Die Etablierung von New Work mit neuen Arbeitsmodellen wie hybride oder remote Arbeit hat bei vielen Mitarbeitenden für mehr Freiheiten und eine bessere Work-Life-Balance gesorgt. Ein hybrides Arbeitsumfeld kann aber auch Probleme mit sich bringen. Denn in vielen Unternehmen sind Vertrauensstrukturen und Bewertungssysteme eben noch fest in der analogen Welt verankert. Die Angst, dass remote Arbeit langfristig zu Benachteiligungen am Arbeitsplatz führt und damit auch Einbußen für die eigene Karriere bedeutet, ist unter deutschen Arbeitnehmenden nach wie vor verbreitet.
Dabei würden insbesondere Menschen, die Care-Arbeit leisten, in den meisten Fällen Frauen, von Gleichbehandlung remote Mitarbeitender profitieren.
Die Angst vor Benachteiligung remote Arbeitender ist real
In der repräsentativen Studie „State of Hybrid Work“ fand Owl Labs 2022 heraus, dass über die Hälfte (56 Prozent) der deutschen Vollzeitbeschäftigten an einen sogenannten „Proximity Bias“ glaubt. Dieses Vorurteil impliziert, dass Arbeitgebende denjenigen Mitarbeitenden stärker vertrauen, die ihnen physisch näher sind – sprich, die vom Büro aus arbeiten. Entsprechend würden sich 48 Prozent der befragten Frauen und 51 Prozent der befragten Männer eher eine Meinung von Kolleg:innen einholen, mit denen sie physisch am gleichen Ort arbeiten, als von remote arbeitenden Kolleg:innen. Negative Auswirkungen auf die eigene Karriere durch remote Arbeit befürchten 47 Prozent der befragten Männer und 42 Prozent der befragten Frauen. Sind wir weiter von New Work und inklusiven Arbeitsstrukturen entfernt als wir glauben?
Hybride und Care-Arbeit sind oft eng miteinander verbunden
Frauen gaben in der Owl Labs-Studie häufiger als Männer an, während ihres Arbeitstages Care-Arbeit für Kinder, Angehörige oder Haustiere zu leisten. Dass die Sorgearbeit unter den Geschlechtern in Deutschland nicht gleich verteilt ist, ist allgemein bekannt. Hybride und Care-Arbeit hängen jedoch eng zusammen: Flexibilität hinsichtlich des Arbeitsortes wurde in der State of Hybrid Work-Studie von Frauen als deutlich wichtiger bewertet als von Männern. Dies überrascht nicht, denn remote Arbeit kann im Arbeitsalltag viel Zeit sparen und und so die Betreuung von Angehörigen neben dem Job enorm erleichtern. Die vorherrschende Sorge männlicher Arbeitnehmender vor beruflicher Benachteiligung durch remotes Arbeiten wirkt sich zusätzlich negativ auf das Geschlechterverhältnis in der Sorgearbeit aus.
Den Proximity Bias überwinden
Hybrides Arbeiten darf nicht zum Karriere-Hindernis werden. Die Schaffung einer hybriden Arbeitsumgebung, die alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermaßen vorurteilsfrei unterstützt, ist eine wichtige Voraussetzung für die Stärkung von Frauen in der Arbeitswelt. Zuallererst gilt es daher, Voreingenommenheit gegenüber remotem Arbeiten zu überwinden. Egal, ob diese unbewusst oder bewusst im Management und zwischen Kollegen und Kolleginnen herrscht. Es liegt in der Hand der Unternehmen, langfristig ein hybrides Bewusstsein zu schaffen, Erfolge von remote Arbeitenden gleichwertig hervorzuheben, den sozialen Austausch standortübergreifend zu fördern und Chancengleichheit für alle zu ermöglichen. Denn in einem integrativen Arbeitsumfeld hat die Bevorzugung bestimmter Personengruppen nichts zu suchen.
Hybride Arbeitsumgebungen inklusiv gestalten
Bei der Gestaltung einer hybriden Arbeitsumgebung kann Technik einen entscheidenden Beitrag leisten, wenn sie richtig umgesetzt wird. Generell ist es wichtig, dass die Technologie auch für neue Mitarbeitende leicht zugänglich und bedienbar ist, um keine Hürde darzustellen. Regelmäßige Schulungen zu Kollaborationstools und dazugehöriger Technik sind unabdingbar.
Mit sogenannter „adaptiver Technologie“ lässt sich der hybride Arbeitsplatz individuell auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zuschneiden. Zum Beispiel können hybrid Arbeitende effektiver zusammenarbeiten, wenn sie in einer virtuellen Besprechung gut sehen können, wer gerade spricht, und gleichzeitig den gesamten Raum im Blick haben, um zum Beispiel Bewegungen leichter verfolgen können. Auch der Zugang zu einem digitalen Whiteboard ist wichtig, um Ideen miteinander zu teilen, die auch für remote Arbeitende gut sichtbar sind. Für Meetings, die im Office stattfinden, bietet sich zudem eine 360-Grad-Videokamera an. Diese kann in der Tischmitte platziert werden und fokussiert dann immer den jeweils gerade Sprechenden. Für Mitarbeitende im Home Office wird so eine natürlichere Gesprächssituation geschaffen.
Der Kontakt per Video ist im Vergleich zu Telefonaten wichtig, um langfristig effektiven Austausch auch mit remote Arbeitenden aufrechtzuerhalten. Sieht man sich während des Gesprächs, schafft das ein Gefühl der Nähe. Der Austausch wird persönlicher. Zudem führt eine eingeschränkte Sichtbarkeit der Körpersprache nicht selten zu Missverständnissen in Videokonferenzen, wie Owl Labs in einer weiteren Umfrage herausgefunden hat.
Letztlich kann die Technik aber auch nur so gut sein wie diejenigen, die sie bedienen und managen: Eine klare Agenda mit Zeitplan und Zielsetzung sowie Regeln, wer wann spricht, machen Meetings effizienter und ermöglichen eine bessere Zeitplanung für hybrid –arbeitende Teams. Weitere Entlastung schaffen Unternehmen – übrigens für alle Mitarbeitenden – auch mit meetingfreien Tagen.
Das Büro hinsichtlich hybrider Arbeit optimieren
Auch die Räumlichkeiten im Büro und die generellen Arbeitsbedingungen müssen an hybride Arbeitsstrukturen angepasst werden. Unternehmen sollten daher Besprechungs- und Arbeitsräume auch aus der Perspektive derjenigen planen, die nicht vor Ort arbeiten, jedoch regelmäßig hybrid dazustoßen. Ein klares Bild und guter Ton sind die Grundlage für reibungsfreien Austausch unter den in Präsenz und remote Arbeitenden. Einladende Räumlichkeiten mit schalldämmenden Materialien, die die Akustik optimieren, erleichtern die Kommunikation zwischen Mitarbeitenden im Büro und ihren hybrid arbeitenden Kollegen und Kolleginnen zusätzlich.
Für Unternehmen, die Remote-Arbeit anbieten, empfiehlt es sich ebenfalls, in die richtige technische mobile Ausstattung zu investieren. So lassen sich beispielsweise Hintergrundgeräusche aus dem Homeoffice durch ein entsprechendes Mikrofon ausblenden. Durch das Ausblenden des Hintergrundes können remote Arbeitende zudem ihre Privatsphäre schützen. Außerdem hilft ein aufgeräumter Arbeitsplatz fokussiert zu bleiben und sich bei den beruflichen Aufgaben nicht ablenken zu lassen – die Clean-Desk-Policy lässt sich also auch gut in den eigenen Wänden umsetzen.
Den nächsten Schritt wagen
Wichtig für die Förderung von Inklusivität am Arbeitsplatz ist, dass Unternehmen allen Mitarbeitenden Zugang zu denselben Ressourcen bieten. Gemäß der State of Hybrid Work 2022-Studie von Owl Labs haben 74 Prozent der Teilnehmenden Bedenken, dass ihr Arbeitgeber nicht in der Lage ist, Arbeitsplätze, Richtlinien oder Anforderungen an hybrides Arbeiten anzupassen. Insbesondere hinsichtlich zeitgemäßer Technologien für Videokonferenzen scheint es Nachholbedarf zu geben: In der Umfrage gaben 48 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie sich eine Verbesserung der Videotechnik für Online-Meetings durch ihr Unternehmen wünschen.
In Bezug auf Gleichberechtigung am Arbeitsplatz haben wir noch viel Arbeit vor uns. New Work und hybride Arbeitsformen sollten Chancengleichheit unter Mitarbeitenden fördern und nicht die Unterschiede noch vergrößern. Die richtige Technologie dafür ist vorhanden und wird sogar von einer Vielzahl von Arbeitnehmenden gewünscht. Unternehmen müssen jetzt die richtigen Weichen stellen, damit neue Arbeitsmodelle ihr Potenzial unvoreingenommen entfalten können. Nur so kann hybride Arbeit für alle Mitarbeitenden erfolgreich sein.