Der Bundestag berät heute über die Fachkräftestrategie der Bundesregierung. Dazu erklärt Bitkom-Präsident Achim Berg:
„Der Fachkräftemangel gefährdet die digitale Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Quer durch alle Branchen fehlen bereits heute 137.000 IT-Spezialistinnen und -Spezialisten, 53 Prozent der Unternehmen nennen fehlende Fachkräfte als größtes Hemmnis bei der Digitalisierung. Diesen strukturellen Fachkräftemangel müssen wir angehen, im Ausland ebenso wie im Inland. Die Fachkräftestrategie der Bundesregierung kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten, wenn an zwei Stellen Erleichterungen eingeführt werden: bei der Forderung von Deutschkenntnissen und formalen Bildungsabschlüssen.
IT-Expertinnen und -Experten brauchen oft keine Deutschkenntnisse, um ihren Job erfolgreich ausüben zu können. Auf den Nachweis von Deutschkenntnissen zur Visa-Erteilung sollte verzichtet werden. Es ist völlig ausreichend, wenn diese Sprachkenntnisse während des Aufenthalts in Deutschland erworben werden. Durch die Forderung hochentwickelter Sprachkenntnisse vor Einreise beschränkt man die Fachkräftezuwanderung faktisch auf ausländische Studierende, die nach Studienende in Deutschland bleiben wollen. Die Chance einer gesteuerten, fachlich qualifizierten und am Bedarf ausgerichteten Zuwanderung wird ansonsten verpasst.
Außerdem sollte bei IT-Spezialistinnen und -Spezialisten auf die umständlichen und bürokratischen Anerkennungsverfahren formaler Bildungsabschlüsse verzichtet werden. Gerade in der IT werden Kompetenzen überwiegend durch Lehrgänge und Qualifizierungsmaßnahmen jenseits der formalen Institutionen erworben. Niemand kann die Eignung von Bewerberinnen und Bewerbern besser beurteilen, als die potentiellen Arbeitgeber in Deutschland. Und so sollte auch genügen, dass der potenzielle Arbeitgeber in Deutschland prüft, ob eine ausreichende Berufserfahrung vorliegt. Zudem scheitert der Zuzug qualifizierter Fachkräfte oft an umständlichen und bürokratischen Verfahren, deshalb müssen der Visaprozess ebenso wie Anerkennungsverfahren vollständig digitalisiert werden.
Aber auch im Inland gilt es, die vorhandenen Potenziale besser zu nutzen. Dazu gehört, Weiterbildung und Qualifizierung rund um digitale Fertigkeiten gezielt zu fördern und den Quereinstieg zu erleichtern. Aber wir müssen noch früher ansetzen: In den Schulen müssen mehr junge Menschen und insbesondere Frauen für MINT-Berufe begeistert werden. Dass es auch 2023 noch kein bundesweites Pflichtfach Informatik gibt, zeugt von analogen Beharrungskräften in Schulen und Verwaltung.“