Für alle, die Verantwortung für die IT-Ausstattung in einem Unternehmen tragen, stehen bei Software-Projekten meist harte Fakten im Vordergrund: Welchen Funktionsumfang hat die Software? Bietet sie das, was wir benötigen? Wie lange braucht es, bis Mitarbeitende sie beherrschen?
Dass Software noch ganz andere – grundlegendere – Funktionen erfüllen kann, ist vielen gar nicht bewusst. Denn mit ihr ist eine echte Beziehung möglich, die motiviert und durch die Arbeit effizienter wird. Wie das gelingt, beschreibt Thomas Latus, Gründer und Geschäftsführer von modulr.design.
Die Pflicht: Software als gutes Werkzeug
Die Disziplin, die sich darum kümmert, dass eine Software gut wird, nennt sich “User Experience”, kurz UX. Dabei werden folgende Punkte und Fragen systematisch erörtert und fließen dann in die Konzeption der Software ein:
- Zielgruppe: Für wen ist die Software? Wer wird sie also letztendlich benutzen?
- Bedürfnisse: Womit haben diese Leute derzeit besonders zu kämpfen? Und wie kann die neue Software hier Abhilfe schaffen?
- Prioritäten: Welche Funktionen bringen die höchsten Effizienz-Gewinne? Welche sind dagegen wünschenswert, notfalls aber auch verzichtbar?
- Bedienbarkeit: Wie muss die Oberfläche gestaltet sein, damit man sie möglichst intuitiv bedienen kann, also ohne Schulungen oder Einführungsvideos?
Ein professioneller Prozess beinhaltet also eine gründliche Bedarfsanalyse, eine klare Prioritäten-Liste sowie ausführliche Nutzertests, mit denen Prototypen der Software auf Herz und Nieren geprüft werden.
So weit, so bekannt. Auf diese Weise lässt sich gute Software erstellen, die ihren Dienst tut – mehr aber auch nicht: Denn für großartige Software fehlt es an einer wichtigen Eigenschaft: Beziehungsfähigkeit.
Die Kür: Software als treuer Partner
Warum sollte man sich mit guter Software nicht zufriedengeben? Weil sie so viel mehr bewirken kann: Sie kann das Selbstwertgefühl und die Zufriedenheit von Mitarbeitenden erhöhen, das Team-Gefühl und die Zusammenarbeit miteinander verbessern und die Bindung zum Unternehmen stärken. Um all dies zu erfüllen, gibt es eine wichtige Voraussetzung: Mitarbeitende müssen eine emotionale Beziehung mit der Software eingehen und sie wie einen treuen Partner wahrnehmen. Wie aber kann dies gelingen? Mithilfe folgender Bestandteile:
1. Eine helfende Hand, von Anfang an
Der Spruch “Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck” trifft auch auf Software zu: Die ersten Berührungspunkte mit einer neuen Anwendung prägen die Beziehung zu ihr nachhaltig:
- Registrierung: Ist der Prozess zum Anmelden einfach und verständlich? Wie herzlich werde ich als Neuling begrüßt?
- Einführung: Ist ein kleiner Rundgang zu den wichtigsten Bereichen und Funktionen integraler Bestandteil der Software? Weiß ich auf Anhieb, wo ich mir zusätzliche Hilfe holen kann, wenn ich sie brauche?
- Kontextbasierte Hilfe: Gibt es immer ein Hilfeangebot, wenn ich nicht weiterkomme? Sind die Hilfetexte gut und verständlich geschrieben?
2. Das Bestehen der Bewährungsprobe
Der Eindruck, dass Software ein treuer Partner ist, wird durch ihre Nützlichkeit und Bedienbarkeit gefestigt: Je mehr Mitarbeitende das Gefühl haben, dass sie dank der Software bessere Arbeit in kürzerer Zeit machen können, desto stärker wird auch die emotionale Bindung zu ihr. Verstärkt wird diese Bindung durch Bestandteile, welche die Gefühlswelt der Mitarbeitenden positiv beeinflussen:
- Lob & Bestätigung: Wenn Software positives Feedback für erledigte Aufgaben gibt und Geschafftes in ansprechender Form darstellt, wachsen Selbstwertgefühl und Zufriedenheit.
- Tipps & Motivation: Gute Software gibt hilfreiche Tipps an der richtigen Stelle – und motiviert Mitarbeitende, sich stets neue Funktionen anzueignen und immer effizienter im Umfang mit der Software zu werden.
- Zusammenarbeit: Bei einem professionellen UX-Prozess wird immer berücksichtigt, welche Berührungspunkte Mitarbeitende mit anderen Menschen im Unternehmen und außerhalb davon haben – was Kommunikation und Kollaboration erleichtert. Weniger Informationsverlust und unnötige Konflikte sind die Folge.
- Gestaltung & Animationen: Oft als reines Schmückwerk verpönt, können eine ansprechende Gestaltung im Corporate Design sowie Animationen, die sowohl hilfreich als auch schön anzusehen sind, das Arbeiten in der Software sehr viel angenehmer gestalten – und somit die Bindung ebenfalls stärken.
- Sprache: Wie die Gestaltung werden auch die Texte von Software häufig vernachlässigt – dabei sind sie doch der kommunikative Kitt zwischen Software und Mitarbeitenden! Wenn die Texte nützlich, zielführend und verständlich sind und die Tonalität wertschätzend und freundlich ist, dann wirkt die “Persönlichkeit” der Software selbst gleich viel sympathischer.
Fazit: Der wünschenswerte Domino-Effekt
Wenn bei der Software-Entwicklung anerkannt wird, dass wir Menschen emotionale Wesen sind und dass unser Verhalten erwiesenermaßen viel Stärker von Gefühlen geprägt ist als von rationalen Gedanken, dann können wir Software für Mitarbeitende entwickeln, mit der eine richtige Beziehung möglich ist – eine Partnerschaft, die einen wünschenswerten Domino-Effekt auslöst:
- Mitarbeitende merken, dass sie mehr Aufgaben in weniger Zeit erledigen können.
- Sie erleben zudem, dass ihre Erfolge gefeiert und sie zum Lernen motiviert werden.
- Dadurch steigen Selbstwertgefühl, Zufriedenheit und Engagement.
- Zufriedene Mitarbeitende, die weniger Stress, Langeweile, Missverständnisse und Frust erleiden, sind seltener von Burnout und anderen psychisch bedingten Krankheiten betroffen – und machen seltener “Dienst nach Vorschrift”.
- Diese Effekte wiederum, kombiniert mit der Effizienzsteigerung durch automatisierte Prozesse der Software selbst, sorgen für eine deutlich erhöhte Produktivität.
Der “Wohlfühlfaktor” einer Software ist daher mehr als eine Randnotiz wert: Richtig integriert kann er einen riesigen Mehrwert für beide Seiten bedeuten: Mitarbeitende und Unternehmen.