Digitale Kluft

Generationenvielfalt: Tech-Herausforderungen am Arbeitsplatz

Jung Alt

Die Kluft zwischen Mehrgenerationen-Belegschaften in Unternehmen hat sich schon lange abgezeichnet – auch vor dem Zeitalter der künstlichen Intelligenz oder dem Konzept der Vier-Tage-Woche.

Ein Großteil dieser Differenzen wurde in der Vergangenheit durch stereotype Verallgemeinerungen der beteiligten Generationen genährt. Das zeigen die jüngsten Daten der Studie “Digital Etiquette” von The Adaptavist Group: Mind the Generational Gap”. Die Ergebnisse der vierten Studie infolge zeigen: Technologie spielt bei den Konflikten zwischen den Generationen eine große Rolle, da zum ersten Mal in der Geschichte vier Generationen zusammenarbeiten. 

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Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass die verschiedenen Altersgruppen offenbar unterschiedlich gut mit Technologie vertraut sind. 92 Prozent der Knowledge Worker berichten über Konflikte beim Umgang mit digitalen Tools. Auch andere Untersuchungen stützen diese Daten, wie beispielsweise die des Pew Research Center. Deren Ergebnisse zeigen, dass jüngere Erwachsene bei Aufgaben, die digitale Fähigkeiten erfordern, wie das Nutzen sozialer Medien oder das Beheben von Problemen bei elektronischen Geräten, besser abschneiden als ältere Erwachsene. Andererseits sind ältere Erwachsene in der Regel bei einer Reihe von Soft Skills, wie Kommunikation, Einfühlungsvermögen und zwischenmenschlichen Beziehungen, besser. Jahrelange Erfahrung in verschiedenen beruflichen und privaten Kontexten haben ihre Fähigkeit geschärft, komplexe soziale Dynamiken zu bewältigen, Konflikte zu lösen und sinnvolle Beziehungen aufzubauen.

Und auch Tom Strong, Director of Employer Activation beim National Fund for Workforce Solutions, ist der Meinung, dass ältere Arbeitnehmer über eine Vielzahl von gefragten Fähigkeiten verfügen, darunter Kommunikation, kreative Problemlösung, Innovation, Zusammenarbeit und Teamwork sowie Konfliktmanagement. “Ältere Arbeitnehmer bringen in der Regel Erfahrungen und Soft Skills mit, die sie im Laufe ihrer jahrzehntelangen Beschäftigung erworben haben”, so Strong. “Einige haben bereits technische Fähigkeiten, müssen aber vielleicht in die Technologiefelder der nächsten Generation eingeführt werden.“

Wenn aber tatsächlich mehr als die Hälfte der Unternehmen drei oder mehr Generationen beschäftigt, ist es jetzt an der Zeit genauer zu untersuchen, wie unterschiedlich jede Generation mit der Technologie umgeht und was ihre jeweiligen besonderen Fähigkeiten sind. Denn wenn diese bekannt sind, können die Fähigkeiten der einzelnen Generationen sinnvoll eingesetzt werden, um Unternehmen und Innovation voranzutreiben.

Technische Herangehensweise

Eine der größten Herausforderungen bei der Überbrückung der “digitalen Kluft”, d. h. der Unterschiede zwischen den Arbeitsstilen der Generationen im Hinblick auf die Technologie, besteht darin, zu verstehen, dass dies nicht nur für die neue Technologie gilt. Der effiziente Umgang mit alten Technologien ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil eines jeden Arbeitsplatzes. So bewundern beispielsweise 51 Prozent der Befragten der Generation Z das Selbstvertrauen ihrer älteren Kollegen im Umgang mit dem Telefon, während ein Großteil der Generation Z von einer “Telefonphobie” geplagt wird.

Die Tatsache, dass ältere Generationen ältere Technologien beherrschen, kann bei jüngeren Kollegen jedoch auch zu Frustration führen. Mehr als die Hälfte der Befragten der Generation Z gab an, dass die Frustration gegenüber älteren Kollegen aus der Wahrnehmung resultiert, dass ältere Arbeitnehmer den Fortschritt behindern, weil sie auf veraltete Techniken zurückgreifen.

Allerdings gibt es auch Gemeinsamkeiten. So ist beispielsweise die E-Mail für 66 Prozent aller Arbeitnehmer über alle Generationen hinweg die wichtigste Anwendung. Die E-Mail ist dabei ein seit Jahrzehnten bewährtes Kommunikationsmittel, kaum ein Mitarbeiter ist damit nicht vertraut. Dennoch ist es wichtig, sich generationsübergreifend auf die Einhaltung von Standards zu einigen, wenn per E-Mail kommuniziert wird. Denn wenn es beispielsweise um die Verwendung von Emojis geht, geht jede Generation anders damit um.

Kommunikationsprobleme: Lost in Translation

So war es keine große Überraschung, dass unsere Untersuchung ergab, dass 43 Prozent der Befragten mit Fehldeutungen des Tons oder des Kontexts zu kämpfen haben, wenn sie heute mit ihren Teamkollegen digital kommunizieren. Da sich Teams zunehmend auf digitale Tools für die Kommunikation und Zusammenarbeit verlassen, gaben erstaunliche 92 Prozent der Knowledge Worker zu, dass sie mit Konflikten konfrontiert sind, die sich aus deren Nutzung ergeben. Noch alarmierender ist, dass 60 Prozent einräumen, dass diese Unstimmigkeiten die Produktivität und die Teamarbeit direkt beeinträchtigen, was den dringenden Bedarf an präziseren Kommunikationsstandards zwischen den Generationen im digitalen Bereich unterstreicht.

Werden keine angemessenen Schulungen angeboten und haben Teams das Gefühl, sich an “ungeschriebene Regeln” am Arbeitsplatz halten zu müssen, gefährden Unternehmen nicht nur ihre Produktivitätsziele, sondern schaffen unbeabsichtigt auch einen Nährboden für Toxizität. Obwohl die Technologie zweifellos ein immenses Potenzial zur Verbesserung der Produktivität und der Zusammenarbeit am modernen Arbeitsplatz bietet, erfordert deren praktischer Einsatz ein differenziertes Verständnis der Dynamik zwischen den Generationen und eine konzertierte Aktion zur Überbrückung der digitalen Kluft.

In Anbetracht dieser Informationen ist es offensichtlich, dass Mehrgenerationen-Arbeitsplätze mit einem Paradox der Kommunikation konfrontiert sind – während ältere Wissensarbeiter geschickter in der professionellen Kommunikation sind, sind jüngere Arbeiter bequemer und oft besser mit der modernen Kommunikation auf kollaborativen Plattformen wie Slack und Microsoft Teams.

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Alle machen’s: KI-Einführung und Bedenken

Im Gegensatz zu früheren technologischen Umbrüchen, die schrittweise erfolgten, wird der heutige Arbeitsplatz durch die Technologie in einem noch nie dagewesenen Tempo umgestaltet. Bisherige technologische Veränderungen, wie die Einführung des Internet oder der E-Mail, vollzogen sich über Jahre oder sogar Jahrzehnte. Doch heute entwickelt sich eine Technologie wie KI innerhalb weniger Monate von einer Nische zur wichtigsten Technologie im Unternehmen und verlangt von den Arbeitnehmern ständiges Lernen. So ist beispielsweise die Generation Z mit 32 Prozent führend bei der Nutzung von KI, während 12 Prozent der Arbeitnehmer über 50 Jahre KI-Plattformen wie ChatGPT und Claude nutzen.

Mit dem rasanten Anstieg der KI-Nutzung wächst auch die Besorgnis von 65 Prozent der Knowledge Worker, die befürchten, dass KI die bestehenden Klüfte noch verschärfen könnte. In der Tat müssen Unternehmen vorsichtig sein, wenn sie zulassen, dass eine neue Technologie wie KI einen unnötigen Keil zwischen die Altersgruppen treibt. Daher sollte der Schwerpunkt auf der Förderung menschlicher Verbindungen rund um das Tool und dem gegenseitigen Verständnis für seine Anwendung und Auswirkungen in der gesamten Belegschaft liegen.

So glauben beispielsweise 68 Prozent, dass KI den Aufstieg der Generation Z am Arbeitsplatz beschleunigen kann, was die für die älteren Generationen bestehende Notwendigkeit eines umgekehrten Mentorings in Bezug auf den Einsatz von KI verdeutlicht. Es besteht jedoch kaum ein Zweifel daran, dass das Management der Mehrgenerationen-Belegschaft wichtiger denn je ist, da KI in unser Leben tritt und ein größeres Risiko für entmenschlichende Interaktionen zwischen den Generationen darstellt.

Letztlich stehen Arbeitgeber bei der Bewältigung der digitalen Kluft, die zwischen den verschiedenen Generationen und ihrer Nutzung der Technologie am Arbeitsplatz besteht, vor einer dreifachen Herausforderung: Sie müssen eine Kultur schaffen, die den Beitrag des Einzelnen wertschätzt, den Zusammenhalt im Team fördert und die Vielfalt der Generationen respektiert, ohne auf Stereotypen zurückzugreifen.

Autor: Simon Haighton-Williams, CEO, The Adaptavist Group

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