Heute hat das Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) seine Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung (VDS) veröffentlicht. Die Entscheidung steht im Schatten eines bereits im September 2022 ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EUGH), das dieses Gesetz bereits als nicht mit EU-Recht vereinbar bewertet hat. Das BVerfG hat nun die Position des EuGH mit weiteren Nachweisen in voller Position übernommen und die Verfassungswidrigkeit defacto bestätigt.
Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung würde zu einer präventiven Erfassung sämtlicher Kommunikationsdaten – Verbindungsdaten von Anrufen, SMS und IP-Adressen inklusive Standortinformationen – der Bürger und damit zu einem Eingriff in ihre Grundrechte führen. Experten beklagen dabei eine Art „Generalverdacht“ gegen die eigenen Bürger, die einen wesentlichen Grundsatz des deutschen Rechtssystems – die Unschuldsvermutung – außer Kraft setzt.
Der auf sichere Kommunikation spezialisierte E-Mail-Anbieter „mailbox.org“, hat als Repräsentant der Internet- und Provider-Wirtschaft im Februar 2018 Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz eingereicht. Die Verfassungsbeschwerde erfolgte gemeinsam mit dem Verein „Digitalcourage“, dem deutschen Journalistenverband DJV und anderen Stellvertretern der Zivilgesellschaft. Peer Heinlein, Gründer und Geschäftsführer von mailbox.org, nimmt zur Entscheidung des BVerfG Stellung:
„Dass diese Verfassungsbeschwerde geführt wurde, ist richtig und wichtig gewesen. Einmal mehr hat das Bundesverfassungsgericht die Grundrechte gestärkt und der übergriffigen Überwachungspolitik eine Absage erteilt. Es hat klargestellt, wie wichtig eine freie, nicht-überwachte Kommunikation als Grundlage der Gedanken- und Meinungsfreiheit ist. Die deutsche Politik hat über Jahre immer und immer wieder neu versucht, die Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür einzuführen. Es ist gesellschaftlich notwendig, dass dieses Thema ein für alle Mal beendet ist. Dies müssen auch konservative politische Kreise einsehen, die sich dies anders wünschen würden.
Der Erfolg der Beschwerde zeigt auch, wie wichtig gesellschaftlich und demokratisch orientierte Kommunikationsanbieter sind und der Absturz der einst so beliebten Kommunikationsplattform Twitter hat gezeigt, wie wichtig verteilte dezentrale Alternativen sind. Anders als kommerzielle Großanbieter wie Twitter & Co. wachen diese über die freie und sichere Kommunikation und scheuen weder Kosten noch Mühen, diese aufwändig zu verteidigen. Sie sind der Gegenpol zur Machtbündelung der Kommunikation bei großen Anbietern und damit ein wichtiger Grundpfeiler demokratischer Strukturen und der freien und sicheren Kommunikation im Internet.“
https://mailbox.org/de/