Die Bundesregierung diskutiert über das Wachstumschancengesetz, das Bundesfinanzminister Christian Lindner heute im Bundeskabinett beraten lassen will. Mit dem Gesetz sollen Innovationen in Unternehmen gefördert werden, unter anderem durch bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen in kleinen und mittelständischen Unternehmen oder eine Investitionsprämie beim Klimaschutz. Ein Kommentar von Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.
Das Wachstumschancengesetz der Bundesregierung lässt die größte Chance ungenutzt: Digitalisierung ist der stärkste Wachstumsmotor, spielt in dem Gesetz aber kaum eine Rolle. Die neue Investitionsprämie in Höhe von 15 Prozent soll auf Investitionen in digitale Technologien nur gewährt werden, wenn sie Teil eines Energiesparkonzepts sind. Damit wird ausgeblendet, dass Digitalisierung in völlig unterschiedlichen Bereichen zu mehr Effizienz führt und so mittelbar fast immer auch auf das Ziel der Ressourcenschonung und des Energiesparens einzahlt. Jede Tonne CO2, die durch die Digitalisierung zusätzlich emittiert wird, hebelt an anderer Stelle das Fünffache an CO2-Einsparungen. Die Investitionsprämie sollte grundsätzlich und unabhängig von einem einschlägigen Energiesparkonzept für digitale Technologien und Lösungen kommen.
Von der im Koalitionsvertrag angekündigten ,Superabschreibung‘ ist zudem nur eine Anhebung der Abschreibungsquote von 20 auf 50 Prozent geblieben – und das auch nur für KMUs, die zuletzt weniger als 200.000 Euro Gewinn erzielt haben. Dabei sehen sich 64 Prozent der Unternehmen in Deutschland einer Bitkom-Studie zufolge bei der Digitalisierung als Nachzügler. 30 Prozent können in diesem Jahr ihre Digitalinvestitionen verglichen mit dem Vorjahr nicht erhöhen, weitere 16 Prozent müssen sie sogar reduzieren. Eine echte Superabschreibung, zum Beispiel in Höhe von 175 Prozent auf alle Digitalisierungsmaßnahmen würde deutlich mehr Unternehmen Investitionen ermöglichen. Auf der Habenseite des Wachstumschancengesetzes bleibt damit aus Perspektive der digitalen Wirtschaft vor allem die verbesserte steuerliche Forschungsförderung – und das ist zu wenig.
Die Superabschreibungen sind von der Ampel geradezu als Wundermittel für die Förderung von Klima- und Digitalinvestitionen gepriesen worden – als Mittel also, um die beiden großen Transformationen unserer Zeit massiv anzuschieben. Von diesen Ambitionen ist jetzt kaum noch etwas übrig. Ob die Hängepartie zum Digitalpakt 2.0 für die Schulen, der Abschied vom Versprechen eines Digitalbudgets oder jetzt die Superabschreibungen: Die Koalition muss ihre Digitalisierungsversprechen einlösen.“