In Deutschland können viele Behördengänge nicht digital erledigt werden. Das soll sich mit einer Neuauflage des Onlinezugangsgesetzes schrittweise ändern.
Deutschland unternimmt einen neuen Anlauf, den Menschen den Gang zum Amt zu ersparen und stattdessen digitale Dienste anzubieten. Der Bundestag verabschiedete am Freitag gegen die Stimmen der Union und der AfD eine Neuauflage des Onlinezugangsgesetzes. Das «OZG 2.0» gibt den Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen und Organisationen das Recht, digitale Verwaltungsleistungen des Bundes vom Jahr 2028 an beim Verwaltungsgericht einzuklagen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte auf einer Pressekonferenz, das neue Gesetz sei ein echter Fortschritt für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. «So machen wir unser Leben einfacher und sicherer. Das ist ein sehr wichtiges digitales Upgrade für Deutschland.»
Die Union beklagte in der Bundestagsdebatte, dass die Ampel-Koalition zu viel Zeit für eine Neuauflage des OZG benötigt habe. «(Die Koalition) hält hier einen Dornröschenschlaf beim Thema Staatsmodernisierung und Verwaltungsdigitalisierung. Und deshalb hat es auch zweieinhalb Jahre gedauert, bis wir dieses wichtige und entscheidende Gesetz endlich im Parlament haben», sagte die CDU-Abgeordnete Nadine Schön.
Was macht das OZG 2.0?
Das OZG 2.0 bezieht sich im engeren Sinn nur auf Bundesverwaltungen wie die Bundesanstalt für Arbeit oder das Amt für Ausbildungsförderung (Bafög). Es soll aber auch auf die Bundesländer und Kommunen ausstrahlen. Das Gesetz sieht vor, dass Bund und Länder in einem gemeinsamen Gremium in den kommenden zwei Jahren Standards entwickeln, die für alle Beteiligten verbindlich sind. Damit soll auch verhindert werden, dass in den Verwaltungen mehrfach Programme geschrieben werden, um dasselbe Problem zu lösen.
Nach dem Willen der Ampel-Koalition soll auch die Infrastruktur für ein digitales Bürgerkonto nicht mehrfach angeboten werden, sondern sich auf das zentrale Bundeskonto (Bund-ID) konzentrieren. Bislang bieten auch einzelne Bundesländer digitale Bürgerkonten an.
Um die Akzeptanz der Bund-ID zu erhöhen, soll ein vereinfachtes Log-in beitragen, das sich den Gepflogenheiten beim Online-Banking annähert. Bislang müssen Anwender sich bei jeder Einwahl mit dem elektronischen Personalausweis («ePerso») identifizieren. Künftig soll dies nur beim ersten Mal notwendig sein. Danach reicht auch eine Bestätigung durch biometrische Merkmale aus, etwa FaceID beim iPhone.
Mit dem OZG 2.0 wird auch das Schriftformerfordernis in der Verwaltung abgeschafft. «Es gibt keine händischen Unterschriften mehr, keine Zettelwirtschaft, alles digital», sagte Johann Saathoff (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministeriums.
Anke Domscheit-Berg (Linke) kritisierte, das Gesetz sei zu unverbindlich, zu wenig ehrgeizig und hoffnungslos unterfinanziert. Andererseits sei es trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung, weshalb ihre Gruppe in Bundestag dem OZG 2.0 zustimme.
Der Digitalverband Bitkom begrüßte das OZG-Änderungsgesetz. «Die Koalition nimmt damit wichtige Weichenstellungen für eine wirklich digitale Verwaltung vor», erklärte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. «Künftig kann der Bund dafür sorgen, dass das digitale Rad auf kommunaler Ebene nicht immer wieder neu erfunden wird. Wir müssen uns von alleinstehenden Insellösungen verabschieden.» Wintergerst forderte, der Bund müsse mehr Mittel für Investitionen in eine moderne IT-Infrastruktur bereitstellen. Nachdem im Zuge der Haushaltsplanung 2024 Einsparungen vorgenommen worden seien, brauche man im Laufe des Jahres eine Kehrtwende. «Digitalisierung gibt es nicht zum Nulltarif, aber sie lohnt sich.»
dpa