Das Allianz Risk Barometer 2023 steht im Zeichen von Kontinuität und Veränderung: Cybervorfälle und Betriebsunterbrechungen gelten im zweiten Jahr in Folge als die größten Geschäftsrisiken weltweit (beide mit 34% der Antworten).
Ihnen folgen auf Platz 3 Makroökonomische Entwicklungen wie Inflation und eine drohende Rezession (Platz 10 im Vorjahr) sowie die Energiekrise als Neuzugang auf Platz 4 als die bedeutendsten Aufsteiger in der diesjährigen Liste der globalen Unternehmensrisiken, die der Allianz Industrieversicherer Allianz Global Corporate & Specialty jährlich veröffentlicht.
- Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) veröffentlicht zum 12. Mal die jährliche Umfrage zu den wichtigsten Geschäftsrisiken weltweit, an der mehr als 2.700 Befragte weltweit teilnahmen.
- Naturkatastrophen und Klimawandel fallen in der Rangliste zurück, da sich Unternehmen aktuell mehr wegen der hohen Inflation, einer möglichen Rezession und der Energiekrise sorgen.
- Pandemie nicht länger unter den Top-10-Risiken
- Deutschland: Ähnlich wie weltweit sind Betriebsunterbrechung, Cybervorfälle und Energiekrise auf den Spitzenplätzen des Rankings
Aus Sicht deutscher Unternehmen dominieren dieselben Risiken wie weltweit, teilweise in veränderter Reihenfolge: Hier stehen Betriebsunterbrechung, Cybervorfälle, und die Energiekrise auf den drei Spitzenplätzen. Die Pandemie (von Platz 4 auf 13) scheint durch die Verfügbarkeit von Impfstoffen und dem Wegfall der Covid-Beschränkungen überwunden und zählt nicht mehr zu den Top Ten-Gefahren weltweit oder in Deutschland.
Sowohl Naturkatastrophen (von Platz 3 auf 6) als auch die Risiken des Klimawandels (von Platz 6 auf 7) sind in der aktuellen Rangliste abgestiegen. Politische Risiken und Gewalt hat es auf Platz 10 geschafft, der Fachkräftemangel auf Platz 8. Änderungen in der Gesetzgebung und Regulierung bleibt ein relevantes Risiko auf Platz 5, Feuer/Explosion hingegen fällt um zwei Positionen zurück auf Platz 9.
Joachim Müller, Chief Executive Officer von AGCS, kommentiert die Ergebnisse: „Das zweite Jahr in Folge zeigt das Allianz Risk Barometer, dass sich die Unternehmen derzeit am stärksten durch Cybervorfälle und Betriebsunterbrechungen gefährdet sehen. Gleichzeitig bewerten sie die hohe Inflation, eine drohende Rezession und die Energiekrise als eine unmittelbare Bedrohung für ihr Geschäft. Die Unternehmen – vor allem in Europa und den USA – machen sich Sorgen über die anhaltende ‚Permakrise‘, die aus den Nachwehen der Pandemie und den wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen des anhaltenden Krieges in der Ukraine resultiert. Die aktuelle Lage ist ein Stresstest für jedes Unternehmen.“
Müller weiter: „Die positive Nachricht ist, dass wir als Versicherer bei vielen unserer Kunden kontinuierliche Verbesserungen in Sachen Resilienz und Risikomanagement feststellen. Viele Unternehmen haben ihre Lieferketten robuster gemacht, sind besser gewappnet gegen Unterbrechungen ihres Geschäftsbetriebs und haben ihre Cybersicherheit verstärkt. Widerstandsfähiger zu werden und Risiken besser zu managen, war für viele Unternehmen eine zentrale Aufgabe in den vergangenen Jahren.“
Im Jahr 2023 sind die vier größten Risiken im Allianz Risk Barometer über alle Unternehmensgrößen hinweg – große, mittlere und kleine Unternehmen – sowie in den europäischen Kernländern und in den USA (mit Ausnahme der Energiekrise) weitgehend dieselben. Die Risikoprioritäten für Unternehmen im asiatisch-pazifischen Raum und in afrikanischen Ländern weichen etwas ab, was die unterschiedliche Betroffenheit des anhaltenden Krieges in der Ukraine und seiner wirtschaftlichen und politischen Folgen widerspiegelt.
Digitale und disruptive Gefahren
Cybervorfälle, wie IT-Ausfälle, Ransomware-Angriffe oder Datenschutzverletzungen, werden –global betrachtet – im zweiten Jahr in Folge als wichtigstes Risiko eingestuft. Nach Einschätzung des Allianz Cyber Center of Competence wird die Häufigkeit erpresserischer Ransomware-Angriffe 2023 deutlich erhöht bleiben, während die durchschnittlichen Kosten einer Datenpanne mit 4,35 Mio. US-Dollar so hoch sind wie nie zuvor und in diesem Jahr die 5-Mio-Schwelle überschreiten könnten. Der Konflikt in der Ukraine und weitere geopolitische Spannungen erhöhen das Risiko eines groß angelegten Cyberangriffs durch staatlich geförderte Akteure. Hinzu kommt ein zunehmender Mangel an Fachkräften für Cybersicherheit, der die Verbesserung der Sicherheit vor zusätzliche Herausforderungen stellt.
„Für viele Unternehmen ist die Bedrohung durch Cyberangriffe nach wie vor größer als je zuvor, und die Schadenfälle in der Cyberversicherung bleiben auf einem hohen Niveau. Große Unternehmen sind mittlerweile daran gewöhnt zur Zielscheibe werden und diejenigen, die über ein angemessenes Niveau an Cybersicherheit verfügen, können die meisten Angriffe abwehren. Zunehmend sind aber auch kleine und mittlere Unternehmen betroffen. Diese neigen dazu, ihre Gefährdung zu unterschätzen, und sollten kontinuierlich in die Stärkung ihrer Cyberabwehr investieren“, betont Shanil Williams, AGCS-Vorstandsmitglied und Chief Underwriting Officer Corporate.
Für Unternehmen in vielen Ländern wird 2023 wahrscheinlich ein weiteres Jahr mit erhöhten Risiken für Betriebsunterbrechungen (BU) sein, da viele Geschäftsmodelle anfällig für plötzliche Veränderungen sind, die sich wiederum auf Einnahmen und Gewinne auswirken. Die Bandbreite der Störungsquellen ist groß. Cyberangriffe sind die von den Unternehmen am meisten gefürchtete Ursache für BU (45 % der Antworten), gefolgt von der Energiekrise (35 %) und Naturkatastrophen (31 %). Die explodierenden Energiekosten haben vor allem energieintensive Branchen gezwungen, Energie effizienter zu nutzen, ihre Produktion an alternative Standorte zu verlagern oder sogar vorübergehende Stilllegungen in Betracht zu ziehen. Die daraus resultierenden Engpässe drohen zu Versorgungsunterbrechungen in einer Reihe kritischer Branchen in Europa zu führen, etwa in den Bereichen Lebensmittel, Landwirtschaft, Chemie, Pharmazie, Bauwesen und verarbeitendes Gewerbe. Eine globale Rezession ist ein weiteres Störszenario im Jahr 2023, da durch die wachsende Zahl von Betriebsinsolvenzen Lieferantenausfälle drohen. Allianz Trade erwartet, dass Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2023 um 19% ansteigen.
Makroökonomische Malaise
Volkswirtschaftliche Risiken wie Inflation oder die Volatilität der Wirtschafts- und Finanzmärkte rangieren 2023 als drittwichtigstes Risiko für Unternehmen weltweit (25 % der Antworten), gegenüber Platz 10 im Jahr 2022. Es ist das erste Mal seit einem Jahrzehnt, dass es dieses Risiko in die Top 3 aufgestiegen ist. Drei große Wirtschaftsräume – die Vereinigten Staaten (USA), China und Europa – befinden sich gleichzeitig in einer wirtschaftlichen Krise, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, so das Team von Allianz Research, das für 2023 eine Rezession in Europa und den USA prognostiziert. Die Inflation ist besonders besorgniserregend, da sie die Preisstruktur und die Margen vieler Unternehmen „auffrisst“. Wie der Realwirtschaft steht auch den Finanzmärkten ein schwieriges Jahr bevor, da die Zentralbanken überschüssige Liquidität abziehen und die Handelsvolumina selbst in historisch liquiden Märkten zurückgehen.
„2023 wird ein herausforderndes Jahr werden; rein wirtschaftlich gesehen dürfte es für viele Haushalte und Unternehmen buchstäblich ein Jahr zum Vergessen werden. Dennoch gibt es keinen Grund zu verzweifeln“, sagt Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz. „Zum einen hilft die Zinswende, wovon nicht zuletzt Millionen von Sparern profitieren. Auch die mittelfristigen Aussichten sind trotz – oder gerade wegen – der Energiekrise deutlich besser. Die Folgen, die über die erwartete Rezession im Jahr 2023 hinausgehen, zeichnen sich bereits ab: ein forcierter Umbau der Wirtschaft in Richtung Dekarbonisierung sowie ein erhöhtes Risikobewusstsein in allen Teilen der Gesellschaft, das die soziale und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit stärkt.“
Aufsteiger und Absteiger
Die Energiekrise ist das besorgniserregendste Risiko, das im Allianz Risk Barometer neu bzw. auf Platz 4 (22%) erscheint. Einige Industriezweige, wie die Chemie-, Düngemittel-, Glas- und Aluminiumherstellung, können von einer einzigen Energiequelle abhängig sein – im Falle vieler europäischer Länder von russischem Gas – und sind daher anfällig für Störungen der Energieversorgung oder Preissteigerungen. Wenn solche Basisindustrien Probleme haben, können sich die Auswirkungen in anderen Sektoren weiter unten in der Wertschöpfungskette bemerkbar machen. Laut Allianz Trade stellt die Energiekrise den größten Rentabilitätsschock für europäische Unternehmen dar. Hohe Energiepreise würden die Gewinne der meisten Industrieunternehmen zunichtemachen, da die Preissetzungsmacht angesichts der nachlassenden Nachfrage schwindet.
Naturkatastrophen (19 %) und der Klimawandel (17 %) bereiten den Unternehmen nach wie vor große Sorgen, auch wenn sie im Vergleich zum Vorjahr in der Rangliste zurückfallen. In einem Jahr, in dem Hurrikan Ian, Hitzerekorde, Dürren und andere Naturkatastrophen bzw. Wetterextreme versicherte Schäden in Höhe von mehr als 100 Mrd. USD (Swiss Re) verursachten, rangieren sie immer noch unter den sieben größten globalen Geschäftsrisiken.
Das Allianz Risk Barometer ist ein jährlich veröffentlichtes Ranking der größten Unternehmensrisiken, das vom Unternehmensversicherer Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) gemeinsam mit anderen Allianz Gesellschaften erstellt wird. In diesem Jahr berücksichtigt es die Meinung von 2.712 Risikomanagement-Experten in 94 Ländern und Territorien, darunter CEOs, Risikomanager, Makler und Versicherungsexperten. Die Umfrage erscheint bereits zum 12. Mal. Jeder Umfrageteilnehmer konnte drei Top-Risiken auswählen.
Weitere Informationen:
Die globale Rangliste sowie zahlreiche Länderrankings sind hier zusammengestellt.
Die vollständige Studie und zahlreiche weitere Informationen, Grafiken oder ein Video finden Sie hier.
www.agcs.allianz.com