Der Softwarekonzern SAP hat mit der Implementierung seines kontrovers diskutierten Bewertungssystems für seine Belegschaft begonnen. Das neue Verfahren, das sowohl Leistungs- als auch Verhaltensaspekte erfasst, stößt auf erheblichen Widerstand – wird aber dennoch wie geplant eingeführt.
Drei-Zonen-System und „Kopfnoten“ für SAP-Mitarbeiter
Das unter dem ursprünglichen Namen „Winning Culture“ bekannte Bewertungsmodell kategorisiert Mitarbeiter in drei klar abgegrenzte Leistungszonen, wie Südwest24 erklärt: Die „Exceptional Zone“ (blau) für Spitzenleister, die „Achievement Zone“ (grün) für Beschäftigte mit solider Leistung und die „Improvement Zone“ (gelb) für Personen mit Verbesserungspotenzial. Letztere sollen gezielte Fördermaßnahmen erhalten.
Eine Besonderheit des Systems liegt in der zusätzlichen Bewertung des Sozialverhaltens – einer Art „Kopfnote“, die Kritiker an Beurteilungsmethoden aus der Schule erinnert. Die Parallelen zu längst überwunden geglaubten Personalführungskonzepten wie dem „Stack Ranking“ aus den 1980er Jahren sind offensichtlich. Stackranking (auch als „forced ranking“, „relative ranking“ oder „Leistungsranking“ bekannt) ist ein Personalbeurteilungsverfahren, bei dem Mitarbeiter in einer Organisation anhand ihrer Leistung hierarchisch geordnet werden. Es wurde besonders durch General Electric unter Jack Welch in den 1980er Jahren populär. Microsoft nutzte diese Methode ebenfalls jahrelang.
Betriebsrat und Gewerkschaften sehen erhebliche Risiken
Seit der Ankündigung Ende 2023 formiert sich organisierter Widerstand gegen das Vorhaben. Arbeitnehmervertreter befürchten einen signifikanten Anstieg des Leistungsdrucks und warnen vor einem kulturellen Rückschritt.
Konzernchef Christian Klein verteidigt die Einführung des neuen Systems vehement. Seiner Ansicht nach sei eine offene Feedback-Kultur essenziell für die Weiterentwicklung des Unternehmens. „Wenn alle sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, bringt das niemanden weiter“, so Klein. Die neue Bewertungsmethodik solle vielmehr Teamgeist fördern und gleichzeitig individuelle Leistungsanreize schaffen.