Bayerns Zeitungsverlage sehen sich trotz massiver wirtschaftlicher Herausforderungen auf einem guten Weg in der sich wandelnden Medienlandschaft. «Wir kommen mit unserer Transformation gut voran», sagte Verbandschef Andreas Scherer der Deutschen Presse-Agentur in München.
Die Reichweite der Verlage verteile sich inzwischen etwa je zur Hälfte auf die klassische gedruckte Zeitung und auf digitale Angebote wie E-Paper, Web-Auftritte und Apps. «Wir erreichen über diese Kombination aus Print und Digital 77 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung», sagte Scherer. «Das ist eine insgesamt extrem positive Nachricht.»
Der Verband Bayerischer Zeitungsverleger (VBZV) trifft sich an diesem Montag zu seiner Jahrestagung im niederbayerischen Straubing. Mehr als 30 der Zeitungsverlage im Freistaat gehören der Branchenorganisation an. Ihr Spitzengast ist Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). An den früheren Journalisten haben sie einige Erwartungen für ihre Branche.
Unterstützung der Politik gefordert
Mit ihrer großen Reichweite leisteten die Verlage einen wesentlichen Beitrag für den Erhalt der Demokratie, betonte der Erste VBZV-Vorsitzende Scherer. «Die Politik braucht Zugang zu den Menschen, die sich analog informieren, und Zugang zu den Menschen, die sich digital informieren. Beides können wir leisten.» Die Verlage setzten sich auch vielfältig mit eigenen Aktionen gegen Extremismus in der Gesellschaft und gegen Hass im Netz ein.
Die Politik müsse deshalb der Branche beim Medienwandel helfen, verlangt der VBZV. «Wir brauchen keine dauerhafte Unterstützung. Wir brauchen eine Unterstützung für die Transformation zum Digitalen – zeitlich befristet», sagte Scherer.
Seit Jahren fordern die deutschen Verlage staatliche Finanzhilfen und eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes. Das Zustellen von Zeitungen wird auch durch den steigenden Mindestlohn teurer. Beim Druck schlagen höhere Energie- und Papierkosten zu Buche. Zugleich sinken die Papierauflagen. In der Bundespolitik gab es mehrere Anläufe und Modelle für eine Förderung – bislang wurde nichts umgesetzt. Im Koalitionsvertrag der Ampel steht die Prüfung von Fördermöglichkeiten.
Neben finanziellen Hilfen erwarten die Medienhäuser von der Politik gesetzliche Regelungen zur Künstlichen Intelligenz (KI). «Durch Künstliche Intelligenz werden unsere Inhalte bearbeitet und zu neuen Inhalten – dafür sehen wir aber keine Vergütung», sagte Scherer. Deshalb brauche es ein zeitgemäßes Urheberrecht. «So etwas muss grundsätzlich geregelt werden. Die KI-Unternehmen sind ja so mächtige Konzerne, für einzelne Medienhäuser wird das schwierig», sagte Scherer.
Weitere Übernahmen und Kooperationen zu erwarten
Zeitungen finanzieren sich in Print wie Online vor allem über Abonnements und Anzeigen. «Der Werbemarkt steht unter Druck – im letzten Jahr schon, in diesem Jahr weiter», sagte Scherer. «Unsere Werbekunden müssen sparen und das geht an uns nicht vorüber.»
Angesichts der wirtschaftlichen Lage rechnet der VBZV mit weiteren Übernahmen und Zusammenschlüssen. «Die Branche muss sich konsolidieren», ist Scherer überzeugt. «Das ist natürlich kartellrechtlich oft nicht ganz einfach, weil wir ein sehr scharfes Kartellrecht haben. Aber der Zwang dazu ist einfach gegeben.» Viel mehr als früher würden die Verlage zudem Kooperationen auf vielen Gebieten prüfen. «Zum Beispiel sind die Kosten der Digitalisierung von kleineren Verlagen nur noch sehr begrenzt zu stemmen», betonte Scherer.
Aus Kostengründen gibt es bundesweit erste Gebiete ohne eine gedruckte Zeitung in den Briefkästen. Auch erscheinen einzelne Blätter inzwischen an weniger Wochentagen mit Printausgabe. «Eine Region ohne Zustellung haben wir in Bayern praktisch noch nicht», betonte Scherer. «Das Problem ist, dass es Abos gibt, die vom Umsatz her eigentlich defizitär sind, wenn man die Zustellkosten auf das einzelne Exemplar rechnet. Das wird Jahr für Jahr mehr», sagte der VBZV-Vorsitzende. «Das ist eine ganz schwierige Entscheidung, die da im Einzelfall von den Verlagen getroffen wird.»
Viel Hoffnung setzen die Verlage in die E-Paper-Ausgaben der Zeitungen. «Das Wachstum des E-Papers ist nach wie vor da», betonte Scherer. Dieses Angebot sei nicht nur ein Übergangsprodukt, sondern habe in der digitalen Welt eine eigene Zukunft, weil es anders sei als Apps und andere Online-Angebote: «Für mich ist das E-Paper eigentlich ähnlich wie die Zeitung: Eine Zeitung hat einen Anfang und ein Ende. So ist es auch beim E-Paper – das ist ein tolles digitales Produkt.»
Kritik an Konkurrenz durch Bayerischen Rundfunk
Sehr kritisch sehen die Verlage nach wie vor den Wettbewerb mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Bayerische Rundfunk (BR) hat sein regionales Angebot im Internet in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut und bayernweit viele neue Regionalstudios eröffnet. Die Verlage prüfen daher seit Längerem eine Klage. Laut Gesetz darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk keine «presseähnlichen» Angebote betreiben. «Bei BR24 im Netz ist die Presseähnlichkeit einfach gegeben», kritisierte Scherer.
Die Beschäftigtenzahlen der VBZV-Mitgliedsverlage sind zuletzt insgesamt weitgehend konstant geblieben. Es gab aber rund acht Prozent weniger fest angestellte Redakteurinnen und Redakteure als ein Jahr zuvor. Zum Jahresbeginn waren es im Freistaat noch etwas mehr als 2000. Beim Nachwuchs nahm die Zahl der Volontärinnen und Volontäre etwas zu auf 156 (Vorjahr: 153) – hier ist die Tendenz seit Jahren leicht steigend.
dpa