Daten von sozialen Medien zur Erstellung von Meinungsbildern eignen sich nur bedingt. Darauf machen Neeti Pokhriyal von der National Science Foundation und Soroush Vosoughi von Dartmouth in ihrer aktuellen Studie aufmerksam.
Denn repräsentativ sind die Daten nicht – allein schon mit Blick auf die Demografie der Nutzer. Weniger als die Hälfte der Personen über 65 Jahren nutzt das Angebot regelmäßig. Wohingegen laut Pew Research über 80 Prozent der User unter 50 Jahren regelmäßig online gehen. Snapchat und Instagram sind vor allem für junge User attraktiv, wohingegen Facebook den größten Anteil an älteren Usern hat.
“Participation Bias”
Aber auch der “Participation Bias” spielt eine Rolle. Dabei geht es nicht darum, wer auf einer Plattform online ist, sondern wer die aktiven und lautstarken User sind, betont Pokhriyal. In dem Bereich treten dann, basierend auf den diskutierten Themen, Unterschiede auf. Laut Vosoughi kann es dazu kommen, dass eine Gruppe, die sich bei einem bestimmten Thema sehr lautstark äußert, auch in den Daten überrepräsentiert ist. Der Participation Bias wurde zwar bei Umfragen erforscht, jedoch noch nicht in einem digitalen Kontext. Daher haben die Forscher ein Berechnungsmodell entwickelt.
Dieses Modell analysiert die Daten aus den sozialen Medien und schätzt, basierend auf den vorhandenen repräsentativen Studien zum gleichen Thema, die Demografie der Population, die an der Diskussion in den sozialen Medien teilgenommen haben könnte. Der Unterschied zwischen den Schätzungen des Modells und den tatsächlichen Demografien macht dann den Participation Bias sichtbar. Für ihre Studie haben die Forscher eine Fallstudie zur Reglementierung des Waffenbesitzes in den USA durchgeführt. Dabei wurden die Daten von X, noch Twitter zum Zeitpunkt der Analyse, mit Umfragedaten von mehreren Anbietern wie NPR, Newshour und Marist verglichen.
Frauen versus Männer
Demografische Daten von Pew zeigen, dass Männer und Frauen gleich stark auf Twitter vertreten und die User eher demokratisch gesinnt sind. Bei Diskussionen über die Kontrolle der Waffen geht das Modell jedoch davon aus, dass Republikaner und Männer häufiger ihre Meinung äußern. Die Experten hoffen, dass diese Forschung dabei hilft, die Inhalte der sozialen Medien in einen Kontext zu bringen und es so leichter wird, Änderungen in der öffentlichen Meinung auch ohne die wiederholte Durchführung von teuren Umfragen auf die Spur zu kommen.
Pokhriyal betont unterdessen, dass das Modell auch darauf ausgerichtet ist, das Rauschen in den sozialen Medien wie Postings, die von Bots generiert wurden, zu berücksichtigen. Die Wissenschaftler räumen abschließend jedoch auch ein, dass ihr Modell nur dann funktioniert, wenn die entsprechenden Umfragedaten zur Verfügung stehen.
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