"Trotz aller Bemühungen"

Digital River ist nach Kaspersky-Verbot insolvent

Insolvent

Der internationale Online-Shop-Betreiber und Payment-Provider für IT-Unternehmen Digital River hat für seine deutschen Niederlassungen Insolvenz angemeldet. Das habe auch etwas mit dem Kaspersky-Verbot in den USA zu tun, sagt der CEO.

Die Hiobsbotschaft erreichte die Mitarbeiter am 28. Januar per E-Mail, die auf TheLayoff.com einsehbar ist. Barry Kasoff, CEO des Unternehmens, musste eingestehen, dass die US-Sanktionen gegen den russischen Security-Anbieter Kaspersky den entscheidenden Todesstoß versetzt hätten. Der Antiviren-Hersteller war ein großer Kunde von Digital River. „Trotz aller Bemühungen konnten wir keinen Weg finden, der es Digital River ermöglicht hätte, den Betrieb fortzuführen“, schreibt Kasoff in der emotional gehaltenen Nachricht. Die Krise spitzte sich demnach Anfang 2025 dramatisch zu. „Seit dem 2. Januar kann Digital River nicht mehr auf die Vorfinanzierung unserer revolvierenden Kreditfazilität zugreifen“, erklärt der CEO. Gespräche mit Kreditgebern und den größten Kunden über zusätzliche Finanzierungen oder alternative Lösungen blieben erfolglos.

Anzeige

Die Mehrheit der globalen Kunden wurde bereits über die Einstellung der Dienste informiert. Die Belegschaft muss sich auf einen „substanziellen Personalabbau“ einstellen, wobei einige Mitarbeiter den Übergangsprozess begleiten sollen. Laufende Gehälter seien nicht gefährdet. Die Mitarbeiter werden gebeten, Kundenanfragen an die Führungsebene weiterzuleiten und sich nicht zum Abwicklungsprozess zu äußern.

Die Gründe für den Niedergang seien vielschichtig: Neben dem Verlust wichtiger Kunden und der US-Handelspolitik, die einen der größten Kunden traf, sollen vor allem neue Verträge mit kürzeren Zahlungszielen die Liquidität belasted gewesen sein. Auch steigende Betriebskosten und Steuerverpflichtungen sollen an der Substanz des Unternehmens gezehrt haben.

Was macht Digital River genau?

Ein Kernprodukt von Digital River ist MyCommerce, eine konfigurierbare All-in-one-E-Commerce-Plattform für digitale Produkte und SaaS (Software as a Service). MyCommerce bietet Funktionen zur weltweiten Verwaltung von Zahlungen und Abonnements sowie Schutz in den Bereichen internationale Steuern, Betrug und Compliance. Die Plattform zielt darauf ab, den Umsatz durch ein reibungsloses Bezahlerlebnis und fortschrittliche Tools zur Abrechnungsoptimierung zu steigern. Digital River fungiert auch als Zahlungsdienstleister für verschiedene Unternehmen, von großen Marken wie Nvidia bis hin zu kleinen Firmen und selbstständigen Software-Entwicklern. Das Unternehmen betreibt Online-Shops für diese Marken und wickelt Zahlungen über seine Plattform „MyCommerce“ ab. Dabei leitet Digital River das eingenommene Geld abzüglich einer Provision an die Verkäufer weiter.

Anzeige

Für die Software-Branche könnte die Pleite weitreichende Folgen haben. Digital River wickelte nach eigenen Angaben jährlich Transaktionen im Wert von 3 Milliarden US-Dollar ab – und das mit gerade einmal 75 Mitarbeitern. Diese erstaunliche Effizienz könnte sich nun als Bumerang erweisen: Zahlreiche Software-Entwickler warten bereits seit Monaten auf ausstehende Zahlungen.

Bereits im Oktober 2024 häuften sich Berichte über Zahlungsverzögerungen. Das Kölner Insolvenzgericht hat inzwischen einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Ob die betroffenen Entwickler ihre Außenstände noch eintreiben können, bleibt fraglich.

Lars

Becker

Redakteur

IT Verlag GmbH

Anzeige

Weitere Artikel

Newsletter
Newsletter Box

Mit Klick auf den Button "Jetzt Anmelden" stimme ich der Datenschutzerklärung zu.