Zwischen Energiekrise, unterbrochenen Lieferketten und Fachkräftemangel schnallen aktuell viele Unternehmen den Gürtel enger. „Das ist verständlich, aber nicht die einzige Lösung“, sagt Annette Maier von UiPath. „Gerade jetzt sollten Unternehmen in Automatisierung investieren, um effizient zu wirtschaften und gestärkt aus der Krise hervorzugehen.“
Frau Maier, viele Unternehmen blicken besorgt ins neue Jahr – steigende Kosten für Energie und Rohstoffe sowie unterbrochene Lieferketten bringen große Herausforderungen. Welche Rolle kann Technologie übernehmen, um die Krise abzufedern?
Annette Maier: In Gesprächen mit unseren Kunden haben wir erfahren, dass viele nun kurzfristige Sparprogramme aufsetzen. Das ist nachvollziehbar, jedoch sollten wir weiterhin darauf achten, uns der technischen Möglichkeiten zu bedienen. Software-Tools können dauerhaft große Mengen an Daten aus unterschiedlichen Systemen erheben und auswerten. Allein diese Einblicke können Unternehmen wertvolle Vorteile am Markt bringen. Gleichzeitig sollten Unternehmen Automatisierung zu einer Priorität machen – grundsätzlich und besonders in der aktuellen wirtschaftlichen Lage, denn sie zeigt schnell den Return on Investment.
Warum sollten Unternehmen jetzt in Automatisierung investieren? Welche kurzfristigen Vorteile können daraus entstehen?
Annette Maier: Schon vor der aktuellen Krise bestand ein großer Fachkräftemangel. Ich kenne kaum ein Unternehmen, das nicht davon betroffen ist. Durch den aktuellen Kostendruck können diese Stellen kurzfristig nicht besetzt werden, selbst wenn es Fachkräfte gäbe. Automatisierung kann hier eine große Hilfe sein. Mit Software-Automatisierung können Prozesse an einen virtuellen Kollegen abgegeben werden. Die Software-Bots arbeiten präzise, fehlerfrei und bei Bedarf ununterbrochen. So werden wichtige, administrative Aufgaben beständig erledigt und Mitarbeitende können sich auf andere hochwertige Aufgaben konzentrieren, die direkt zum Unternehmenserfolg beitragen.
Welche Schritte müssen Unternehmen gehen, um Software-Automatisierung zu implementieren?
Annette Maier: Eine wichtige Voraussetzung ist zunächst, dass Unternehmen Prozesse identifizieren, die automatisiert werden können. Hier setzet UiPath an. In enger Absprache mit den verschiedenen Abteilungen sowie unter der Leitung der unternehmensinternen IT-Abteilung werden mittels Process Mining und Task Mining zunächst alle Prozesse ermittelt. Das ähnelt manchmal Detektivarbeit, denn viele Prozesse sind nicht formalisiert, sondern ergeben sich über die Jahre. Am Ende ergibt sich eine lange Liste mit Prozessen. Im nächsten Schritt werden diese Prozesse in einer sogenannten Heatmap geclustert. Hierbei wird Unterschieden, wie groß das Automatisierungspotenzial der jeweiligen Aufgabe ist. Erst, wenn diese Vorarbeit getan ist, kann die Software-Automatisierung implementiert werden.
Wie genau wird die Automatisierung dann implementiert? Müssen Unternehmen ihre gesamte IT umstrukturieren, um Automatisierung zu nutzen?
Annette Maier: Auf keinen Fall! Unsere Automatisierungen laufen über eine Plattform, die mit vielen verschiedenen Programmierschnittstellen ausgestattet ist. UiPath hat über 250 solcher APIs, die mit der meisten Unternehmenssoftware kompatibel sind. Es ist zum Beispiel möglich, UiPath mit SAP zu verbinden. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedenen Arten von Automatisierungen: Automatisierungen, die von IT-Fachkräften programmiert und zentralisiert über ein Center of Excellence zur Verfügung gestellt werden sowie Automatisierungen, die von Citizen Developern erstellt werden.
Im Kontext der aktuellen Einsparungen implementieren unsere Kunden häufig zunächst einfache Automatisierungen über das Center of Excellence. Ursprünglich waren es Abteilungen wie die Personal-, Finanz- und IT-Abteilung, die Automatisierungsprojekte in die Wege geleitet haben. Was wir heute jedoch vermehrt beobachten, ist, dass Unternehmen der Automatisierung auf den höchsten Ebenen des Unternehmens Priorität einräumen. Wenn Automatisierungsprojekte die Aufmerksamkeit der Chefetage haben, können Unternehmen ihre Automatisierungen schneller skalieren und unternehmensweite Vorteile realisieren, die nicht unbedingt auf eine einzelne Abteilung beschränkt sind.
Je nach Größe des Unternehmens und Umfang der Automatisierungen kann der gesamte Prozess vom Aufdecken der Prozesse, der Auswahl und Automatisierung in wenigen Monaten abgeschlossen sein. Sobald die Software-Roboter integriert sind, erfüllen sie beständig ihre Aufgabe. Unternehmen können also recht schnell den Return on Investment erkennen.
Gehen wir davon aus, dass ein Unternehmen die wirtschaftlichen Herausforderungen gut überstanden hat und Automatisierung nun vertieft nutzen möchte. Wie sollte das Unternehmen vorgehen?
Annette Maier: Ich erwähnte eben die Citizen Developer. Dies ist ein spannendes Programm, mit dem Führungskräfte ihre Angestellten befähigen und in den gesamten Automatisierungsprozess einbeziehen können. Im Gegensatz zu den IT-Fachkräften sind Citizen Developer Fachkräfte aus verschiedenen Abteilungen, etwa der Personal-, Rechts- oder Finanzabteilung. Sie können einen achtwöchigen Onlinekurs durchlaufen und dabei lernen, wie sie selbst Automatisierungen erstellen können. Das globale Marketingunternehmen Dentsu hat rund 800 Mitarbeitende geschult, eigene Automationen zu bauen. Die Angestellten können nun kreativer arbeiten und neue Kunden gewinnen.
Die UiPath-Plattform basiert auf Low Code – die Angestellten müssen also nicht erst eine Programmiersprache lernen, sondern können die Automatisierungen mittels Drag and Drop erstellen. Wichtig ist jedoch, dass sie ein Automation Mindset entwickeln. Sie lernen einerseits zu erkennen, welche Prozesse automatisiert werden können und andererseits, welcher Logik eine solche Automatisierung folgt, damit sie funktioniert und dauerhaft läuft. All diese Automatisierungen sollten schließlich in das Center of Excellence eingebunden werden, damit sie dort gepflegt werden können und Unternehmen das Risiko einer Schatten-IT vermeiden.
Auch bei den professionellen Automatisierungen gibt es weiteres Potenzial. Zum Beispiel kann das Document Understanding in Automatisierung eingebunden werden. Eine künstliche Intelligenz kann Dokumente nicht nur erfassen, sondern auch analysieren – zum Beispiel Verträge, Rechnungen oder Onboarding-Dokumente. In Automatisierung steckt ein großes Potenzial. An Automatisierung führt künftig kaum ein Weg vorbei. Unternehmen sollten sich dieser Möglichkeiten zu Nutze machen.