Kommentar: Fachkräftemangel in der IT erreicht neuen Höchststand

Wie sich Arbeitgeber bei der Bewerbersuche von anderen abheben können

Recruiting

Der IT-Fachkräftemangel gilt als einer der Gründe für die schwache Wirtschaft hierzulande: Deutsche Unternehmen tun sich schwer damit, Schlüsselpositionen im Technologiebereich zu besetzen. Diese Herausforderung besteht seit langem und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich das in absehbarer Zeit ändert.

Laut einer vom Institut der deutschen Wirtschaft in Auftrag gegebenen Studie gab es noch nie so viele offene Stellen in IT-Berufen wie im Jahre 2023. Neuen Untersuchungen zufolge geben zwei Drittel (66 %) der Unternehmen an, dass ihr Geschäft durch den Mangel an IT-Fachkräften beeinträchtigt wird. Dies äußert sich unter anderem in der verzögerten Durchführung von Projekten (39 % der befragten IT-Fachleute), Einschränkungen bei der Einführung neuer Angebote (36 %) und der Schwierigkeit, dringende Geschäftsanforderungen zu erfüllen (31 %). Diese Zahlen zeigen, dass sich der IT-Fachkräftemangel unmittelbar auf die Unternehmensleistung auswirkt.

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Die Attraktivität des Unternehmens für IT-Fachkräfte steigern

Demnach ist es das Gebot der Stunde jede Möglichkeit auszuschöpfen, um für IT-Fachkräfte ein attraktiver Arbeitgeber zu werden. Die Zeiten, in denen es ausreichte, eine neue Tischtennisplatte aufzustellen oder eine Mitgliedschaft im Fitness-Center anzubieten, sind vorbei: Um die so notwendigen Talente anzuziehen, die sie brauchen, um in einer digitalen Welt wirklich erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen die Art und Weise überdenken, wie sie Mitarbeiter anwerben und halten. 

Unternehmen, denen das gelingt, wissen, dass es nicht ausreicht, sich allein auf den Kunden oder das Produkt zu konzentrieren. Ebenso entscheidend für den Erfolg ist die Mitarbeitererfahrung. Genießt das Unternehmen den Ruf, IT-Fachleuten die Möglichkeit zu bieten, kontinuierlich zu lernen, sich beruflich weiterzuentwickeln, flexibel zu arbeiten und interessante Aufgabenbereiche bereitzustellen, dann zieht das auch geeignete Talente an. Klingt einfach, ist aber nicht leicht zu erreichen.

Wie man ein gefragter Arbeitgeber wird

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, wie Unternehmen ihre Attraktivität für IT-Fachkräfte steigern können. Hier drei effektive Tipps, um das Interesse von IT-Talenten zu wecken:

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  1. Die Stärken des Unternehmens ausspielen 

Multinationale Konzerne haben ein völlig anderes Profil als mittelständische Unternehmen. Deshalb besteht auch ein Unterschied in der Art und Weise, wie sie sich potenziellen Kandidaten präsentieren und diese ansprechen. Internationale Marken-Unternehmen sind allein schon aufgrund ihres Bekanntheitsgrades für Mitarbeiter attraktiv. Zudem verfügen sie wahrscheinlich über größere Ressourcen für IT-Projekte und Mitarbeiterschulungen, was für einige Mitarbeiter ein Anreiz sein kann. Neben anderen Vorteilen bieten multinationale Konzerne oft auch die Möglichkeit im Ausland zu arbeiten.

In mittelständischen Unternehmen hingegen sind die Stellenbeschreibungen meist weniger eng und restriktiv. Ein ambitionierter IT-Experte hat oft einen größeren Aufgabenbereich, in dem er innovieren und experimentieren kann. Hinzu kommt die Möglichkeit, Erfahrungen in Bereichen außerhalb seiner Kernaufgaben zu sammeln. Je kleiner das Unternehmen ist, desto wichtiger ist die Rolle eines IT-Spezialisten und desto größer ist möglicherweise sein Einfluss.

2. Erweitertes Angebot an Schulungen und Weiterbildung

In einer Welt, in der 36 % der IT-Fachleute der Meinung sind, dass die Fähigkeiten vieler Mitarbeiter veraltet sind, können Schulungen und Weiterbildungen ein wichtiges Instrument bei der Anwerbung und Bindung von Talenten sein. Mitarbeiter schätzen Zertifizierungen und Qualifikationen, die vom Unternehmen bezahlt werden. Das kann als wichtiges Verkaufsargument genutzt werden, um IT-Fachkräfte im Recruitingprozess von den Vorzügen der angebotenen Stelle zu überzeugen. 

In dieser Hinsicht haben inhabergeführte oder mittelständische Unternehmen oft die besseren Karten, da sie in der Regel flexibler sind, wenn es um die Weiterbildungswünsche ihrer Mitarbeiter geht. Multinationale Unternehmen können mit ihnen konkurrieren, sie sollten aber weniger restriktiv sein, wenn es darum geht, welche Fortbildungsmaßnahmen sie ihren Mitarbeitern anbieten. Ziel sollte es sein, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihren eigenen Interessen nachzugehen und sich gleichzeitig auf die für das Unternehmen notwendige Entwicklung zu fokussieren. Aufgrund des schnellen technologischen Fortschritts ist es schwierig, vorherzusagen, welche Qualifikationen in zwölf Monaten benötigt werden. IT-Mitarbeiter aber, die das Ohr am Markt haben, wissen oft am besten, welche Qualifikationen sie benötigen.

3. Externes Fachwissen besser nutzen

Um für IT-Fachkräfte ein bevorzugter Arbeitgeber zu werden, lohnt sich ein Perspektivwechsel. Was denken potenzielle Bewerber über das Unternehmen? Um zu diesen Erkenntnissen zu gelangen, kann die Unterstützung externer Berater eingeholt werden. Sie können nicht nur eine unabhängige Meinung darüber abgeben, wie das Unternehmen von IT-Fachleuten gesehen wird, sondern auch nützliche Informationen liefern, die dem Unternehmen möglicherweise nicht vorliegen, wie sich z. B. die marktüblichen Gehälter für bestimmte Positionen gestalten. 

Berater können zudem eine Brückenfunktion zwischen potenziellen Kandidaten und dem Arbeitgeber einnehmen, indem sie den Dialog zwischen den beiden Parteien erleichtern und die Verhandlungen führen. Dieser Ansatz bedeutet, dass sich die Beziehung mit dem potenziellen Arbeitnehmer vielmehr auf die Ziele und Perspektiven konzentriert und weniger auf die Einzelheiten der Vertragsgestaltung. Ein weiterer Vorteil ist, dass Erwartungen formuliert und der Kontext geliefert werden kann. So können potenzielle Kandidaten ein vollständiges Bild erhalten, bevor sie sich direkt mit dem Arbeitgeber zusammensetzen. Diese Vorgehensweise verringert die Wahrscheinlichkeit von kostspieligen Missverständnissen.

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Fazit:

Da die Nachfrage nach technischen Lösungen in allen Branchen steigt, wird sich auch der IT-Fachkräftemangel weiter verschärfen. Nach Meinung von IT-Experten kann dem u.a. durch höhere Investitionen in Ausbildungs- und Umschulungsprogramme seitens der Unternehmen (51 %) sowie durch eine bessere Wahrnehmung der IT als Berufsfeld (48 %) entgegengesteuert werden. Mittel- bis langfristig werden diese Initiativen Früchte tragen. Bis dahin müssen die einzelnen Unternehmen alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Talente zu finden, die sie für ihren Erfolg benötigen. Die derzeit einzige Möglichkeit, dies zu erreichen, besteht darin, ein Unternehmen zu werden, in dem IT-Fachkräfte eine langfristige Karriere anstreben wollen. Dazu müssen die Stärken des eigenen Unternehmens auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter abgestimmt werden.

Alex Gerritsen, Geschäftsführer bei der Personalberatung Keller West

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