Cyberagentur beauftragt Rahmenwerk

Cybersicherheit in Gehirn-Computer-Schnittstellenanwendungen

Wie kann das menschliche Gehirn „unhackbar“ bleiben? Um der Beantwortung dieser Frage näherzukommen, hat die Agentur für Innovation in der Cybersicherheit ein Rahmenwerk beauftragt, das für alle sich in Zukunft ergebenden Anwendungsfälle von Gehirn-Computer-Schnittstellen (Brain-Computer Interfaces, BCI) eine grundlegende Sicherheitsarchitektur bieten soll.

Im zu diesem Zweck ausgeschriebenen Wettbewerb setzte sich das Angebot der NeuroMentum AI durch.

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Mit der NeuroMentum AI GmbH beauftragt die Cyberagentur ein junges Startup, das von Forschenden der Universität Freiburg gegründet wurde und einen Beitrag zum Technologietransfer im Bereich von KI und Neurotechnologie leisten will. Geschäftsführer Dr. Tonio Ball ist einer der international führenden Experten im Bereich der Neurotechnologie und BCI. Er leitet die neuromedizinische KI-Forschungsgruppe am Universitätsklinikum Freiburg und ist im Vorstand des Forschungszentrums BrainLinks-BrainTools der Universität Freiburg. Unterstützt wird er von Dr. Joschka Bödecker im Bereich des maschinellen Lernens. Bödecker leitet das Neurorobotics Lab der Universität Freiburg.  Weiterhin zählen zum Team auch Dr. Philipp Köster im Bereich Finanzen und Business Development, sowie Maryna Kapitonova, die den Bereich der Neurowissenschaften und gehirn-inspirierter KI-Methoden abdeckt und das interdisziplinäre Forschungsteam damit komplettiert. Außerdem trägt Dr. Philipp Kellmeyer zu dem Projekt bei. Er ist Facharzt für Neurologie und Leiter des Neuroethics & AI Ethics Lab in Freiburg.

Das Rahmenwerk soll laut dem Projektverantwortlichen der Cyberagentur, Dr. Simon Vogt, im ersten Schritt mehrere Forschungsfragen beantworten: „Es geht vor allem darum, die so genannte Brain Privacy, also die Privatsphäre des Gehirns ganzheitlich zu definieren: Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit die Persönlichkeitsrechte sowie Datensicherheit und Datenintegrität der Nutzer von Gehirn-Computer-Schnittstellen gewahrt bleiben? Wie lässt sich eine dafür nötige umfassende Sicherheitsarchitektur präzise beschreiben? Wie kann an die bereits bestehenden regulatorischen, ethischen und sicherheitstechnologischen Anforderungen angeknüpft werden?“ Das Forscherteam der NeuroMentum AI wird dazu nicht nur untersuchen, wie konventionelle Hacking-Methoden abgewendet werden müssen, sondern auch, welche neuen Einfallstore sich ergeben – und wie diese von vornherein („Privacy by Design“) geschlossen werden können. Es werden innovative Mechanismen erarbeitet, wie ein Nutzer jederzeit die Kontrolle und die volle Transparenz über die ihn unterstützende Neurotechnologie behalten kann. 

Die Ergebnisse werden im Juni 2022 erwartet und gemeinsam mit der Cyberagentur publiziert. „Dieses Projekt ist hochinteressant und hat für uns höchste Priorität. Gehirn-Computer-Schnittstellen sind eine echte Zukunftstechnologie – mit großen Chancen, aber auch Risiken. Besonders wichtig ist hierbei, dass diese Initiative der Cyberagentur jetzt vorausschauend und zu einem relativ frühen Zeitpunkt in der Technologieentwicklung erfolgt – so können wir gestalten, anstatt hinterherzulaufen“, sagt der Geschäftsführer von NeuroMentum AI, Dr. Tonio Ball. 

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Im Anschluss an dieses Projekt plant die Cyberagentur einen europaweiten Innovationswettbewerb, in dem die Entwicklung konkreter technologischer Artefakte für sichere neuronale Mensch-Maschine-Interaktion in den Fokus genommen wird. Das bis Juni entwickelte Rahmenwerk wird dabei als Grundlage dienen.

Hintergrund: Brain-Computer-Interfaces

Die Fragestellung der Cybersicherheit von BCI mag zum jetzigen Zeitpunkt nach Science Fiction klingen – nach Analysen der Cyberagentur aber könnte dies schon sehr bald Science Reality sein: In den vergangenen Dekaden wurden BCI vor allem vor dem Hintergrund klinischer und wissenschaftlicher Anwendungen grundlegend erforscht, insbesondere auch in deutschen Universitäten und Kliniken. Im letzten Jahrzehnt haben sich die Messverfahren zur Erfassung von Gehirnaktivität, die Algorithmen des maschinellen Lernens zur Analyse dieser Messdaten, die Möglichkeiten der Robotik und der Künstlichen Intelligenz, insbesondere basierend auf künstlichen neuronalen Netzen, sowie die neurowissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnisse über die Funktionsweise des Gehirns rapide weiterentwickelt. All diese aufgezählten Technologien fließen nun in einen Entwicklungsschub der BCI-Technologie zusammen. Indikatoren sind neben der steigenden Quantität der wissenschaftlichen Publikationen zu diesem Thema auch die zunehmende Zahl neu gegründeter Startups und deren vielfältige Produktentwicklungen bei zugleich fallenden Preisen – Produktentwicklungen, die nicht mehr länger nur auf klinische Anwendungen abzielen, sondern vor allem auf breiten Alltagsgebrauch gesunder Konsumenten.

Noch ist nicht genau vorherzusehen, welche Anwendungsfälle von BCIs sich durchsetzen werden, sicher scheint jedoch, dass deren Bedeutung stetig zunimmt um die Interaktion zwischen Menschen und Maschinen noch direkter zu gestalten. Das menschliche Gehirn ist die höchste und ultimative Instanz der Privatheit und Vertraulichkeit von Informationen. Diese als solche zu bewahren und jeder Person auch die Souveränität über die sie unterstützenden technischen Hilfsmittel zu ermöglichen, ist bei genauerer Betrachtung vor allem: eine Frage der Cybersicherheit.

www.cyberagentur.de
 

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