkungen von Naturkatastrophen einzurichten.
Die einzelnen Märkte im Überblick
Arizton geht davon aus, dass der Colocation-Markt in Europa zwischen 2022 und 2027 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 6,19 Prozent erreichen wird. Den für die Erstellung des Berichts verantwortlichen Experten zufolge wird das Jahr 2022 ein Rekordjahr für den Wert des Sektors sein. Es wird geschätzt, dass der europäische Markt 8,2 Milliarden USD erreichen wird. Und das ist nur der Anfang der guten Nachrichten. In spätestens fünf Jahren werden es bereits 11,8 Mrd. USD sein – ein Anstieg von 44 Prozent.
Europa, insbesondere der FLAPD-Markt, gehört zu den wichtigsten Colocation-Märkten weltweit und verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr eine erhebliche Colocation-Nachfrage, ebenso wie sekundäre Märkte wie Italien, Spanien, Schweden, Norwegen, Polen und Österreich. Aufgrund der niedrigen Stromkosten, der Verfügbarkeit von kostenloser Kühlung sowie staatlicher Maßnahmen und Anreize sind die nordischen Länder ein beliebtes Investitionsziel. In Mittel- und Osteuropa ist Polen ein schnell wachsender Markt und entwickelt sich zu einem regionalen Expansions-Hotspot für Hyperscaler. Das treibt auch die Nachfrage nach Wholesale-Colocation in die Höhe.
„Der Wert der Nachfrage nach Colocation-Diensten wird in den am weitesten entwickelten Zentren wachsen: in Frankfurt, London, Amsterdam, Paris und Dublin. In diesen Metropolen wird jedoch das Phänomen des Mangels an einer ausreichenden Anzahl von Einrichtungen und des eingeschränkten Zugangs zu Stromkapazitäten, die die Bereitstellung weiterer Einrichtungen ermöglichen, immer deutlicher, während gleichzeitig die Gesamtnachfrage nach Colocation-Diensten außerhalb dieser Märkte stetig wächst. Dafür gibt es mehrere Gründe: die hohen Kosten für die Instandhaltung der Anlagen, die explodierenden Energiepreise sowie der Mangel an Grundstücken und Energieressourcen, auf denen neue Standorte gebaut werden könnten,“ erläutert Wojciech Stramski, CEO von nachhaltigen Rechenzentrumsanbieter aus Polen Beyond.pl, die Lage genauer.
Neuinvestitionen auf dem Vormarsch
Den Experten von Arizton zufolge ist der Colocation-Markt bereits stark umkämpft. Viele Anbieter investieren in neue Rechenzentren und erweitern bestehende, um der Marktnachfrage gerecht zu werden. Die Erweiterung bestehender Rechenzentren kann unter Investitionsgesichtspunkten manchmal rentabler sein als die Aufrüstung von Einrichtungen, die seit mehr als zehn Jahren auf dem Markt sind, als Nachhaltigkeit und Verbesserung der Energieeffizienz noch weniger im Blickfeld der Betreiber waren. Ein Großteil der in der Europäischen Union betriebenen Rechenzentren ist heute veraltet und erfordert kostspielige Aufrüstungen der Infrastruktur oder der Systeme zur Verwaltung und Wartung des Rechenzentrums.
Darüber hinaus investieren neue Akteure Millionen von Dollar in den Bau neuer Rechenzentrumsanlagen, nicht mehr nur in den westeuropäischen Ländern, sondern auf dem ganzen Kontinent. Nach Ansicht von Arizton werden die von den Behörden geschaffenen Bedingungen bestimmen, wo die meisten neuen Rechenzentren gebaut werden. Schlüsselfaktoren werden die Verfügbarkeit von Investitionsflächen mit Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur sowie Verfahrenserleichterungen im Bereich der Gesetzgebung sein.
Polen auf der Jagd nach der Spitze
Polen gewinnt zunehmend an Bedeutung in dem Markt. Aritzon bezeichnet das Land als „aufstrebenden Markt“ und stellt es an die Spitze der Länder, in denen die Nachfrage nach Colocation-Diensten deutlich steigen wird. Polen ist bereits eine eindeutige Marktmacht in der Region Mittel- und Osteuropa. Das Land wird von den größten Akteuren der Rechenzentrumsbranche mit wachsendem Interesse betrachtet, was sich in der Entstehung neuer lokaler Zonen manifestiert. Interessant sind dabei vor allem die Bereiche der Verfügbarkeit, die eine Datenverarbeitung nach lokalem Recht ermöglichen, unter Nutzung der lokalen IT-Infrastruktur einschließlich Rechenleistung, Massenspeicher, Datenbank und anderer ausgewählter Dienstleistungen.
Es wird geschätzt, dass in Polen die kumulative jährliche Wachstumsrate (CAGR) für den Rechenzentrumssektor in den Jahren 2022-27 6,88 Prozent beträgt. Das ist höher als die Entwicklungsrate des deutschen Marktes (4,67 Prozent) oder des slowakischen Marktes (5,57 Prozent) und auch höher als der europäische Durchschnitt (6,19 Prozent). Die Autoren des Berichts stellen fest, dass Polen bereits jetzt in der Lage ist, eine gleichwertige Colocation-Alternative zu den reifen Märkten anzubieten.
„Die Position Polens nimmt eindeutig zu, und es wird erwartet, dass sich dieser Trend noch verstärken wird. Die Wettbewerbsvorteile von Colocation-Diensten in Rechenzentren in unserem Land sind die ebenso hohe Qualität wie im Westen, die geografische Lage, die optimale Datentransferzeiten zwischen Ost und West gewährleistet, die moderne und sichere Infrastruktur der Rechenzentren und die Möglichkeit der Kostenoptimierung. Wir verfügen nicht nur über qualifizierte Fachkräfte, sondern einige Rechenzentren gehören auch zu den besten in Europa, was das Sicherheitsniveau und den PUE-Indikator, d. h. die Energieeffizienz, angeht,“ so Wojciech Stramski weiter.
Umweltbewusstsein als Top-Priorität
Nach Ansicht der Arizton-Experten wird die Kategorie, die die neue Ordnung auf dem europäischen Markt für Rechenzentren in der kommenden Zeit bestimmen wird, die Umweltverantwortung sein. Sie sehen das Ende der Rechenzentren voraus, die sich ausschließlich auf die Steigerung der Rechenleistung konzentrieren und Energieeffizienz und Ökologie vernachlässigen.
„Dieser Ansatz wird auf Dauer nicht tragfähig sein. Da die Kunden zunehmend Wert darauf legen, den CO2-Fußabdruck von IT-Dienstleistern zu minimieren, ist es gängige Praxis, die IKT-Infrastruktur in Rechenzentren unterzubringen, die geringe CO2-Anforderungen erfüllen. Mit Blick auf die Zukunft wird neben der Datensicherheit und der hohen Leistung auch der Umweltschutz zum Standard für Rechenzentren. Dabei geht es nicht nur um die Einhaltung der von der Europäischen Union festgelegten Anforderungen, sondern vor allem um die Verantwortung für die Lebensbedingungen künftiger Generationen,“ fügt Wojciech Stramski hinzu.
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