Einführung von Zeiterfassung in Zeiten von New Work

Uhr Homeoffice

Big Boss is watching you, oder doch nicht? Wenn es um das Thema Zeiterfassung geht, klaffen die Meinungen immens auseinander. Einige sprechen sich stark dafür aus, andere erachten sie als absoluten Blödsinn. Gerade das Argument, die Stechuhr widerspreche in fundamentaler Weise dem New Work Gedanken und sei ein bloßes Kontrollinstrument, wiegt schwer. Doch ist das wirklich so? 

Das BAG-Urteil 

Zeiterfassung ist und bleibt ein heiß diskutiertes Thema, spätestens seitdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 13.09 diesen Jahres entschieden hat, dass es eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung geben wird bzw. längst gibt, die aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG hervorgeht. Gänzlich neu ist diese Diskussion nicht. Bereits 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem umstrittenen Stechuhr-Urteil gefordert, dass die Arbeitszeiterfassung praktisch umgesetzt werden muss. In Deutschland wurde aus politischer Sicht jedoch wenig unternommen – bis jetzt. Nun sind Arbeitgeber:innen verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmenden geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Aus dem Urteil ergeben sich weitreichende Konsequenzen, denn viele der knapp 45 Millionen Beschäftigten hierzulande arbeiten in einem Vertrauensarbeitszeitmodell. Dem steht nun das Konzept der Zeiterfassung entgegen. 

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Fluch oder Segen? 

Viele Arbeitnehmende stehen der Arbeitszeiterfassung eher skeptisch gegenüber. Häufigster Grund ist die Annahme, dass die Erfassung der täglichen Arbeitszeit lediglich der Kontrolle diene und einen Freiheitsverlust bedeute. Allerdings sind es gerade Freiheit und Flexibilität, die es Arbeitnehmenden ermöglichen, Privates und Berufliches zu vereinen, was für die meisten einer der wichtigsten Work-Happiness Faktoren ist. Hinzu kommt, dass einige die Erfassung ihrer Arbeitszeit als lästigen Zeitfresser sehen und sich keine zusätzliche Arbeit machen wollen, jede einzelne Tätigkeit mühsam einzutragen. 

Bei genauerer Betrachtung kann die Zeiterfassung allerdings ein gutes Werkzeug sein, um Mitarbeitende zu emanzipieren und eine offene, ehrliche Diskussion zum Thema Arbeitszeiten zu führen, denn: Arbeitszeiten – sowohl Menge als auch Planbarkeit – spielen eine zentrale Rolle in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben sowie das Glück bei der Arbeit. Man sollte die Arbeitszeiterfassung also nicht von vornherein verteufeln. 

Zunächst einmal bedeutet die Einführung der Zeiterfassungspflicht auch mehr Schutz für Arbeitnehmende. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes haben im vergangenen Jahr in Deutschland im Schnitt 4,5 Millionen Menschen mehr gearbeitet als vertraglich vorgesehen. Davon leisteten wiederum knapp 22 Prozent ihre Überstunden unbezahlt. Mittels Zeiterfassung ist es möglich, die geleisteten Stunden im Blick zu behalten und so überbordende Mehrarbeit zu verringern. Die Arbeitszeiterfassung ermöglicht es zudem, das eigene Personal deutlich effizienter einzusetzen. Durch die Erfassung der täglichen Arbeitszeit, können sich Arbeitgebende einen besseren Überblick, vor allem hinsichtlich noch freier Kapazitäten verschaffen. Hinzu kommt, dass die tätigkeitsbezogene Erfassung

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und Analyse der eigenen Arbeitszeit verdeutlicht, wie viel Zeit tatsächlich mit Nebentätigkeiten wie Calls, Meetings oder der Bearbeitung von Mails verbracht wird. Kurz um: Wenn alle Zeiten aufgabenbezogen getrackt werden, lassen sich Zeitfresser besser identifizieren und beseitigen, was in der Folge zu einer Produktivitätssteigerung führt. 

Ebenfalls kann die Zeiterfassung in puncto Führungskraft-Mitarbeiter-Kommunikation einen entscheidenden Beitrag leisten. Sie ermöglicht es, dass Vorgesetzte und Mitarbeitende, auf Basis der getrackten Zeiten für bestimmte Tätigkeiten, ein besseres Gespräch darüber führen können, welche Arbeit sich eigentlich tatsächlich als sinnstiftend bzw. lohnend erweist und welcher Grad der Auslastung akzeptabel ist. Dies hat wiederum zur Konsequenz, dass man sich als Mitarbeitender eher im positiven Sinne gesehen als im negativen Sinne beobachtet und kontrolliert fühlt. 

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Zeiterfassung & New Work 

In einigen kritischen Stimmen zur Entscheidung des BAG heißt es, dass die Stechuhr das Ende von Homeoffice und New Work bedeute. Doch auch hier lohnt sich ein genauerer Blick. Prinzipiell ist die Existenz von New Work-Konzepten durch die Pflicht zur Zeiterfassung nicht bedroht, ganz im Gegenteil. Die (tätigkeitsbezogene) Erfassung der Arbeitszeit ist vielmehr eine Art Brandbeschleuniger für ehrliches Arbeiten und geht mit der Möglichkeit einher, klar und transparent zu machen, dass gearbeitet wurde – egal wo und wann. Zu welcher Zeit und an welchem Ort die Arbeit erledigt wird, ist also nicht wirklich ausschlaggebend. 

Gerade im Homeoffice, das sich seit Beginn der Corona Pandemie als Arbeitsmodell etabliert hat, hilft das Erfassen von Arbeitszeiten gezielt dabei, selbstbestimmtes Arbeiten der Mitarbeitenden zu fördern. Zudem gibt es mittlerweile eine Reihe digitaler Tools und Apps, welche die Zeiterfassung einfach und schnell möglich machen, ohne dabei standortgebunden zu sein – im Gegensatz zu bisherigen Lösungen wie Chipkarten oder Terminals. Dies trägt wiederum dem Wunsch nach mehr Flexibilität am Arbeitsplatz Rechnung und zahlt somit auch auf den New Work Gedanken ein. 

Mitarbeitende überzeugen 

Um die Mitarbeiter:innen davon zu überzeugen, dass Zeiterfassung nicht von Grund auf schlecht ist, sondern auch ihre guten Seiten hat, gilt es in den kommunikativen Austausch mit der Belegschaft zu treten. Je stärker sich die Beschäftigten mitgenommen und nicht übergangen fühlen, desto eher werden sie die Entscheidung akzeptieren. Dies geht jedoch nur, wenn, erstens, Arbeitgeber:innen die Intention und Ziele, die mit der Einführung eines Zeiterfassungssystems verbunden sind, deutlich machen. Zweitens, wenn der Aufwand der Zeiterfassung tatsächlich minimiert wird und drittens, wenn mit den gesammelten Daten transparent umgegangen wird. 

Schlussendlich ist die Herausforderung, die jedes Team meistern muss, wenn es Zeiten erfasst, trotz und gerade aufgrund der dadurch entstehenden Transparenz, eine moderne, aufgeschlossene und ehrliche Unternehmenskultur zu pflegen.

Tobias Hagenau

Tobias

Hagenau

Co-Founder und CEO

awork

Tobias Hagenau ist Experte für Teamorganisation, Freude bei der Arbeit und New Work. Das Workmanagement-Tool awork hilft bereits 2.000+ Teams, besser und glücklicher zusammenzuarbeiten. 
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