Die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus könnte einen Wendepunkt in der globalen KI-Politik markieren. Zwar hat sich Trump optimistisch über das Potenzial von KI als Wettbewerbsfaktor geäußert. Es ist jedoch zu erwarten, dass der US-Präsident auch in diesem Bereich seiner Devise treu bleibt: America first.
Noch in den letzten Tagen der Biden-Regierung wurden Beschränkungen des Exports bestimmter Grafikkarten-Chips und damit verbundener KI-Technologien bekannt gegeben – zum Schutz der Wettbewerbsfähigkeit der USA als Tech-Standort. Von diesen Auflagen ausgenommen sind die 18 engsten Partner der USA, darunter Deutschland und andere europäische Länder. Den Grundstein für diese Regularien hatte Donald Trump in seiner ersten Amtszeit gelegt. Auch in seiner zweiten Amtszeit bleibt die Wettbewerbsfähigkeit der USA für Trump ein großes Anliegen – vor allem in Konkurrenz zu China.
Exportbeschränkungen, schwankende Preise und wachsender Protektionismus der USA könnten in Europa die Kosten für KI in die Höhe treiben. Erschwerend kommt Trumps Absicht hinzu, Bidens „KI Executive Order“ auf den Prüfstand zu stellen. Diese potenzielle Deregulierung würde vor allem US-Tech-Giganten wie OpenAI, Microsoft und Meta zugutekommen. Im Gegensatz dazu verfolgt die EU mit dem „Digital Markets Act“ und dem „EU AI Act“ eine klare Regulierungslinie für fairen Wettbewerb und verantwortungsbewussten Einsatz digitaler Technologien. Auch die hochdynamische Preispolitik von KI-Konzernen erschwert die Planung für europäische KI-Unternehmen. So macht OpenAI wiederholt Schlagzeilen mit potenziellen Preiserhöhungen.
Wie kann der europäische KI-Markt in diesem volatilen Umfeld resilienter werden? KI als „Allzweckwaffe“ zu behandeln, stärkt die Abhängigkeit von globalen Playern und wird zunehmend auch kostspielig. Sinnvoller ist es, bei KI-Use-Cases Kosten und Nutzen konkret abzuwägen und den effizienten Einsatz von KI zu priorisieren. Spezifische Use Cases kommen ohne die global skalierenden Infrastrukturen von OpenAI & Co. aus. Hybride KI, also die Kombination aus analytischer und generativer KI, avanciert so zu einem Faktor für mehr technologische Souveränität. Politisch müsste die EU stärker koordiniert handeln. Länder, die nicht von den bisherigen US-Ausnahmen für KI-Exporte profitieren, sollten gezielt eingebunden werden.
Die zweite Amtszeit von Donald Trump stellt Europa vor ein Ultimatum: Passivität und Abhängigkeit riskieren oder die Chance nutzen, sich als unabhängiger Akteur im globalen KI-Wettbewerb zu positionieren. In Analogie zur Ressource Öl gilt es, kurzfristige Unsicherheiten zu bewältigen und gleichzeitig langfristig strategische Souveränität aufzubauen. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob Europa in der Lage ist, diese doppelte Herausforderung zu meistern – und damit seine Rolle in der globalen KI-Landschaft neu zu definieren. Fest steht: Eine koordinierte europäische Antwort ist unabdingbar . Und sie kann nicht in einer unkritischen Kopie der Big-Tech-Strategien liegen.