Über das Mailsystem der Telematikinfrastruktur verschicken Arztpraxen beispielsweise elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Heil- und Kostenpläne an Krankenkassen. Jetzt hat das E-Health-Team des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie SIT herausgefunden, dass die Verschlüsselung für das Mailsystem bei mehreren Krankenkassen fehlerhaft eingerichtet war.
Insgesamt acht Krankenkassen benutzten die gleichen Schlüssel und konnten so theoretisch auch die Mails anderer Krankenkassen entschlüsseln. Die Forscher stellten in Hamburg ihre Erkenntnisse auf dem diesjährigen Chaos Communication Congress (37c3) des Chaos Computer Clubs (CCC) vor. Alle Lücken sind vorab im Coordinated-Vulnerability-Disclosure-Verfahren der Gematik gemeldet worden.
Das E-Mail-System KIM – Kommunikation im Medizinwesen – soll eine sichere Kommunikation zwischen medizinischen und psychotherapeutischen Praxen, Apotheken, Krankenkassen, Kliniken und anderen Teilnehmenden des Gesundheitswesens gewährleisten. Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden über KIM mehr als 200 Millionen E-Mails verschickt. Damit ist das System eine der am meisten genutzten Anwendungen in der Infrastruktur des deutschen Gesundheitswesens. KIM verspricht sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zwischen allen Einrichtungen des Gesundheitswesens in ganz Deutschland. Um dies zu gewährleisten, werden an alle Beteiligten sichere kryptografische Schlüssel (S/MIME-Zertifikate) ausgegeben, die dafür sorgen, dass eine verschlüsselte E-Mail-Kommunikation möglich ist.
Gleicher Schlüssel für verschiedene Krankenkassen
Forscher des Fraunhofer SIT und der FH Münster haben festgestellt, dass gleich mehrere große Krankenkassen offenbar den gleichen Schlüssel für die Ver- und Entschlüsselung sowie das digitale Signieren ihres KIM-Mailverkehrs nutzten. Damit hätte jede der betroffenen Krankenkassen auch alle Mails mitlesen können, die für eine der anderen betroffenen Kassen bestimmt sind – ein Problem, das bei fehlgeleiteten Mails gerade durch Verschlüsselung verhindert werden soll.
Entstanden war das Problem bei der KIM-Einrichtung: Die betroffenen Krankenkassen hatten externe IT-Dienstleister beauftragt, das KIM-Mailsystem für sie zu betreiben. Diese hatten kryptografische Schlüssel generiert und diese Schlüssel für mehrere Krankenkassen verwendet. Die technische Struktur von KIM war hier also nicht das Sicherheitsproblem – doch in der praktischen Einrichtung des Systems können Fehler passieren. Dies haben die Fraunhofer-Forscher der zuständigen Stelle, der Gematik, gemeldet. Alle betroffenen Schlüssel wurden zwischenzeitlich neu generiert und ausgetauscht. Aufgrund der Meldung hat die Gematik die Spezifikation zur Konfiguration von KIM erweitert und verbessert: Jetzt muss vor der Ausstellung eines Zertifikats geprüft werden, ob der Schlüssel schon einmal verwendet wurde.
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