Koalitionsvertrag

Vernünftige Ansätze für Freelancer, aber Luft nach oben

Freelancer spielen eine zentrale Rolle in der modernen Arbeitswelt – flexibel, innovativ und wirtschaftlich relevant. Doch wie stark berücksichtigt der neue Koalitionsvertrag ihre Bedürfnisse tatsächlich?

Thomas Maas, CEO von freelancermap, bringt es auf den Punkt: „Jein. Er beinhaltet erste gute Schritte, aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns.“

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Ein kritischer Blick zeigt: Einige Anliegen der Selbstständigen werden angesprochen, vieles bleibt jedoch unkonkret oder wird gar nicht behandelt.

Fehlende Anerkennung: Selbstständige bleiben unter dem Radar

Der Mittelstand erhält im Koalitionsvertrag viel Aufmerksamkeit – eine positive Entwicklung, die auch Freelancer indirekt mit einschließt. Innovation, Digitalisierung und wirtschaftliche Förderung sind wiederkehrende Stichworte. Doch eine explizite Anerkennung freiberuflicher Expert:innen als tragende Säule der Wirtschaft bleibt aus.

Ein Mitglied der freelancermap-Community äußert sich dazu deutlich: „Ich hätte mir aber gewünscht, dass Selbstständige nicht als Schutzbedürftige erwähnt, sondern als Wirtschaftsfaktor erkannt werden.“ Genau hier zeigt sich eine Lücke zwischen politischer Rhetorik und tatsächlichem Stellenwert freier Arbeit.

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Scheinselbstständigkeit: Altbekannte Versprechen in neuer Verpackung

Ein sensibles Thema, das Freelancer seit Jahren begleitet, ist die Problematik rund um die Scheinselbstständigkeit. Der Koalitionsvertrag sieht vor, das Statusfeststellungsverfahren zu reformieren – es soll schneller und transparenter werden. Das klingt gut, doch es fehlt an Klarheit über die praktische Umsetzung.

79 Prozent der Teilnehmer am „Freelancer-Kompass“, der größten Studie zur freien Arbeit in Deutschland, sehen fehlende politische Rahmenbedingungen als zentrales Problem. 66 Prozent stören sich an den aktuellen Regelungen zur Scheinselbstständigkeit.

Die Sorge bleibt bestehen, dass das Verfahren weiterhin primär auf Ausschlusskriterien basiert. Im Vertrag wird zwar betont, man wolle Scheinaufträge vermeiden – zielführender wäre jedoch, wie Maas es formuliert, ein Fokus darauf, „echte unternehmerische Tätigkeit zu fördern und nicht zu behindern“.

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Bürokratie und Absicherung: Viel Spielraum, wenig Konkretes

Die Absicht, Bürokratie abzubauen, wird im Vertrag mehrfach betont – etwa durch die Einführung einer Genehmigungsfiktion und vereinfachte Verwaltungsprozesse. Auch das Thema soziale Absicherung wird aufgegriffen, insbesondere mit Blick auf eine Einbeziehung neuer Selbstständiger in die gesetzliche Rentenversicherung.

Doch so sinnvoll diese Ansätze klingen: Die Formulierungen sind vage. Konkrete Maßnahmen, Zeitrahmen oder klare Zielvorgaben fehlen. Gerade im Hinblick auf Altersvorsorge und praxisnahe Entlastungen bleibt offen, wie ernst es die Koalition wirklich meint.

Zwischen Hoffnung und Skepsis: Ein vorsichtiges Fazit

„Mein Fazit fällt verhalten optimistisch aus. Der Vertrag zeigt, dass sich die aktuelle Regierung den Themen annimmt, gleichzeitig muss sie endlich Freelancer als Säule der Wirtschaft anerkennen“, sagt Thomas Maas. Und weiter: „Die Politik muss sich das Vertrauen der Solo-Selbstständigen erstmal wieder erarbeiten, nachdem in der Vergangenheit zwar Themen angegangen, aber nichts verbessert wurde. Also, liebe neue Regierung: Gebt euch endlich mehr Mühe.“

Schritte in die richtige Richtung – aber nicht genug

Der Koalitionsvertrag enthält einige positive Impulse für Selbstständige, doch viele Punkte bleiben vage. Besonders bei der dringend benötigten Reform des Statusfeststellungsverfahrens und beim Bürokratieabbau braucht es deutlichere Signale und mutigere Maßnahmen. Die Branche wartet nicht – und die Regierung darf nicht länger zögern.

Pauline Dornig

Pauline

Dornig

Online-Redakteurin

IT Verlag GmbH

Pauline Dornig verstärkt seit Mai 2020 das Team des IT Verlags als Online-Redakteurin. (pd)
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