«Warum sind die Uhren in Baden-Württemberg so zuverlässig? Weil sie immer auf die Sekunde genau gestellt sind, aber nie auf den Monat!» Wer sich fragt, was einem das sagen soll: Diese Antwort gibt der Chatbot ChatGPT auf die Frage: «Kennst du einen Witz über Baden-Württemberg?»
Die Reaktion startet mit einem: «Natürlich».
«Humor, Sarkasmus, Ironie sind schwierig für Künstliche Intelligenz», sagt Wirtschaftsinformatik-Professor Rainer Neumann von der Hochschule Karlsruhe. Er hat mit dem Chatbot über Humor gewissermaßen gesprochen: In dem schriftlichen Dialog kann ChatGPT zwar erklären, dass Überraschung, Wortspiele und Timing Kernmerkmale von Humor sein können, warum Menschen Witze unterschiedlich bewerten und was schwarzer Humor ist. Einzig: Die Umsetzung bei einem – zugegeben eher abstrakten – Thema wie Baden-Württemberg misslingt bei jedem Versuch.
Mit anderen Inhalten geht es etwas besser, hat Neumann festgestellt. Tierwitze beispielsweise sind mit ein bisschen Glück eher zum Lachen.
Und dann kann man die Art, wie ChatGPT Witze erzählt, verändern, indem man in der Aufforderung die Richtung vorgibt. Etwa: «Erzähle den Witz so, wie Mario Barth ihn erzählen würde.» ChatGPT richtig zu nutzen, sei auch eine Frage der Steuerung, erläutert Neumann. «Ich kann ChatGPT in einen bestimmten Modus versetzen.» Dann könne der Chatbot Rechenaufgaben lösen und erklären wie ein Mathematiker.
Andere KI-basierte Apps könnten – entsprechend angeleitet – erst Werke im Stil von Picasso erstellen und kurz darauf im Stil von Monet. «Und da muss man sehen: Wer von uns kann das schon», sagt Neumann. «Unser Anspruch an KI ist immer, dass es perfekt ist oder zumindest besser als alles, was uns einfällt.» Aber – richtig angewandt – könnten die Tools hilfreiche Assistenten sein.
Etwa beim Vereinfachen von Sprache, um Dinge für Laien verständlich zu machen, sei ChatGPT gerade in der Wissenschaft hilfreich, sagt Neumann. Oder beim schnellen Beschaffen von Informationen. Die wichtigste Aufgabe sei nun, deren Verlässlichkeit zu prüfen.
Zum einen hat das Wissen von ChatGPT über die Welt ein zeitliches Limit. Das war lange September 2021. Anfang November hatte Entwicklerfirma OpenAI angekündigt, dass der KI-Chatbot künftig über Ereignisse bis April dieses Jahres informiert sein soll.
Zum anderen entsprechen die Antworten nicht immer Fakten. Das wird auch im Dialog mit ChatGPT über Baden-Württemberg deutlich. So taucht ein Weltrekord mit der längsten Spätzle-Pfanne sowohl bei der Bitte um «überraschende» als auch um «lustige Fakten» über das Bundesland auf. Einmal allerdings im Jahr 2015, einmal in 2017.
Auch sonst bedienen die ChatGPT-Antworten häufig Klischees. So fallen unter die «überraschenden Fakten» Schwarzwälder Kuckucksuhren und die Info, dass das erste Auto der Welt hier entwickelt wurde. Bei den «lustigen Fakten» erfährt man von Maibaumklau und Kehrwoche.
Als die fünf schönsten Städte nennt ChatGPT Freiburg, Heidelberg, Stuttgart, Tübingen und Konstanz. Gefragt nach den fünf hässlichsten kommt die diplomatisch-ausweichende Antwort, Schönheit sei subjektiv. «Und jede Stadt hat ihre eigenen einzigartigen Qualitäten und Reize.» Was manche als hässlich empfinden, könne für andere reizvoll sein.
Auf die Frage «Was ist cool an Baden-Württemberg?» kommt die Antwort: «Baden-Württemberg hat viele coole Aspekte!» Landschaftliche Vielfalt, Wirtschaftsstärke sowie Kultur und Geschichte seien einige. Jeder muss selbst entscheiden, was er von solchen Antworten hält.
Von manchen als überbewertet angesehen werden könnte Baden-Württemberg ChatGPT zufolge hingegen zum Beispiel mit Blick auf Kosten, Verkehr und das Wetter. Mit der Erklärung: «Das Wetter in Baden-Württemberg kann wechselhaft sein, mit kalten Wintern und heißen Sommern, was nicht jedermanns Vorlieben entspricht.» Aha!
«Wir laufen Gefahr, mit Informationen zugemüllt zu werden, die nicht unbedingt besser sind», sagt Neumann. Daher sei es wichtig, den richtigen Umgang mit den KI-Systemen möglichst früh zu lernen. «Und wir müssen uns klar darüber sein, wo die Grenzen und Chancen sind.»
Was Witze zu Baden-Württemberg angeht, führt eine Google-Suche im Moment wohl eher zum Erfolg. Kostprobe: «Warum stehen an der Grenze zu Württemberg immer so viele badische Väter mit ihren Kindern? Damit die Kleinen mal sehen, wo sie später ihr Geld verdienen.»
dpa