Ein US-Bundesgericht hat ein Gesetz des Bundesstaates Ohio dauerhaft gekippt, das Minderjährige unter 16 Jahren dazu verpflichtet hätte, vor der Nutzung von Social-Media-Plattformen die Zustimmung ihrer Eltern einzuholen.
Die Entscheidung markiert einen weiteren Rückschlag für politische Vorstöße, den Zugang junger Nutzerinnen und Nutzer zu digitalen Plattformen stärker zu reglementieren (via Pressetext).
Verfassungswidrigkeit festgestellt
Die zentrale Begründung des Richters Algenon Marbley war deutlich: „Dieses Gericht ist der Ansicht, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form nicht verfassungskonform ist und verfassungsrechtliche Mängel aufweist.“ Marbley verwies in seiner Urteilsbegründung darauf, dass selbst die „nobelsten Bestrebungen der Regierung zum Schutz ihrer Bürger“ im Rahmen der US-Verfassung bleiben müssten.
Besonderes Gewicht legte der Richter auf den grundsätzlichen Konflikt zwischen zwei wichtigen Rechten: „Das Gesetz befindet sich an der Schnittstelle zweier unbestreitbarer Rechte: dem Recht von Kindern auf ein erhebliches Maß an Meinungs- und Ausdrucksfreiheit gemäß dem Ersten Verfassungszusatz und dem Recht der Eltern, die Erziehung ihrer Kinder frei von unnötigen staatlichen Eingriffen zu bestimmen.“
Klage von Tech-Industrie-Verband
Ausgelöst wurde das Verfahren durch eine Klage von NetChoice, einem Interessenverband der Tech-Branche. Der Verband vertritt Unternehmen wie Meta, TikTok und Snapchat und setzt sich für freie Meinungsäußerung sowie marktwirtschaftliche Prinzipien im Internet ein. NetChoice argumentierte, das Gesetz sei zu weitreichend und vage formuliert und verletze zentrale Grundrechte.
Chris Marchese, der juristische Leiter von NetChoice, begrüßte das Urteil mit den Worten: „Die Entscheidung bestätigt, dass der Erste Verfassungszusatz sowohl das Recht von Websites auf die Verbreitung von Inhalten als auch das Recht der Amerikaner auf freie Meinungsäußerung im Internet schützt und dass der Gesetzgeber die verfassungsmäßigen Rechte respektieren muss.“
Schutzmaßnahme mit umstrittener Wirkung
Das Vorhaben war Teil des über 86 Milliarden Dollar schweren Staatshaushalts von Ohio und wurde im Juli 2023 vom republikanischen Gouverneur Mike DeWine unterzeichnet. Ziel war es, die psychische Gesundheit von Kindern zu schützen – so zumindest die Begründung der Politik. Der damalige Vizegouverneur Jon Husted sprach von einer bewussten Manipulation durch Social Media und erklärte: „Soziale Medien [sind] absichtlich süchtig machend“ und hätten schädliche Auswirkungen auf junge Menschen.
Das Gesetz sah neben der Pflicht zur elterlichen Zustimmung auch vor, dass App-Betreiber ihre Datenschutzrichtlinien offenlegen müssen. Vergleichbare Regelungen wurden auch in anderen US-Bundesstaaten wie Kalifornien, Utah und Arkansas eingeführt, stießen aber ebenfalls auf juristische Hürden und wurden teils ausgesetzt.
Ein Balanceakt zwischen Freiheit und Verantwortung
Der Fall macht einmal mehr deutlich, wie schwierig es ist, im digitalen Zeitalter Kinder und Jugendliche vor potenziell schädlichen Einflüssen zu schützen, ohne dabei in grundlegende Freiheitsrechte einzugreifen. Die Debatte über altersgerechten Zugang, digitale Verantwortung und elterliche Kontrolle dürfte durch das Urteil in Ohio neuen Auftrieb erhalten – nicht nur in den USA, sondern auch international.