Krank durch Multitasking?

Kranker HundDer Mythos von der Flexibilität: In allen Branchen an nahezu jedem Arbeitsplatz ist Multitasking gefragt. Wer diese Fähigkeit beherrscht, gilt als besonders talentiert und erfolgreich.

In Zeiten der Digitalisierung und der E-Mail-basierten Kommunikation inner- und außerhalb von Unternehmen, strömen immer mehr Informationen in immer kürzerer Zeit auf die Mitarbeiter ein: „Es müssen stetig mehr Aufgaben gleichzeitig wahrgenommen, eingeordnet und erledigt werden“, warnt Dr. Consuela Utsch, Geschäftsführerin der Acuroc GmbH. „Diese Situation führt langfristig zu Ineffizienz und verlangsamt zusätzlich die Prozesse in Unternehmen.“ Im Arbeitsalltag springen Mitarbeiter häufig von einer Rolle zur anderen. Fühlen sich die Mitarbeiter von heute der zunehmenden Informationsflut gewachsen oder ihr ausgeliefert? Was für Auswirkungen haben Multitasking und die ständige Erreichbarkeit? Macht Multitasking vielleicht sogar auf Dauer krank? Welche Weichen müssen gestellt werden, um den Anforderungen an Unternehmen gerecht zu werden und gleichzeitig die Bedürfnisse der Mitarbeiter nicht zu vernachlässigen?

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Informationsflut und Arbeitstempo

Das Arbeitstempo steigt unternehmensübergreifend, viele Mitarbeiter wissen nicht mehr, wie sie den Anforderungen entsprechen sollen. Erreichen die Arbeitnehmer die zu hoch gesteckten Ziele trotz des großen Drucks, passt sich der Maßstab sofort an das soeben erreichte Ziel an. So geraten die Mitarbeiter in einen Strudel der immer größeren Arbeitsbelastung. Zusätzlich beeinträchtigt die permanente Informationsflut von innerhalb und außerhalb des Unternehmens den Arbeitsprozess. „Die ständigen Unterbrechungen durch E-Mail, Telefon und persönliche Ansprache führen zu Ineffizienz und dem permanenten Gefühl der Überforderung“, erläutert Utsch. Jeder Mitarbeiter wird bis zu 27-mal am Tag gestört, so das Ergebnis einer Studie. (Cornelius J. König / Martin Kleinmann / Wilfried Höhmann: „A field test of the quiet hour as a time management technique“, Quelle: Universität des Saarlandes, 2013)

Für jede Störung in einem Arbeitsprozess braucht der Mitarbeiter durchschnittlich 15 bis 20 Minuten, um sich wieder auf die ursprüngliche Aufgabe voll zu konzentrieren. Dies führt zu Stress, Konzentrationsschwäche und einer vermehrten Anfälligkeit für Erkrankungen wie Burnout und Depressionen. Eine Studie der schwedischen Universität Linköping zeigte jüngst, dass das menschliche Gehirn gar nicht darauf ausgerichtet ist, gleichzeitig mehrere Dinge mit derselben Konzentration zu verarbeiten. Das Gehirn fokussiert sich demnach immer auf die gerade wichtigste Aufgabe. Hört man beispielsweise einem Gesprächspartner konzentriert zu, ist die Leistung der anderen Sinne, wie etwa das Lesen einer E-Mail am Bildschirm, eingeschränkt. Nur die Abarbeitung einzelner Aufgaben nacheinander stellte sich als wirklich effektiv und produktiv heraus.

Gegensteuern: rollenbasiert arbeiten

„Die Unternehmen sind gefordert, einzugreifen“, so Utsch. „Der einzelne Arbeitnehmer ist nicht in der Lage, sich selbst oder anderen in einer Situation der Überforderung zu helfen. Die Managementebene sollte vorbeugend Maßnahmen ergreifen, um ihre Mitarbeiter zu schützen und gleichzeitig die Effektivität und letztlich die Produktivität im Unternehmen zu erhalten. Das Management überprüft idealerweise regelmäßig die tatsächliche Auslastung des einzelnen Mitarbeiters und lässt gegebenenfalls die Situation zusätzlich von einem Dienstleister unvoreingenommen von außen beurteilen“, rät Utsch. Um dem Druck und der permanenten Informationsflut entgegenzuwirken, bietet es sich an, eine klare Rollenverteilung einzuführen und diese auch einzuhalten. Mithilfe eines rollenbasierten Steuerungssystems weiß beispielsweise jeder Mitarbeiter, wann sich die anderen Teammitglieder gerade in welcher Rolle befinden. So kommt es zu weniger Störungen durch Telefonate und andere Anfragen. Reines Multitasking sollte durch klar definierte Ziele und eine bestmögliche Fokussierung ersetzt werden. Denn nicht nur Unternehmen brauchen einen klaren Fokus und erreichbare Zielsetzungen – auch die einzelnen Mitarbeiter.

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Allein das Management ist fähig, die Leistungskultur im jeweiligen Unternehmen grundlegend zu beeinflussen: Realistische Arbeitsziele und eine klare Rollenverteilung schaffen ein besseres, gesünderes Arbeitsklima.

Dr. Consuela UtschDr. Consuela Utsch, Geschäftsfüherin der Acuroc GmbH

www.acuroc.de

 

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