Der Beruf des Data Scientists wurde einst als der „attraktivste Job des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet. Wer sich jedoch den Alltag von Datenwissenschaftlern in der Praxis genauer ansieht, kann daran Zweifel bekommen: Die Ergebnisse einer Studie von IDC aus dem Jahr 2019 zeigen, dass diese Experten im Durchschnitt 67 Prozent ihrer Zeit mit der Suche und der Aufbereitung von Daten verbringen.
Bezogen auf einen durchschnittlichen Arbeitstag in Deutschland wären dies täglich 5,5 Stunden, die nur für die Datenverwaltung aufgewendet werden.
In der gleichen Studie berichtet IDC davon, dass Datenarbeiter nur 12 Prozent ihrer Zeit nutzen, um Erkenntnisse zu vermitteln – das ist gerade einmal eine Stunde am Tag. Damit verwenden Datenexperten nur einen Bruchteil ihrer Zeit für ihre Kernaufgabe, nämlich aus Daten umsetzbare Erkenntnisse zu gewinnen. Insbesondere während der Corona-Krise sind Unternehmen auf Daten angewiesen, die möglichst schnell vorliegen müssen.
Machen Unternehmen so weiter wie bisher, wird die Zeit ihrer Datenexperten immer mehr von Verwaltungsaufgaben verschlungen, da die Datenmengen kontinuierlich ansteigen. Der Datenzuwachs führt meist zu mehr Datensilos, da Abteilungen schwer nachvollziehen können, welche Daten erzeugt und wo diese gespeichert werden. Datensilos führen wiederum zu unvollständigen Datensätzen, wodurch sich die Qualität und Bedeutung der Daten verringert. Die Folge: In Organisationen entsteht ein Datenchaos, für das sich die Datenarbeiter verantwortlich fühlen und deshalb möglicherweise noch mehr Zeit für die Bereinigung aufwenden.
Diese Situation wird aktuell durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie noch verstärkt, da durch die vielen Marktveränderungen mehr Daten aus internen und externen Quellen zu verarbeiten sind. Die Folge sind noch mehr Datensilos und ein Datenchaos, das sich ungehindert ausbreitet.
Unternehmen versuchen auf Basis ihrer operativen Kennzahlen zu verstehen, welche Auswirkungen die Pandemie auf sie hat. Daher ist der Zugang zu genauen und vertrauenswürdigen Daten aktuell wichtiger denn je. Nur mit schnell verfügbaren Informationen lassen sich passende Strategien zur aktuellen Lage entwickeln
Vollständige Daten sind wichtig
Auch eine unvollständige Sicht auf Daten oder eine voreingenommene Interpretation, bei der der Anwender nur sieht, was er sehen möchte, kann negative Folgen für die Entscheidungsfindung haben. Erst mit einem vollständigen und fundierten Überblick zu einer Situation können Datenexperten nutzbare Fakten liefern.
Datenintelligenz – die verpasste Chance
Aufgrund des weltweiten IT-Fachkräftemangels wird die Zeit der Datenexperten noch mehr vereinnahmt. Der Industrieverband Bitkom hat festgestellt, dass es im Jahr 2019 in Deutschland 124.000 unbesetzte Stellen für IT-Experten gab, ein Anstieg von 51 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die Zahlen der EU spiegeln diesen Bedarf wider: Gab es 2018 noch 5,7 Millionen Datenarbeiter, wuchs die Zahl 2019 schon auf 10,9 Millionen. Ohne ein vollständiges Team von Datenexperten fallen Dateninitiativen weiterhin auf die Schultern einer begrenzten Anzahl von Personen, die die Aufgaben bewältigen müssen.
Organisationen sollten daher versuchen, nicht nur weitere Ressourcen zu gewinnen und ihre Mitarbeiter zu qualifizieren, sondern auch Wege finden, damit ihre bereits vorhandenen Experten effizienter arbeiten können. Denn wenn viel Zeit für das Datenmanagement aufgewendet werden muss, werden andere wichtige Aufgaben wie die Datenanalyse und die Datenstrategie vernachlässigt. Dies kann zu einer Produktivitätskrise führen, wodurch sich Einnahmen und Innovationskraft verringern, das Kundenerlebnis sich verschlechtert und höhere Kosten und Risiken entstehen.
Ein Ausweg bietet das Konzept von mehr „Datenintelligenz“. Die Analysten von IDC definieren dies als die Fähigkeit, geschäftliche, technische und operative Metadaten zu nutzen, um Transparenz über Datenprofile, Klassifizierungen, Qualität, Standorte, Abstammung und Kontext zu schaffen. Somit lassen sich Menschen, Prozesse und Technologien mit vertrauenswürdigen und zuverlässigen Daten versorgen. Wenn Unternehmen einen Schwerpunkt auf Datenintelligenz legen, müssen Datenexperten nicht länger Stunden mit dem Suchen, Sortieren und Aufbereiten von Daten aus dem gesamten Unternehmen aufwenden. Stattdessen können sie die Geschäftsdaten als zuverlässige Quelle betrachten und ihre Arbeit auf die Bereitstellung wichtiger Geschäftseinblicke konzentrieren.
Vom Datenchaos zu Datenintelligenz
Ein weiter Erfolgsfaktor ist der Einsatz von Software-Werkzeugen für die verbesserte Zusammenarbeit. Damit lässt sich die Verwandlung von Daten zu wertvollen Ressourcen erleichtern, beispielsweises durch Funktionen wie eine Dokumentation zu Datensätzen, einer Qualitätskontrolle sowie die leichtere Auffindbarkeit von Daten. Durch den Einsatz dieser Tools können Daten aus verschiedenen Quellen, einschließlich Silos, lokalisiert werden. Mitarbeiter erhalten über eine zentrale Plattform Zugriff auf diese wiederverwendbaren und gemeinsam nutzbaren Datenbestände.
Aus Sicht der Anwender sollte die Datenanalyse genauso einfach möglich sein, wie sich heute im Internet Suchmaschinen bedienen lassen. Auch beim Online-Shopping erhalten Kunden mit nur wenigen Klicks das beste Angebot und können sich über die Bewertungen anderer Käufer einen Überblick zur Produktqualität verschaffen. Datenprofis sollten bei ihren Analysen ähnlich klare Einblicke erhalten, die ihnen helfen, präzise Analysen zu entwickeln.
Fazit
Daten gelten als ein wertvolles Gut, um Organisationen in der Pandemie zu unterstützen. Viele Unternehmen versäumen es jedoch, in diesen schwierigen Zeiten all ihre Möglichkeiten auszuschöpfen. Datenarbeiter sind mit dem Datenmanagement überlastet und ihnen bleibt nur wenig Zeit für Analysen. Zu kurz kommt deshalb die Unterstützung datenbasierter Geschäftsstrategien, mit denen Unternehmen sich so positionieren könnten, dass sie die Krise schneller überwinden. Investitionen in die richtigen Werkzeuge helfen den Datenexperten, Effizienz- und Produktivitätsprobleme von Anfang an anzugehen.