Nach über drei Jahren harter Verhandlungen ist Großbritannien nun endgültig aus der EU ausgetreten. Der Brexit bringt natürlich Konsequenzen mit sich – auch für Freelancer. Von Settled- oder Pre-Settled-Status, Brexit-App und Sozialabgaben erklärt Thomas Maas, CEO von freelancermap, was Freelancer jetzt wissen müssen.
Es ist offiziell vorbei: Am 01.02.2020 verließ Großbritannien die Europäische Union. Für Menschen aus dem EU-Ausland und dem Europäischen Wirtschaftsraum, die freiberuflich im Vereinigten Königreich arbeiten, ergeben sich dadurch einige Veränderungen. Von Aufenthaltsgenehmigung über Mehrwertsteuersystem zu Handelsmarken – was für Freelancer jetzt wichtig wird, erklärt Freelancer-Experte Thomas Maas, CEO von freelancermap.
Settled oder Pre-Settled: Wer hat Anspruch auf welchen Aufenthaltsstatus?
Mit dem 31.12.2020 endet die sogenannte “Transition Period”, eine Übergangsfrist, während der EU-Rechte und Abkommen mit Großbritannien noch bestehen bleiben. Freelancer, die danach noch im Vereinigten Königreich arbeiten möchten, benötigen eine entsprechende Aufenthaltsgenehmigung. Diese beantragen sie im Rahmen des EU Settlement Scheme, die endgültige Deadline ist der 30.06.2021.
Freie Experten, die vor weniger als fünf Jahren, aber vor dem Ende der Transition Period ins Vereinigte Königreichen gezogen sind, beantragen den Pre-Settled-Status. Selbstständige können damit bis zu fünf Jahre im UK leben. In dieser Zeit dürfen sie sich auch zwei Jahre außerhalb Großbritanniens aufhalten, ohne ihren Status zu verlieren. Sobald sie die 5-Jahres-Grenze erreichen, können sich freie Experten um den Settled-Status bewerben.
Den Settled Status (dauerhafter Status) erhalten Freelancer, die vor dem Ende der Transition Period nach Großbritannien gezogen ist und seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen – was als sechs oder mehr Monate pro Jahr definiert wird – dort leben. Wer den Settled Status besitzt, darf beliebig lange bleiben und kann die britische Staatsbürgerschaft beantragen. Für freie Experten besonders attraktiv: Mit dem Settled-Status können sie sich für bis zu fünf Jahre außerhalb des UK (vier Jahre für Menschen mit Schweizer Staatsbürgerschaft) leben, ohne ihren Status aufgeben zu müssen.
Arbeitsverträge, Gehaltsnachweise, Einreisedokumente: Den Status beantragen
Neben einem Identitätsnachweis müssen Antragsteller auch nachweisen, seit wann sie sich schon im Vereinigten Königreich aufhalten. In der Regel reicht es aus, wenn Freelancer ihre “National Insurance Number” angeben, in manchen Fällen müssen sie jedoch zusätzliche Dokumente einreichen. Selbstständige haben am besten das Amtsformular “P60”, ein Gesamtsteuernachweis, oder das “P45”, ein Arbeitgeberformular, bereit. Außerdem sind offizielle, mit Datum und Namen des Freelancers versehene Dokumente wie Arbeitsverträge, Gehaltsnachweise und Urkunden, aber auch Flugtickets und Zugfahrkarten, welche die Einreise bestätigen, hilfreich. Um die Papiere einzureichen, ist der Gang zum Amt nicht nötig. Selbstständige nutzen stattdessen einfach das Onlineformular der britischen Regierung oder die App “EU Exit: ID Document Check”, erhältlich für Android und iOS.
Von Abrechnung bis Handelsmarken: Bürokratie kostet Freelancer bald mehr Zeit
Wer freiberuflich arbeitet, kümmert sich meist auch selbstständig um Bürokratisches und Organisation. Auch dabei wird der Brexit Auswirkungen auf die Arbeit von Freelancern haben, so fällt Großbritannien beispielsweise aus dem EU-weit vereinheitlichten Mehrwertsteuersystem heraus. Selbstständige müssen also in Zukunft mit einem größeren Aufwand bei der Abrechnung planen. Haben freie Experten bisher ihr geistiges Eigentum wie einen Produktnamen oder ein Logo als Handelsmarke nach dem EU-Recht eingetragen, muss dies künftig separat im UK registriert werden, um dort geschützt zu sein. Sollte sich Großbritannien nicht an das Sozialversicherungssystem der EU anpassen, zahlen Freelancer möglicherweise nicht nur im Heimatland, sondern auch im Vereinigten Königreich entsprechende Beiträge.
Der Countdown läuft: Wer gründen will, sollte es jetzt tun
Wer als EU-Bürger eine Firma in Großbritannien gründen möchte, braucht während der Transition Period noch keine spezielle Berechtigung. Inwiefern sich dies nach dem 31.12.2020 verändert, steht noch aus. In jedem Fall sollten gründungswillige Freelancer noch während der Übergangszeit ihr Unternehmen anmelden, um bürokratische Hindernisse wie ein wahrscheinlich erforderlich werdendes Gründervisum zu vermeiden.
Zum Schluss noch wichtig: informiert bleiben!
Noch ist beim Brexit wenig entschieden und die Verhandlungen werden bis mindestens zum Ende der Transition Period im Gange sein. Um so wichtiger ist es nun, potenzielle Änderungen im Blick zu behalten und sich regelmäßig über Neuerungen zu informieren. Die britische Regierung empfiehlt auf ihrer Homepage allen vom Brexit unmittelbar Betroffenen, die offiziellen Regierungs-Updates per E-Mail zu abonnieren: www.gov.uk/transition-check.