Elon Musk hat seinen baldigen Rücktritt als Twitter-Vorstandschef angekündigt. Eine Nachfolgerin sei gefunden und werde den Posten in rund sechs Wochen übernehmen, teilte Musk am Donnerstag in einem Tweet mit. Einen Namen nannte der Tech-Milliardär zunächst nicht. Er wolle sich als Technikvorstand künftig um speziellere Geschäftsbereiche wie Produkte und Software kümmern.
Einem Zeitungsbericht zufolge könnte die neue Frau an der Spitze des Unternehmens Linda Yaccarino heißen. Sie verantwortet zurzeit das weltweite Werbegeschäft des US-Medienriesen NBCUniversal und befindet sich laut dem «Wall Street Journal» in Gesprächen zur Übernahme des Twitter-Chefpostens, wie es unter Berufung auf eingeweihte Kreise hieß.
Musk hatte bereits Ende 2022 bekannt gegeben, das Spitzenamt abgeben zu wollen – allerdings erst, wenn die Nachfolge geregelt sei. Er hatte den Chefposten im Zuge seines rund 44 Milliarden Dollar schweren Kaufs der Internetplattform im Oktober vergangenen Jahres übernommen. Musk hatte aber stets signalisiert, dass dies keine Dauerlösung sei. Er leitet auch noch den Elektroautobauer Tesla und die Raketenfirma SpaceX.
Seine bislang rund sechs Monate als «Head of Twitter» waren von Chaos und Kontroversen geprägt. Nach einer Reihe höchst umstrittener Entscheidungen wurde der Gegenwind für Musk immer stärker. Seiner Rücktrittsankündigung im Dezember ging eine von ihm selbst eingeleitete Twitter-Umfrage voraus, in der sich rund 57,5 Prozent der Teilnehmer für seinen Rücktritt aussprachen. Zuvor hatte Musk versichert, er werde sich an das Ergebnis des Votums halten.
Die Twitter-Übernahme durch Musk hatte von Anfang an für viel Argwohn gesorgt. Der Multimilliardär begründete den Kauf als Aktion zur Stärkung der Redefreiheit. Kritiker befürchteten jedoch eine weitere Verrohung der Internetplattform. Sie sorgten sich, dass der Eigentümerwechsel zu ungezügelten Hassbotschaften, Desinformationen und Hetze führen könnte.
Musk gelang es bislang nicht, diese Bedenken auszuräumen. Im Gegenteil: Mit einer Kündigungswelle, erratischen Regeländerungen und anderen brisanten Entscheidungen erschütterte er die Twitter-Welt und verschreckte Anzeigenkunden – die wichtigste Einnahmequelle des Online-Netzwerks.
Der 44 Milliarden Dollar teure Kauf, den Musk zwischenzeitlich wieder abzublasen drohte und letztlich unter hohem rechtlichen Druck durchzog, war bislang auch finanziell ein großer Misserfolg. Bei der jüngsten Ausgabe von Aktien an Mitarbeiter wurde der Firmenwert nur noch halb so hoch angesetzt, wie Musk in einem BBC-Interview einräumte. Zugleich behauptete er in einer E-Mail an die Belegschaft, Twitter könne eines Tages 250 Milliarden Dollar wert sein.
Die Andeutungen, der Dienst könne die Basis für eine Super-App nach dem Vorbild etwa von WeChat in China werden, gingen bisher aber nicht über bloße Gedankenspiele hinaus. Von einst rund 8000 Mitarbeitern blieben noch rund 1500 übrig. Und auch in anderer Hinsicht hat Musk Twitter stark verändert. Eine große Umwälzung mit noch ungewissen Folgen für die Glaubwürdigkeit der Plattform war etwa die Umwidmung der blauen Symbole, die einst einen von Twitter einwandfrei verifizierten Account auswiesen.
dpa