Quantencomputer arbeiten nach einem komplett anderen Konzept als herkömmliche Computer. Das macht sie so unglaublich schnell, dass ihnen das Potenzial zu revolutionären Veränderungen in verschiedenen Feldern zugetraut wird. Wie dieses Konzept funktioniert und welche Anwendungen gerade entwickelt werden, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhalt
Was macht Quantencomputer so schnell?
Klassische Computer verwenden Bits als die kleinste Einheit der Datenverarbeitung. Ein Bit kann zwei Zustände annehmen, entweder genau 1 oder genau 0. Die Prozessoren setzen diese Werte mit „Strom an“ und „Strom aus“ um. Die Bits sind unabhängig voneinander. Acht Bits nebeneinander ergeben ein Byte. Unsere jetzigen Computer übersetzen alle Informationen in Binärcode, um damit rechnen zu können. Das betrifft alle Programme von einer einfachen Kalkulation bis hin zu Raumfahrtprogrammen.
Seit dem ersten Computer, den Konrad Zuse 1957 gebaut hat, sind die Rechner immer kleiner und schneller geworden. Dabei haben sie das Prinzip Binärcode beibehalten. Einen Quantensprung an Leistung versprechen die Quantencomputer. Sie sollen die Rechengeschwindigkeit heutiger Computer bei weitem übertreffen. Aktuell (Mai 2024) befindet sich vielerorts die Quantentechnologie noch im Forschungsstadium. Der europäische Cloudanbieter OVHcloud hat allerdings bereits den ersten Quantencomputer, den Quandela Quantum Computer, im März 2023 für die kommerzielle Nutzung in Frankreich eingeweiht. Das deutsch-finnische Start-up IQM brachte 2023 einen supraleitenden Quantencomputer für Universitäten und Labore auf den Markt, der in der Basisversion weniger als eine Million Euro kosten soll. Gelingt es Wissenschaftlern, weitere Quantencomputer wie gewünscht zum Laufen zu bringen, werden sie die Welt der IT und viele Bereiche unseres Lebens stark verändern. Ehe wir auf die Anwendungen eingehen, lohnt es sich zu verstehen, warum die neue Generation der Computer überhaupt so schnell arbeiten kann.
Von Bits zu Qubits
In der Physik bezeichnet der Ausdruck „Quant“ den kleinstmöglichen messbaren Wert einer physikalischen Größe, ähnlich den Pixeln in einem digitalen Bild. Ein Quant lässt sich nicht weiter unterteilen und existiert ausschließlich als komplette Einheit, die entweder erschaffen oder zerstört werden kann. Ein typisches Beispiel für ein Quant ist das Photon, das Quant einer elektromagnetischen Welle, zu der sichtbares Licht, Radiowellen, Mikrowellen und andere gehören. Im Kontext von Quantencomputern kann ein Quant entweder ein geladenes Atom (Ion) oder eine spezifische Anzahl von Elektronen in einem Kreisstrom repräsentieren. Analog zu den Bits in traditionellen Computern wird dieses Quant als Qubit bezeichnet, welches die grundlegende Recheneinheit in Quantencomputern darstellt.
Ein Qubit kann nicht nur 0 und 1 darstellen, sondern theoretisch unendlich viele Zustände dazwischen und das gleichzeitig. In einem einzigen Qubit lassen sich also viele Werte unterbringen. Wie aber kann ein Qubit gleichzeitig verschiedene Zustände einnehmen und trotzdem zu korrekten Rechenergebnissen führen? Dieses Phänomen heißt Überlagerung.
Quantencomputing nutzt drei Hauptkonzepte:
- Überlagerung (Superposition)
- Verschränkung (Entanglement)
- Interferenz
Was ist eine Überlagerung (Superposition)?
Qubit können gleichzeitig verschiedene Zustände einnehmen. kann , eine Kombination aus 0 und 1 gleichzeitig zu sein, was Quantencomputern ihre enorme parallele Rechenkapazität verleiht.
In klassischen Computern sind die grundlegenden Informationseinheiten, die Bits, entweder 0 oder 1 zu jedem Zeitpunkt. Im Gegensatz dazu verwendet ein Quantencomputer Quantenbits oder Qubits, die gleichzeitig die Zustände 0 und 1 und vielen Zustände dazwischen einnehmen können. Die verschiedenen Zustände überlagern sich. Dieses Phänomen heißt Überlagerung oder Superposition. Ein Qubit kann also mehr Informationen als ein klassisches Bit enthalten.
Dies kann für bestimmte Aufgaben wie die Faktorisierung großer Zahlen, die Suche in unsortierten Datenbanken und die Simulation von Quantensystemen genutzt werden, wobei eine exponentielle Beschleunigung gegenüber den besten bekannten klassischen Algorithmen möglich ist. Die Überlagerung ermöglicht somit eine Parallelität und eine Rechenkapazität, die mit traditionellen Computern nicht erreichbar ist. Sie ist eine der Schlüsseltechnologien, die Quantencomputer für spezielle Aufgaben extrem leistungsfähig machen.
Was ist eine Verschränkung (Entanglement)?
Quantenverschränkung ist ein weiteres faszinierendes Phänomen der Quantenphysik, das eine zentrale Rolle in der Funktionsweise von Quantencomputern spielt. Verschränkung ermöglicht es, dass zwei oder mehr Qubits in einem Zustand verbunden sind, in dem die Zustände der einzelnen Qubits nicht unabhängig voneinander beschrieben werden können, sondern nur als ein gemeinsames System. Sobald eines der Qubits verändert wird, verändert sich auch das andere.
Verschränkung tritt auf, wenn Teilchen wie Photonen, Elektronen oder Atome miteinander wechselwirken und dabei Zustände bilden, die von den Zuständen der einzelnen Teilchen abhängen. Ein verschränktes Paar von Teilchen wird als ein einziges quantenmechanisches System beschrieben, dessen Zustand sich nicht vollständig durch die Zustände der einzelnen Teilchen beschreiben lässt.
Der Quantencomputer leistet umso mehr, je mehr Qubits vorhanden sind und miteinander verschränkt werden.
Was bedeutet Quanteninterferenz?
Ein weiteres wichtiges Konzept im Quantencomputing ist das der Quanteninterferenz. Es wird eingesetzt, um die Wahrscheinlichkeit, die richtige Antwort auf eine Berechnung zu bekommen, zu verstärken und die falschen zu eliminieren. Es handelt sich dabei um den Effekt, dass sich die Wahrscheinlichkeitswellen, die mit Quantenzuständen verbunden sind, überlagern und miteinander wechselwirken können. Diese Wechselwirkung kann dazu führen, dass sich die Wahrscheinlichkeiten bestimmter Zustände verstärken oder abschwächen, was wiederum grundlegend für die Funktionsweise von Quantencomputern ist.
In der Quantenmechanik wird jeder Zustand eines Teilchens (wie eines Elektrons oder Photons) durch eine Wellenfunktion beschrieben, die Informationen über alle möglichen Zustände des Teilchens enthält. Wenn zwei oder mehrere dieser Wellenfunktionen sich in der gleichen Region des Raums überlagern, können sie miteinander interferieren. Diese Interferenz kann konstruktiv oder destruktiv sein.
- Konstruktive Interferenz tritt auf, wenn sich die Wellenfunktionen so überlagern, dass ihre Amplituden sich in bestimmten Regionen addieren. Dies führt zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit, das Teilchen in diesen Regionen zu finden.
- Destruktive Interferenz geschieht, wenn sich die Amplituden der Wellenfunktionen gegenseitig auslöschen, was die Wahrscheinlichkeit verringert, das Teilchen in diesen Regionen zu finden.
Anwendung in Quantencomputern
Im Kontext des Quantencomputings wird Quanteninterferenz genutzt, um Berechnungen durchzuführen. Ein Quantenalgorithmus entwirft eine Reihe von Quantenoperationen (Quantengattern), die die Qubits in Überlagerungszustände und Verschränkung versetzen. Durch diese Operationen werden bestimmte Zustände der Qubits gefördert (konstruktive Interferenz) und andere unterdrückt (destruktive Interferenz).
Zum Beispiel, beim berühmten Shor’s Algorithmus zur Faktorisierung großer Zahlen, werden Quanteninterferenzen genutzt, um die Wahrscheinlichkeit, eine Antwort zu messen, die zu einer Lösung des Problems führt, zu erhöhen, während andere, weniger nützliche Antworten unterdrückt werden.
Quanteninterferenz ist nicht nur ein Beweis für die nicht-intuitiven Eigenschaften der Quantenmechanik, sondern bietet auch praktische Anwendungen, wie die drastische Beschleunigung bestimmter Berechnungen im Vergleich zu klassischen Computern. Allerdings ist die Kontrolle und Nutzung von Quanteninterferenz extrem anspruchsvoll, da Umgebungsstörungen (wie thermische Fluktuationen oder elektromagnetische Interferenzen) die Wellenfunktionen der Qubits leicht stören können, was zu Berechnungsfehlern führt.
Die Entwicklung von Techniken zur Minimierung solcher Störungen und die Optimierung von Quantenschaltkreisen zur Ausnutzung der Quanteninterferenz sind daher zentrale Forschungsthemen im Bereich des Quantencomputings.
Quantencomputer-Hardware
Die Herstellung von Quantencomputern ist extrem herausfordernd, da Qubits wie extrem anfällig für äußere Störungen sind, was zu Fehlern in den Berechnungen führen kann. Verschiedene Ansätze zur Realisierung von Quantencomputern umfassen:
- Supraleitende Qubits, die durch extrem kalte Temperaturen stabil gehalten werden.
Sie nutzen die Eigenschaften von supraleitenden Materialien, bei denen unter bestimmten Bedingungen der elektrische Widerstand vollständig verschwindet und der elektrische Strom ohne Energieverlust fließen kann. Diese Eigenschaften werden genutzt, um die Zustände von Qubits zu manipulieren und zu messen, die für die Quantenberechnung notwendig sind.
Forschungseinrichtungen und Unternehmen wie IBM, Rigetti und verschiedene Forschungsgruppen in Deutschland arbeiten intensiv an der Weiterentwicklung supraleitender Qubits, wobei bereits bedeutende Fortschritte in der Kohärenzzeit und der Fehlerreduktion erzielt wurden. Diese Technologie ist eine der vielversprechendsten für den zukünftigen Einsatz in kommerziellen Quantencomputern. - Trapped-Ion Qubits, die Ionen durch elektromagnetische Felder in einem Vakuum gefangen halten.
Ionen sind Atome oder Moleküle, die eine elektrische Ladung tragen, weil sie entweder Elektronen verloren haben (was sie positiv lädt) oder Elektronen aufgenommen haben (was sie negativ lädt). Im Kern der Ionen steht das Prinzip der Elektroneutralität in ungeladenen Atomen und Molekülen, bei denen die Anzahl der Protonen (positiv geladene Teilchen im Atomkern) und Elektronen (negativ geladene Teilchen, die den Kern umkreisen) gleich ist. Durch das Hinzufügen oder Entfernen von Elektronen wird dieses Gleichgewicht gestört, und das Atom oder Molekül wird zu einem Ion. Um Ionen für Quantencomputing zu verwenden, müssen diese zunächst in einem stabilen Zustand gehalten werden, wo sie nicht durch ihre Umgebung beeinflusst werden. Dies wird erreicht, indem man sie in einer sogenannten „Ionentrappe“ (Ion Trap) einschließt. Diese Fallen nutzen elektromagnetische Felder, um geladene Partikel im Raum zu positionieren und zu bewegen.
Die Fähigkeit, Ionen in einem Vakuum durch elektromagnetische Felder zu kontrollieren, ist von zentraler Bedeutung für die Implementierung von Quantencomputern. Dies erlaubt präzise Manipulationen der Quantenzustände der Ionen durch externe Einflüsse wie Laser, was für das Setzen, Lesen und Verarbeiten von Quanteninformationen unerlässlich ist. Die elektromagnetischen Felder ermöglichen es, die Ionen an genau definierten Positionen zu halten und ihre Wechselwirkungen gezielt zu steuern, was für die Realisierung von Quantengattern und die Verschränkung der Qubits erforderlich ist. - Topologische Qubits, eine noch experimentelle Technologie, die stabiler sein könnte als die bestehenden Qubit-Systeme.
Sie basieren auf den Prinzipien der Topologie, einem Teilgebiet der Mathematik, das sich mit Eigenschaften von Räumen befasst, die unter stetigen Verformungen (wie Strecken und Biegen, aber nicht Reißen) unverändert bleiben. In der Quantencomputing-Welt nutzt man diese topologischen Eigenschaften, um Qubits zu erstellen, die wesentlich robuster gegenüber Störungen und Fehlern sind.
Wissenschaftler sind aktiv dabei, Systeme zu entwickeln, die die nötigen Bedingungen für topologische Qubits bieten können. Unternehmen wie Microsoft investieren erheblich in die Forschung und Entwicklung von Technologien, die auf topologischen Qubits basieren, da das Potenzial für robuste, skalierbare Quantencomputer enorm ist.
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– Witz von chatGPT
Fehlerkorrektur und logische Qubits
Ein großes Problem beim Quantencomputing ist die Fehleranfälligkeit von Qubits. Um die Zuverlässigkeit von Quantencomputern zu erhöhen, wird intensiv an Fehlerkorrekturmechanismen geforscht. Kürzlich haben Microsoft und Quantinuum bedeutende Fortschritte in diesem Bereich gemacht, indem sie logische Qubits demonstriert haben, die eine um 800-mal bessere Fehleranfälligkeit aufweisen als physische Qubits.
Beispiel Microsoft und Quantinuum
Was ist ein logisches Qubit?
Logische Qubits nutzen ein Fehlerkorrekturschema, das physische Qubits in einer Weise gruppiert, dass die Fehler eines einzelnen Qubits korrigiert werden können, ohne die Informationen zu verlieren. Dies ist ein entscheidender Schritt zur Realisierung praktisch nutzbarer Quantencomputer.
Ein logisches Qubit besteht aus einer Gruppe von physischen Qubits, die so verschaltet sind, dass die Quanteninformation des logischen Qubits über mehrere physische Qubits verteilt wird. Diese Verteilung ermöglicht es, dass selbst wenn einige der physischen Qubits durch Störungen beeinträchtigt werden, die Gesamtinformation des logischen Qubits intakt bleibt und Fehler korrigiert werden können. Der Prozess umfasst typischerweise:
Redundanz: Durch Hinzufügen von Redundanz, indem mehrere physische Qubits verwendet werden, um ein logisches Qubit zu repräsentieren, erhöht sich die Fehlertoleranz des Systems.
Verschränkung: Die physischen Qubits eines logischen Qubits werden in komplexen Zuständen miteinander verschränkt. Diese Verschränkungen sind so gestaltet, dass die Fehlererkennung und -korrektur durchgeführt werden können, ohne die gespeicherte Information zu beeinträchtigen.
Fehlererkennung und -korrektur: Spezielle Quantenschaltkreise und Algorithmen werden verwendet, um kontinuierlich Fehler zu erkennen und zu korrigieren, die während der Quantenberechnungen auftreten.
Insgesamt spielen logische Qubits eine zentrale Rolle bei der Entwicklung praxistauglicher Quantencomputer, indem sie eine Plattform bieten, auf der Quanteninformationen sicher und zuverlässig verarbeitet werden können, frei von den meisten störenden Einflüssen, die sonst die Quantenberechnung beeinträchtigen würd
Weltweit beachtete Standorte für Quantentechnologie in Deutschland
Die Entwicklung der Quantentechnologie in Deutschland schreitet zügig voran. Das Forschungszentrum Jülich in Nordrhein-Westfalen, Mitglied der renommierten Helmholtz-Gemeinschaft, spielt eine Schlüsselrolle in Europa. Die Wissenschaftler dort betrachten die gesamte Produktionskette des Quantencomputings – von der Entdeckung geeigneter Materialien, über das Design von Schaltkreisen und Kryo-Elektronik für die notwendige Kühlung, bis hin zur Prototypenentwicklung und praktischen Anwendungen.
Neben Jülich entstehen auch an anderen Orten Deutschlands bedeutsame Einrichtungen für diese fortschrittliche Technologie. In Garching bei München etabliert sich ein bedeutender europäischer Knotenpunkt für das Quantencomputing. In Ehingen, Baden-Württemberg, plant IBM die Eröffnung seines ersten europäischen Quanten-Rechenzentrums im Jahr 2024. IBM Quantum soll Nutzern der europäischen Cloud-Region Quantensystemen bereitstellen und die Daten innerhalb der EU verarbeiten.
Anwendungen von Quantencomputern
Quantencomputer haben das Potenzial, in verschiedenen Feldern revolutionäre Veränderungen herbeizuführen.
Kryptographie und Post-Quanten-Kryptographie
Quantencomputer könnten bestehende Verschlüsselungsmechanismen obsolet machen, indem sie Algorithmen wie RSA (Rivest–Shamir–Adleman) in praktisch nutzbaren Zeiträumen brechen.
Deshalb wird die Entwicklung von Algorithmen, die sowohl gegenüber Quantencomputern als auch traditionellen Computern sicher sind, intensiv vorangetrieben. Die Bedrohung durch Quantencomputer, die in der Lage sein werden, herkömmliche Verschlüsselungsverfahren wie RSA zu knacken, hat zu einem Wettlauf in der Forschung und Entwicklung der Post-Quanten-Kryptographie geführt.
Das National Institute of Standards and Technology (NIST) in den USA spielt eine führende Rolle bei der Standardisierung neuer Verschlüsselungsmethoden für die Post-Quanten-Ära. Von ursprünglich 69 vorgeschlagenen Methoden wurden nach intensiver Prüfung und mehreren Evaluationsrunden vier Verfahren zur Standardisierung ausgewählt. Diese Verfahren, darunter Sphincs+ und Crystals-Dilithium für Authentifizierung sowie Crystals-Kyber für sicheren Schlüsselaustausch, basieren auf komplexen mathematischen Operationen, die auch für Quantencomputer herausfordernd sind. Bereiten Sie ihr Unternehmen auf die Quantenrevolution vor: Ein Leitfaden zur Implementierung der Post-Quantum-Kryptographie finden Sie hier auf SSL.com.
„Warum konnte der Quantencomputer nicht an der Talent-Show teilnehmen? Jedes Mal, wenn die Jury hinschaute, änderte er seine Performance!“
– chatGPT
Neue und verbesserte Materialien, wirksamere Medikamente
Quantencomputer könnten komplexe Moleküle modellieren, was zu neuen Materialien und Medikamenten führen könnte. Insbesondere die Fähigkeit von Quantencomputern, Quantensysteme direkt zu simulieren, eröffnet neue Wege für die Erforschung und Entwicklung neuer Materialien. Hier sind einige Schlüsselaspekte, wie Quantencomputer in der Materialwissenschaft angewendet werden:
Simulation von Quantenmaterialien: Quantencomputer können die Eigenschaften von Materialien auf atomarer Ebene simulieren, indem sie die quantenmechanischen Interaktionen zwischen Atomen und Molekülen direkt nachbilden. Dies ist besonders wertvoll, da klassische Computer bei der genauen Berechnung von Quanteneffekten schnell an ihre Grenzen stoßen.
Zum Beispiel können Quantencomputer genutzt werden, um elektronische Eigenschaften von Materialien wie Leitfähigkeit, Magnetismus und Supraleitung zu verstehen und vorherzusagen. Oder, um komplexe chemische Reaktionen zu simulieren, die in Katalysatoren und anderen funktionalen Materialien auftreten.
Design neuer Materialien: Durch die Fähigkeit, präzise Simulationen durchzuführen, können Wissenschaftler neue Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften entwerfen. Dies umfasst die Entwicklung von Hochleistungsbatterien: Quantencomputer können helfen, Materialien für effizientere und langlebigere Batteriezellen zu entwerfen. Auch die Erfindung neuer Supraleiter zählt dazu. Durch die Simulation der Elektronenstruktur und -dynamik bei niedrigen Temperaturen können Quantencomputer zur Entdeckung von Materialien beitragen, die bei höheren Temperaturen supraleitend sind.
Optimierung von Materialien: Neben der Entdeckung neuer Materialien können Quantencomputer auch verwendet werden, um bestehende Materialien zu optimieren. Zum Beispiel:
- Verbesserung von Legierungen: Durch die Simulation der atomaren Interaktionen können die mechanischen Eigenschaften von Legierungen verbessert werden, was beispielsweise in der Luft- und Raumfahrt von Bedeutung ist.
- Entwicklung effizienterer Katalysatoren: Durch das Verständnis der Reaktionsmechanismen auf molekularer Ebene können effizientere Katalysatoren für die chemische Industrie entwickelt werden.
Beschleunigung der Materialforschung: Quantencomputer können die Geschwindigkeit, mit der neue Materialien entdeckt und entwickelt werden, erheblich beschleunigen. Die Fähigkeit, schnelle und präzise Simulationen durchzuführen, reduziert die Notwendigkeit langwieriger experimenteller Tests und kann die Zeit von der Konzeptualisierung bis zur Marktreife drastisch verkürzen.
Herausforderungen: Die Anwendung von Quantencomputern in der Materialwissenschaft steht noch vor erheblichen Herausforderungen:
- Skalierbarkeit: Die meisten aktuellen Quantencomputer haben noch nicht genügend Qubits, um komplexe Materialsysteme umfassend zu simulieren.
- Fehleranfälligkeit: Aufgrund der Fehleranfälligkeit aktueller Quantencomputer sind umfangreiche Fehlerkorrekturmechanismen erforderlich, um zuverlässige Ergebnisse zu gewährleisten.
- Software und Algorithmen: Es besteht ein Bedarf an weiterentwickelter Software und spezialisierten Algorithmen, die für die Simulation von Materialwissenschaften optimiert sind.
Beispiel Volkswagen
Die Volkswagen AG und das kanadische Unternehmen Xanadu haben 2022 ein auf mehrere Jahre angelegtes Forschungsprogramm ins Leben gerufen, um die Rechenleistung von Quantenalgorithmen für die Simulation von Batteriematerialien zu optimieren. Dadurch sollen die Rechenkosten gesenkt und der Einsatz von Quantencomputern bei Volkswagen zur Entwicklung von sichereren, leichteren und kostengünstigeren Batteriematerialien beschleunigt werden.
Beispiel JPMorgan Chase, Toshiba und Ciena
JPMorgan Chase, Toshiba und Ciena bauen das erste Quanten-Schlüsselverteilungsnetzwerk zur Sicherung unternehmenskritischer Blockchain-Anwendungen auf. Das Forschungsteam demonstrierte, dass das neu entwickelte Quantum Key Distribution (QKD)-Netzwerk in der Lage ist, Abhörgeräte sofort zu erkennen und abzuwehren. Es untersuchte auch die Auswirkungen realistischer Umweltfaktoren auf die Qualität des Quantenkanals und nutzte einen QKD-gesicherten optischen Kanal, um Liink by J.P. Morgan, das weltweit erste von einer Bank geführte, produktionsfähige Peer-to-Peer-Blockchain-Netzwerk, einzurichten und zu sichern. Dies ist die erste Demonstration von QKD zur Sicherung einer geschäftskritischen Blockchain-Anwendung in der Branche.
Beispiel Goldman Sachs
Quantenalgorithmen könnten komplexe Finanzberechnungen mit rasender Geschwindigkeit durchführen. Das Finanzwesen war einer der ersten Bereiche, der sich Big Data zu eigen gemacht hat, und der Innovationsdrang hält an. Ein großer Teil der Wissenschaft, die hinter der Preisbildung von Finanzanlagen steht, beinhaltet die Simulation einer großen Anzahl verschiedener statistischer Möglichkeiten – die Stärke des Quantencomputers. Aus diesem Grund hat Goldman Sachs führende Forscher engagiert. Das Team entwickelt Anwendungen, die helfen werden, die Märkte schnell einzuschätzen und mitunter die Art und Weise zu ändern, wie wir bestimmte Finanzinstrumente bewerten.
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Witz von chatGPT
Logistik und Produktion – Lösung von Optimierungsproblemen
Quantencomputer bieten vielversprechende Ansätze zur Lösung von Optimierungsproblemen, die in Bereichen wie Logistik und Produktion auftreten. Diese Probleme sind oft extrem komplex und schwer zu lösen, insbesondere wenn sie eine große Anzahl von Variablen und Beschränkungen beinhalten. Quantencomputer können potenziell effizientere Lösungen für solche Probleme finden, indem sie ihre Fähigkeit nutzen, eine enorme Menge an Berechnungen gleichzeitig durchzuführen (Quantenparallelismus) und komplexe Zustände zu erkunden. Hier sind einige Schlüsselaspekte, wie Quantencomputer in der Optimierung eingesetzt werden können:
Quantenannealing und QAOA: Ein prominenter Ansatz in der Quantenoptimierung ist das Quantenannealing. Dieses Verfahren nutzt Quantenfluktuationen, um ein globales Minimum einer Zielfunktion zu finden, was einem optimalen Lösungszustand entspricht. Quantenannealing eignet sich besonders gut für Probleme, bei denen viele lokale Minima existieren, da es das System ermöglicht, diese zu „überspringen“ und effizientere globale Lösungen zu finden.
Fast Annealing – Neues Feature von D-Wave
D-Wave Quantum Inc. hat im April 2024 die Fast-Anneal (dt. schnelles Ausglühen)-Funktion vorgestellt, die auf allen Quantenverarbeitungseinheiten (QPUs) von D-Wave im Leap-Echtzeit-Quantencloud-Service verfügbar sein soll. Fast Anneal soll sich auf eine Vielzahl von Quantencomputing-Anwendungen auswirken, von der Förderung der wissenschaftlichen Forschung in der Quantensimulation und KI bis hin zur Lösung von realen Problemen in verschiedenen Branchen. Das Fast Annealing verkürzt die benötigte Zeit, um von einem energetischen Zustand zu einem anderen zu wechseln. Dies kann nützlich sein, um schnelle iterative Tests und Anpassungen bei der Lösungssuche durchzuführen. Anwender können verschiedene Szenarien in kürzerer Zeit ausprobieren.
Ein verwandtes, aber allgemeineres Konzept ist der Quantum Approximate Optimization Algorithm (QAOA), der für digitale Quantencomputer entwickelt wurde. QAOA nutzt eine Kombination aus Quantenüberlagerung und Interferenz, um eine Sequenz von quantenmechanischen Operationen (Gates) zu erstellen, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, die optimale Lösung eines Problems zu finden
In der Logistik und Produktion können solche Quantentechniken genutzt werden, um eine Vielzahl von Optimierungsproblemen zu lösen, darunter:
- Fahrzeugrouting: Optimierung der Routen, die Fahrzeuge nehmen sollten, um Waren zu liefern. Quantenannealing kann genutzt werden, um die optimale Reihenfolge der Anlieferungs- oder Abholpunkte zu finden, was die Gesamtkosten für Kraftstoff und Zeit minimiert.
- Produktionsplanung: In der Fertigung müssen Produktionspläne oft so optimiert werden, dass die Maschinenbelegung maximiert, die Durchlaufzeit minimiert und die Umstellungszeiten zwischen verschiedenen Produktionsaufgaben reduziert werden. Quantencomputer können potenziell in kürzerer Zeit effizientere Pläne entwickeln.
- Lagerhaltung und Bestandsmanagement: Optimierung des Lagerbestands, um die Verfügbarkeit von Produkten zu gewährleisten und gleichzeitig die Lagerkosten zu minimieren. Quantenmethoden könnten dabei helfen, komplexe Lagerhaltungsmodelle zu simulieren und zu optimieren.
Vorteile der Quantenoptimierung
Schnelligkeit und Qualität der Lösungen sind die entscheidenden Vorteile des Quantencomputing. Dank des Quantenparallelismus gelingt es, viele mögliche Lösungen gleichzeitig zu erkunden. So lassen sich Ergebnisse viel schneller erzielen. Quantentechnologien können dazu beitragen, qualitativ bessere Lösungen zu finden, die durch klassische Algorithmen möglicherweise nicht entdeckt würden.
Zukunft des Quantencomputing
Die Theorie des Quantencomputing ist vielversprechend. Vor der praktischen Implementierung und breiten Anwendung sind jedoch noch erhebliche Herausforderungen zu meistern. Dazu zählen die Skalierung der Systeme und die weitere Reduktion der Fehleranfälligkeit der Qubits. Darüber hinaus sind Fragen zur Programmierung von Quantencomputern und zur Integration in bestehende IT-Infrastrukturen noch offen. Unternehmen und Regierungen weltweit investieren erhebliche Ressourcen, um die ersten praktisch einsetzbaren Quantencomputer zu entwickeln. Angesichts dieser Entwicklungen könnten wir bald Zeugen sein, wie Quantencomputing die Art und Weise, wie wir über Datenverarbeitung denken, grundlegend verändert.
McKinsey prognostiziert ein gigantisches Marktpotential
Die Quantentechnologie könnte innerhalb des nächsten Jahrzehnts einen Wert von Billionen von Dollar schaffen. So zeigt beispielsweise die im April 2024 erschienene McKinsey-Analyse „Quantum Technology Monitor„, dass vier Sektoren – Chemie, Biowissenschaften, Finanzen und Mobilität – wahrscheinlich die frühesten Auswirkungen des Quantencomputings erleben werden und bis 2035 bis zu 2 Billionen Dollar gewinnen könnten.
Die öffentlichen Mittel für Quantentechnologien hingegen sind gemäß McKinsey gegenüber 2022 um mehr als 50 Prozent gestiegen. Während China und die Vereinigten Staaten bisher die öffentlichen Investitionen in die Quantentechnologie dominierten, spiegeln neue Ankündigungen aus Australien, Kanada, Deutschland, Indien, Japan, den Niederlanden, Südkorea und dem Vereinigten Königreich die wachsende Erkenntnis einer breiteren Palette von Regierungen über die Bedeutung der Quantentechnologie wider; insbesondere Südkorea und das Vereinigte Königreich haben ihr Finanzierungsniveau deutlich erhöht.
Die Entwicklung von Talenten hat 2023 ebenfalls einen bemerkenswerten Schritt nach vorne gemacht, was einen positiven Fokus auf den Aufbau der Quantentechnologie (QT)-Grundlagen widerspiegelt. Die Zahl der Absolventen mit QT-relevanten Abschlüssen lag laut McKinsey 2023 bei 367.000, die Zahl der Hochschulen mit QT-Programmen stieg um 8,3 Prozent auf 195 und die Zahl der Hochschulen mit Master-Abschlüssen in QT stieg um 10,0 Prozent auf 55. Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich haben die höchste Zahl bzw. die höchste Dichte von Absolventen in QT-relevanten Fächern. Dieser sprunghafte Anstieg erklärt, warum Wissenschaftler aus EU-Einrichtungen am häufigsten zu quantumrelevanten Veröffentlichungen beigetragen haben.
Quantencomputer als Ersatz, Ergänzung oder im hybriden Einsatz
Quantencomputer werden herkömmliche Computer nicht vollständig ablösen, sondern eher ergänzen. Sie sind speziell für bestimmte Arten von Problemen konzipiert, die von klassischen Computern nur schwer oder ineffizient gelöst werden können wie die oben beschriebenen Anwendungen. Quantencomputer erfordern spezielle Bedingungen, wie extrem tiefe Temperaturen und eine kontrollierte Umgebung, um ihre Qubits stabil zu halten und zu manipulieren. Diese Anforderungen machen sie teuer und aufwendig in der Wartung im Vergleich zu traditionellen Computern.
Die Technologie der Quantencomputer ist noch nicht ausgereift. Technologische Herausforderungen, einschließlich der Fehleranfälligkeit und der Skalierung, sind noch zu bewältigen. In vielen Fällen ist es wahrscheinlich, dass die besten Lösungen eine Kombination aus klassischen und Quantencomputing-Techniken umfassen werden. Hybridansätze, bei denen Quanten- und klassische Computer zusammenarbeiten, um Probleme zu lösen, könnten alltäglicher werden.
Gefahren des Quantencomputing
Jede noch so golden funkelnde, neue Technologie hat auch ihre Schattenseiten. Quantencomputing birgt potenzielle Risiken und Herausforderungen, sowohl technischer als auch ethischer Natur. Hier sind einige der Hauptbedenken:
- Kryptographische Sicherheit
Eines der größten potenziellen Risiken, die mit Quantencomputern verbunden sind, ist ihre Fähigkeit, bestehende kryptographische Protokolle zu brechen. Viele der heute verwendeten Verschlüsselungsmethoden, einschließlich RSA und ECC, die für die Sicherung des Internets genutzt werden, könnten durch Quantencomputer effektiv kompromittiert werden. Dies würde die Sicherheit digitaler Kommunikation, Online-Banking, Datenschutz und viele andere sicherheitskritische Systeme bedrohen. - Machtungleichgewicht
Die hohe Kosten und die komplexe Infrastruktur, die für den Betrieb und die Wartung von Quantencomputern erforderlich sind, könnten dazu führen, dass nur wenige, meist große Organisationen Zugang zu dieser Technologie haben. Dies könnte ein Machtungleichgewicht schaffen, bei dem einige wenige Akteure übermäßig viel Einfluss auf wichtige Technologien und Daten haben. - Wirtschaftliche Disruption
Die Fähigkeiten von Quantencomputern könnten auch erhebliche wirtschaftliche Umwälzungen verursachen. Branchen, die stark von der aktuellen Kryptographie abhängen, könnten erheblich gestört werden. Unternehmen, die sich nicht schnell an die neue Quantentechnologie anpassen, könnten ins Hintertreffen geraten. - Ethik und Kontrolle
Die Anwendung von Quantencomputing in Bereichen wie künstliche Intelligenz könnte zu fortschrittlicheren, potenziell autonomen Systemen führen, deren Verhalten schwer vorherzusagen und zu kontrollieren ist. Die ethischen Implikationen solcher Technologien, einschließlich Überwachung und Entscheidungsfindung, sind komplex und erfordern sorgfältige Überlegungen und Regulierungen. - Technologischer Wettrüsten
Quantencomputing könnte zu einem technologischen Wettrüsten zwischen Staaten führen, insbesondere im Bereich der Cybersecurity und Militärtechnologie. Die Fähigkeit, schnell Informationen zu entschlüsseln oder komplexe Simulationen durchzuführen, könnte das Gleichgewicht der Macht auf globaler Ebene beeinflussen. - Fehleranfälligkeit und Zuverlässigkeit
Aufgrund ihrer Komplexität und Empfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen sind Quantencomputer besonders fehleranfällig. Die Entwicklung effektiver Fehlerkorrekturmechanismen ist entscheidend, doch bis diese vollständig realisiert sind, könnten Fehler in Quantenberechnungen zu ungenauen oder irreführenden Ergebnissen führen.
Fazit
Quantencomputing stellt sowohl eine außergewöhnliche Chance als auch eine bedeutende Herausforderung dar. Die möglichen Risiken erfordern eine vorausschauende Betrachtung, ethische Überlegungen und möglicherweise neue regulatorische Ansätze, um sicherzustellen, dass die Vorteile dieser mächtigen Technologie zum Wohl aller genutzt werden können