Recruiting heute: Post & Pray ist tot

Der Arbeitsmarkt ist im Wandel. Gute Kräfte sind rar gesät und umkämpft wie nie. Gerade in der IT scheint die Lücke schier unendlich aufzuklaffen: 124.000 unbesetzte Stellen für IT-Spezialisten in deutschen Unternehmen zählt Bitkom. 2018 waren es noch 82.000. Eine Steigerung von 50%! 

Daraus ergibt sich ein eindeutiger Arbeitnehmermarkt – Fachkräfte können sich Ihre Stelle frei aussuchen und werden von allen Seiten umworben.

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Dieser Wandel zwingt Unternehmen dazu, beim Recruiting umzudenken. Weg von einer passiven Ansprache über klassische Stellenanzeigen, hin zu einer aktiven Recruiting-Haltung und Positionierung als guter Arbeitgeber. In diesem Artikel zeigen wir, welche neuen Recruiting-Ansätze und Trends es gibt, was Unternehmen für den Aufbau einer starken Employer Brand tun können und wie Unternehmen ihr Recruiting konkret messbar machen. Es soll dabei um zwei große Themenkomplexe gehen: Die Unternehmensaktivität nach außen und die Maßnahmen für ein erfolgreiches Recruiting nach innen.

Aktive Kommunikation am richtigen Ort:

Recruiting, das war lange Zeit lediglich passive Kommunikation: Offene Stellen werden nach Schema F auf der Unternehmenswebsite und den großen Jobportalen ausgeschrieben – danach wird geduldig auf Bewerber gewartet. Ob dieses System effektiv ist, wurde meist nicht hinterfragt.

Die Außenkommunikation muss heutzutage, im War for Talent und dem Ringen um Aufmerksamkeit bei begehrten Fachkräften, aber viel größer und breiter gedacht werden. Zu Anfang sollten Unternehmen sich dabei eine entscheidende Frage stellen: Wo suchen meine potentiellen Bewerber nach neuen Jobmöglichkeiten – und wo eventuell nicht mehr?

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Dabei denken viele noch immer zuerst an die Generalisten unter den Jobbörsen und Karriereportalen: Stepstone, XING, LinkedIn, etc. Bei manchen Berufsgruppe ist das jedoch nicht der beste Startpunkt. Unterhält man sich bspw. mit Software-Entwicklern, stellt man schnell fest: Gerade aufgrund der großen Nachfrage sind die großen Plattformen für Programmierer oft frustrierend. Das liegt daran, dass die Tech-Fachkräfte tagtäglich (Spam-)Mails von Headhuntern bekommen, die verzweifelt nach Bewerbern suchen. Das Problem ist dann nicht nur die schlichte Masse an Angeboten, sondern auch die niedrige Qualität: Da werden auch mal Frontend-Developer für eine Stelle zur Backend-Entwicklung angeschrieben. Oder gute Angebote kommen einfach zur völlig falschen Zeit.

Aus diesem Grund kristallisieren sich immer mehr spezialisierte Plattformen am Markt heraus. Diese machen es sich zur Aufgabe, die besonderen Bedürfnisse einer einzelnen Berufsgruppe abzubilden und so die Jobsuche für diese Fachkräfte einfach und personalisiert zu gestalten. Damit locken diese Akteure eine ganz spezifische Zielgruppe an und bieten ihnen die größtmögliche Relevanz.

Unternehmen können das zu Ihrem Vorteil nutzen, indem sie bei solchen Plattformen auf die Suche gehen. Sie finden dort geballt eine große Anzahl an relevanten, wechselbereiten Kandidaten und können sehr gezielt nach ihren Vorstellungen filtern. Gleichzeitig werden sie von den Spezial-Plattformen oftmals für die Wünsche der Talente auf der Plattform sensibilisiert (wie bspw. größtmögliche Transparenz in Sachen Tech-Stack bei einer IT-Stelle). HR-lern werden Tipps gegeben zur Ansprache, kompetitiven Gehältern und Benefits, die wirklich ziehen. Damit wird sichergestellt, dass das Recruiting wirklich effektiv verläuft und ein möglichst passender Match zwischen Kandidat und Unternehmen zustande kommt.

Um ein paar Beispiele zu nennen:

  • Medwing: Spezialisiert auf Jobs im Gesundheitswesen
  • TalentRocket LAW: Experten für Karriere und Jobs im juristischen Bereich
  • Studitemps: Partner für die Suche nach Studenten und jungen Studiumsabsolventen

Die Präsenz auf Spezialplattformen zahlt auch auf die Außenkommunikation eines Unternehmens ein. Es zeigt zum einen, dass sich die HR wirklich Gedanken darüber gemacht hat, welche Profile sie für eine individuelle Stelle sucht. Zum anderen vollzieht sich fast automatisch eine Verbesserung der Qualität in der Kommunikation und Unternehmensdarstellung. Ausschreibungen und Informationen zum Unternehmen, die bei einer Spezialisten-Plattform veröffentlicht werden, sind natürlich entsprechend angepasst an die Fachkräfte, die sich auf der Plattform tummeln. Im Falle der IT können das zum Beispiel sein: Informationen zum Tech-Stack, Möglichkeiten zur Mitarbeit an Open-Source-Projekten, Offenheit ggü. neuer Programmiersprachen, Home-Office- und Remote-Work-Angebote, Informationen zu Teamkultur und Karrierechancen im Tech-Bereich.

Employer Brand entwickeln und nach außen tragen

Die richtige Plattform zu finden und die individuell passenden Informationen für eine bestimmte Stelle und Zielgruppe zu platzieren, ist der erste Schritt. Darüber hinaus, fällt der Fokus im Recruiting auf einen anderen großen Bereich, den Unternehmen zunehmend für sich entdecken, wenn es um die Außenwahrnehmung geht: Employer Branding.

Eine starke Employer Brand, die nicht nur für das gesamte Unternehmen, sondern auch für einzelne Fachbereiche spezifisch entwickelt wird, zieht Aufmerksamkeit und Talente auch aus den Mangelberufen an. Die unterschiedlichen Rollen im Unternehmen anzuerkennen und im Employer Branding auch differenziert zu betrachten, ist ein Wettbewerbsvorteil. Die Sales-Abteilung arbeitet anders als die IT-Abteilung – es herrschen andere Werte, Motivationsfaktoren und Team-Strukturen. Für das Recruiting eines Sales-Experten unterstreicht man gute Gehalts-Benefits in der Employer Brand – für die Suche nach IT-Talenten betont man eher den attraktiven Tech-Stack oder die agilen Arbeitsmethoden.

Bei allen Vorteilen und guten Vorsätzen im Zusammenhang mit der Außenwirkung, müssen sich Unternehmen trotz dessen darüber bewusst sein, dass sie ihre öffentliche Darstellung nicht mehr nur alleinig beeinflussen können. Flyer auf Jobmessen zu verteilen und einen schönen Infobereich auf der Website einzurichten, mag erfolgversprechend klingen. Allerdings suchen die Talente heute auch auf anderen Wegen nach Informationen zum praktischen Arbeitsalltag und gelebten Werten in Unternehmen. Zum Beispiel auf Kununu und Glassdoor.

Bei vielen Arbeitgebern lösen solche Bewertungsportale Kopfschmerzen aus. Sie haben das Gefühl, die veröffentlichten Inhalte nicht mitbestimmen zu können. Das stimmt aber nur teilweise. Denn: Gutes Employer Branding beginnt intern und strahlt dann nach außen – auch auf Kununu und Glassdoor.

Jost

Schatzmann

VP Marketplace

Honeypot

Zuvor war er 8 Jahre lang bei XING, zuletzt als VP Product E-Recruiting. Durch die langjährige Arbeit im Bereich Recruiting ist er mit den Herausforderungen und Chancen vertraut, die Fachkräftemangel und Digitalisierung für Unternehmen bedeuten.
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