Interview mit Olaf Brandt, etracker

2 Jahre DSGVO: Wer sich an den Datenschutz hält, wird bestraft

Verstöße gegen die DSGVO werden weiterhin – auch von den Aufsichtsbehörden – billigend in Kauf genommen, also werden am Ende diejenigen bestraft, die sich an die Regeln halten. Ein Interview mit Olaf Brandt, Geschäftsführer der etracker GmbH, zum DSGVO-Jahrestag am 25. Mai 2020.

Was hat sich Ihrer Meinung nach seit Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) getan?

Olaf Brandt: Mir scheint es, als wäre die DSGVO als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Anwälte und Datenschutzbeauftragte eingeführt worden. Für den Internet-Nutzer hat sich nämlich nichts verändert – jedenfalls nicht zum Positiven. Illegales Tracking ist an der Tagesordnung. Allerdings wird durch die Passivität der Aufsichtsbehörden der bestraft, der sich an den Datenschutz hält, und nicht derjenige, der gegen das Gesetz verstößt. Der Nutzer guckt also weiter in die Röhre und darf sich bei jeder Sitzung von einem nervigen, unverständlichen Cookie-Banner begrüßen lassen. Mein Wunsch wäre, dass sich Datenschutz endlich für gesetzestreue Marketer auszahlt.

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Warum ist das so?

Olaf Brandt: Datenschutz hat nach wie vor keine wirkliche Lobby. Für Nutzer ist die Gefahr sehr abstrakt und sie sind allein machtlos, weil sie natürlich nicht auf digitale Dienste wie Google und Facebook verzichten wollen. Die Politik wiederum fürchtet negative Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die Aufsichtsbehörden zu guter Letzt tun sich schwer damit, das Datenschutzrecht anzuwenden und Sanktionen auch zu exekutieren. Viele Datenschützer kommen aus dem akademischen Umfeld und haben leider mit praktischer Rechtsdurchsetzung wenig am Hut. In der Folge haben wir einen Wilden Westen, in dem die DSGVO wie ein Sheriff ohne Pistole ist.

Wie ist Ihre Meinung dazu?

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Olaf Brandt: Datenschutz, Datenanalyse und datengetriebenes Marketing schließen sich nicht grundsätzlich aus. Genauso wie man Rennrad auch ohne Doping fahren kann. Wenn hingegen in einem Rennen die meisten Fahrer gedopt sind, hat man als ungedopter Sportler schlechte Karten. Das ist das Dilemma im Online-Marketing heutzutage. Durch das sogenannte Cookie-Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat sich die Wahrnehmung jedoch verändert. Die Einwilligungspflicht besteht unzweifelhaft. Allerdings versucht man noch alle möglichen Arten von Tricksereien, um die Einwilligung zu befördern. Vieles davon geht in Richtung Zwangseinwilligung. Wenn Sie heute auf eine Website gehen, werden Sie einen Button zum Ablehnen der Cookies in der Regel nicht oder nur sehr schwer finden. Für mich ist das nicht nur illegal, sondern auch respektlos dem Nutzer gegenüber.

Warum wird das nicht so praktiziert?

Olaf Brandt: Weil die Nutzer sonst mehrheitlich „Ablehnen“ klicken und der Webseitenbetreiber ohne Daten dasteht. Eine Studie der Ruhr-Universität Bochum zeigt, dass bei rechtskonformem Tracking lediglich 0,1 Prozent aller Nutzer aktiv der Verwendung von Cookies Dritter zustimmen würden. Im Prinzip bedeutet es das Aus für Online-Marketing, wie wir es heute kennen. 

Also weiterhin Wilder Westen?

Olaf Brandt: Die höchstrichterliche europäische Entscheidung ist da. Die deutschen Aufsichtsbehörden haben ihre Stellungnahmen angepasst und in Sachen einwilligungspflichtige Tracking-Tools auch erstmals Anbieter beim Namen genannt: nämlich Google Analytics. Jetzt hängt alles davon ab, ob die Aufsichtsbehörden ihrer exekutiven Pflicht nachkommen. Ohne Sanktionen funktioniert es einfach nicht, ebenso wie wir auf den Straßen wohl immer zu schnell fahren würden, wenn wir nicht ab und zu einen Blitzer zu befürchten hätten.

Was empfehlen Sie Unternehmen?

Olaf Brandt: Ich empfehle Unternehmen, lieber jetzt in datenschutzkonforme Trackingtechnologien zu investieren, noch bevor die Aufsichtsbehörden aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen. Das mindeste, was jetzt angesagt ist, ist eine cookie-less Lösung als Fall-back einzuführen. Dies kann auch parallel zu Google Analytics geschehen. Dann erfasst man alle Daten, auch die, die in Google Analytics fehlen. Genauso würde ich als Unternehmer das Remarketing langsam von ad-basiert auf Permission-basiert über E-Mail, Push und Social Media umstellen. Damit wird man unabhängig von cookie-basiertem Marketing und verliert keine Daten durch mangelnde Einwilligungen.

www.etracker.com

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