Der neue Gartner Magic Quadrant für die Top-Anbieter bei Enterprise Backup- und Recovery-Software 2020 ist da. Wie immer jubeln einzelne Hersteller über tatsächliche oder vermeintliche Führungspositionen in einzelnen Teil-Disziplinen. Genauso gibt es aber auch Absteiger. Ein Hersteller wurde ganz gestrichen. Bewegung am Backup-Markt ist jedenfalls da: Die Entwicklung von Public-Cloud und Ransomware verändere die Anforderungen, so die Marktanalysten.
Gartner Magic Quadrant zur aktuellen Position der Anbieter für Enterprise-Backup-Software.Der Magic Quadrant for Enterprise Backup and Recovery Software Solutions der US-Analystenfirma Gartner für das Jahr 2020 (mit Stand Juli 2021) ist nun veröffentlicht. Wie immer jubeln viele der 13 Anbieter über bloße Berücksichtigung, Fortschritte oder vermeintliche Spitzenpositionen. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten: Es gibt auch Absteiger. Ein Hersteller wurde ganz gestrichen.
Die Entwicklung in Richtung Public-Cloud, erhöhte Bedrohungen durch Ransomware im Verbund mit höherer Komplexität von Datensicherung und -management zwinge Unternehmen dazu, ihre Backup-Infrastruktur neu aufzustellen. Dies spiegele sich im aktuellen Quadranten für 2020, der wie immer global ausgelegt ist. Das heißt, nur Anbieter bestimmter weltweiter Größe (Umsatz, Mitarbeiter, Kundenanzahl, internationale Ausrichtung) mit klarem Fokus auf Backup (nicht Datenmanagement und nicht singuläre Snapshot-Technologien beispielsweise) sind berücksichtigt.
Gartner Magic Quadrant: Der Bestand
Marktführer (»Leader«) 2020 sind Commvault (mit Complete Data Protection/ HyperScale X/ Metallic), Cohesity (mit DataProtect), Dell EMC (mit Data Protection Suite/ Avamar/ NetWorker/ PowerProtect), Rubrik (RCDM Cloud Data Management/ Polaris/ Mosaic), Veeam (VAS Availability Suite/Backup & Replication/ ONE) sowie Veritas (NetBackup/ Backup Exec).
Unter den Visionären (»Visionaries«) finden sich ein Acronis (Cyber Protect Cloud-Plattform), Druva (Phoenix/ inSync/ CloudRanger). Herausforderer (»Challengers«) sind Arcserve (UDP Unified Data Protection) sowie IBM (Spectrum Protect). Über die Nominierung als Nischenanbieter (»Niche Players«) freuen sich mehr oder weniger: Micro Focus (Data Protector), Unitrends (Backup Software, Recovery Series) sowie Zerto (von Gartner einfach Zerto-Platform genannt).
Bewegung am Backup-Markt: Ein- und Aussteiger
Die aktuellen Veränderungen am Markt und seinen Anforderungen hätten laut Gartner-Report dazu geführt, dass im Vergleich zum Quadranten 2019 die Anbieter Druva, Zerto und Micro Focus (laut unserer Beobachtung waren die jedoch als Nischenanbieter im Vorjahr schon dabei) hinzugekommen seien. Actifio, im Vorjahr noch einer der Visionäre, fand jedoch keine Berücksichtigung mehr.
Gewinner und Verlierer: Rubrik, Cohesity und IBM
Zerto ist erstmals als Nischenanbieter gelistet, mit starker Tendenz zum Leader-Viertel. Druva als Neuling ist Visionär. Stabil im Viertel der Marktführer halten sich Dell EMC sowie Veritas. In der Kategorie »Ability to Execute« teilen sich Veritas und Veeam die Spitzenposition, vormals war es Commvault, die sich wiederum bei der Vision dezent (von Position drei auf zwei) verbessert haben. Rubrik hält die Führung in der Kategorie »Completeness of Vision«, nur eben zusammen mit Cohesity vom Visionär zum Marktführer aufgewertet. Arcserve hat sich nach Auffassung der Analysten vom Nischenanbieter zum Visionär emporgearbeitet. Sie alle zählen mehr oder weniger zu den Gewinnern des aktuellen Gartner-Reports.
Neben dem kompletten Ausscheiden von Actifio fällt IBM als großer Verlierer der Bestandsaufnahme auf bzw. durch: »The Big Blue« wird nach Gartner vom Marktführer degradiert zum Herausforderer. Als Gründe nennen die Analysten hierfür den Mangel an Cloud-nativem Datenschutz der Spectrum-Protect-Suite. Zudem sei man bei vielen Backup-Anforderungen abhängig von Drittanbietern und böte in Sachen Automation und künstliche Intelligenz (KI) zu wenig.
Marktanalysen: Weiter geschmäht und neu geliebt
Arcserve hat sich, fast schon traditionell, nicht aktiv an der Umfrage von Gartner beteiligt. Gut vor Jahresfrist hatte man sich ebenfalls verweigert. Im diesjährigen Report bemängelt Gartner, dass das Produkt UDP ähnlich wie bei IBM nicht ausreichend Cloud-native Datensicherung biete, beispielsweise für Amazon Web Services oder Azure SQL. UDP benötige zudem Arcserve Backup, um Tape-Sicherungen zu unterstützen. Damals rief Arcserve eine Ombuds-Stelle bei Gartner an, jedoch ohne Ergebnis.
Der Konflikt scheint anzudauern. Ganz anders bei Rubrik. Während der CEO Bipul Sinha Ende 2019 den Gartner-Quadranten noch »schwerwiegend fehlerhaft« nannte und zu »Unabhängigkeit, Objektivität und Genauigkeit« anmahnte, damals 17 faktische Fehler identifiziert haben wollte, freut man sich dort heute über die aktuelle Einschätzung (speicherguide.de berichtete).
Beständig im Wandel
In einer aktuellen Verlautbarung des Herstellers heisst es nun wörtlich: »Die Magic Quadrant Reports [von Gartner, Anm. der Red.] sind das Ergebnis rigoroser, faktenbasierter Forschung in spezifischen Märkten und bieten einen umfassenden Überblick über die relative Position der Anbieter in Märkten mit hohem Wachstum und ausgeprägter Anbieterdifferenzierung.« Im Rahmen einer Online-Konferenz befragten wir Herrn Sinha im Juni direkt zu dem Konflikt mit Gartner. Er meinte, es hätte nie einen gegeben und man pflege beste Kontakte, habe lediglich eine andere Meinung gehabt.
Anmerkung der Redaktion
Michael Baumann, speicherguide.de Neben den wohl objektiven, Markt-spezifischen Kriterien reflektiert die Gartner-Analyse wie erwähnt auch Werte wie »Ability to Execute« sowie »Completeness of Vision«. Das Gute daran: Fast jeder erwähnte Anbieter findet einen Grund, sich zu feiern. Das Schlechte: Trotz unserer Englisch-Fähigkeiten wagen wir uns kaum an die Übersetzung, geschweige denn an die Einordnung dieser weichen Kriterien.
Wir von speicherguide.de merken zudem noch an, dass manche der Top-13-Anbieter in Deutschland weniger verbreitet sind, lokale Anbieter auf Grund der Kriterien gar nicht berücksichtigt sind.
In der Gesamtbeobachtung ist auch nicht überraschend, dass sich bei fast allen Anbietern Angebote in Richtung Cloud, Backup- oder Desaster-Recovery-as-a-Service (BaaS/DRaaS) sowie Lizenz- und Abo-Modelle finden, die hier im Einzelnen nicht aufgeführt sind. Und wer nicht mit Ransomware-Schutz wirbt, hätte seine Marketing-Aufgaben ohnehin schlecht gemacht.